Das erste Mal: Male Gaze ignorieren

Es fing damit an, dass ich aus Spaß eine Jeans in der Herrenabteilung anprobierte. Sie passte und saß ganz gut, sehr hoch, aber dafür ordentliche Qualität. Dazu war sie spottbillig – 23 Euro statt den 230 Euro, die ich bei CLOSED gelassen habe.

Dann probierte ich in der Herrenabteilung ein sehr schönes Hemd an, das mir irritierenderweise auch passte, wenn es auch eben wie ein Herrenhemd sitzt und eingesteckt werden muss. Vielleicht lasse ich es noch umändern, eher nicht, es hat einen eigenen Charme: Rosa gemustert, aber klassisches Herrenhemd.

Dazu hatte ich beizeiten weite, kastige T-Shirts geshoppt, die mich komplett verschwinden lassen. Zu einer ebenfalls weiten Jeans. Interessanterweise sind die Sachen aus der Herrenabteilung massiv günstiger, selbst wenn man noch umschneidern lässt, und qualitativ besser. Und sie haben größere Taschen.

…ich, die sonst auf Proportionen und Taille achte, habe mir den Oversized Look richtig gegeben! Sieht natürlich komplett anders aus, und ich musste meine internalisierte Misogynie echt überwinden. Es ist auch ein Stück Neurodivergenz dabei, komplett ausgeglichene Proportionen und alles zusammenpassend zu haben, das weiß ich, darauf lege ich besonders bei meiner Kundschaft wert; ein bisschen an mir und mit mir experimentieren erweitert jedoch mein Horizont und ich kann andere Menschen besser beraten. Ab dafür.

Der Hintergrund dazu: Unsere Ästhetik ist maximal geprägt von dem sogennanten “male gaze”, dem männlichen Blick. Enge Kleidung, hochgezurrte Brüste, Stöckelschuhe, insgesamt eine sexualisierte Art sich zu kleiden. Und natürlich soll frau sich nicht immer verstecken, gerade jetzt im Faschismus nicht, und auch hinterfragen, welches Ideal sie anstrebt und warum. Damit zu brechen kann eine gute Übung sein für die Selbstwahrnehmung.

Hängt mein Selbstwert von meinem Äußeren ab? Ich würde lügen, wenn ich nein sagte, schließlich habe ich pretty und thin privilege. Also das Privileg des guten Aussehens, nicht ZU gut, und auch des schlank Seins.

Sich davon zu lösen steigerte tatsächlich meinen Selbstwert. Moment! Und warum dann überhaupt jemand anheuern, die einem sagt, wie mensch sich besser kleidet?! Weil es tatsächlich im Alltag hilft – Stichwort pretty privilege wieder – und weil es eine neue und bessere Perspektive auf einem selbst gibt, Stichwort Selbstwert.

Ändert sich das verhalten der Umgebung, wenn man nicht so richtig schick rumläuft?
Ja. Die Menschen um mich herum bestätigen das pretty & thin privilege, so ist es nun mal.

Aber: Mir hat es gut getan. Es ist super bequem und tatsächlich kleide ich mich immer noch interessant genug, um darauf angesprochen zu werden. Wachstum findet eben immer außerhalb der Komfortzone statt! Meine persönliche Lektion daraus: Ich liebe die billige Männerjeans, trage nach wie vor reichlich Rouge und Lippenstift, und schere mich noch weniger denn je um Größenschilder und Abteilungen.

POLO RALPH LAUREN – Shrinkflation und Alternative

Der Preppy – Style war, ist und wird bleiben, daher erfreut sich der Polospieler nach wie vor ziemlicher Beliebtheit. Obwohl ich es immer seltener sehe, was nicht zuletzt an den stark angestiegenen Preisen UND parallel dazu den viele Fälschungen und vor allem den zweitem Markt liegen wird, also ein Paralleluniversum, wo die Maße wesentlich kleiner sind.

Was nun aber in angesehenen Boutiquen liegt und auch bei Ralph Lauren direkt ist zumindest keine Fälschung – mittlerweile aber auch nicht mehr das Geld wert. Die stabilen Oxford-Hemden, die im Nu gebügelt waren, sind mittlerweile so dünn, dass sie maximal zwei Saisons überstehen. Der klassische Kaschmirpullover mit Zopfmuster – uffff.

Wer da noch alte Ware hat, kann sich glücklich schätzen, denn da ist die Qualität noch dem Renommee der Marke entsprechend.

Die nächstbeste Alternative für den Preppy-Style ist natürlich Tommy Hilfiger. Die Farben sind nicht ganz so gut, die Qualität aber genauso oder besser; die Preise etwas niedriger. Im Bereich Herrenmode für den Preppy und/oder maritimen Style hat die Marke mittlerweile die Nase vorn, außer man möchte sich durch den kleinen Polospieler abheben. Oder man hat einfach einen Stapel Polo Sachen im Outlet gekauft.

Wild ist neben der schlechteren Qualität auch die Preisentwicklung, wenn natürlich solche Ware häufig stark rabattiert verkauft wird. Die Polohemden kosten mittlerweile 150 Euro und zerfallen beim Anschauen. Das ist okay um zu zeigen, dass man Geld hat LOL aber das eigentliche Problem ist ein anderes: Die Müllhalde mit Klamotten wächst. Kaputte Kleidung, nicht verkaufte Kleidung, alte Kleidung, das macht mittlerweile einer der größten Umweltverschmutzungsfaktoren aus, gleich nach der Industrie.

Natürlich nichts gegen die Privatjets, aber – wir tragen gerade in den Industrieländern maßgeblich mit unserem (Fast) Fashion Konsum zur Klimakrise bei.

Deswegen heißt es vielleicht nicht mehr buy les, buy better, sondern einfach nur noch: BUY LESS.

Und auf keinen Fall Ralph Lauren Polo (außer man braucht die großen Größen, da sind sie zugegebenermaßen unschlagbar).

Westfield Hamburg-Überseequartier – Westfield Center

Schon vor einigen Wochen eröffnet, habe ich den Laden heuer als Arbeitsort aufgesucht, damit ihr es nicht tun müsst.

Die Erreichbarkeit mit der U-Bahn ist super, mit dem Auto geht’s auch, wenn man bereit ist die tausend Hamburger Baustellen in Kauf zu nehmen.

Also zack, aus der U4 direkt in den Breuninger – ein großes, angenehmes Kaufhaus, was aber hier und da ein paar Fragezeichen aufgerufen hat. Es ist nicht ganz so beengt wie das Alsterhaus, und hat eine große Parfümerie, aber kein Make-up. Die Abteilung Damenmode ist richtig gut, muss ich sagen, ich hätte dort viel shoppen können, weil es einige Marken führt, die nicht so teuer sind und trotzdem qualitativ angemessene Ware anbieten. Die Herrenabteilung ist relativ langweilig, bis auf ein paar Sachen von Etro und Dsquared, die allerdings mit entsprechenden Preisen daher kommen.
Die Auswahl für Schuhe war eigentlich auch ziemlich gut, wenn auch eher im mittelpreisigen Segement. Ein bisschen Canada Goose, ein Hauch Jimmy Choo, aber auch Högl und Peter Kaiser. Viele Sneaker-Marken.

Viele Artikel im Sale natürlich, und gute Rabatte. Bei Etro gab es tatsächlich satte 70% Rabatt, was man sicherlich nicht immer bekommt. Besser, als das Zeug zu verbrennen – ja, das machen große Modehäuser.

Das Personal? Absolut nett und zuvorkommend.

Die Atmosphäre allerdings ist nicht schön, es ist alles gräulich und das Lichtkonzept grauenvoll, bis auf die Flächen mit Fenstern, wo man sich auch schleunigst hinstellen sollte, bevor man etwas kauft. Die zum Teil abgedunkelten Spiegel waren mir auch ein Rätsel.
Die Toiletten liegen gut versteckt im zweiten Stock, die Kassen sieht man kaum. Nichts ist ausgeschildert, man muss rumlaufen und fragen. Es gibt keine Kinderabteilung, was ich schade finde, denn ich shoppe kaum, aber für die Kinder… Mütter kennen das.

Die Kundschaft mitten in der Woche tagsüber: Gelangweilte, dauershoppende Rentner*innen gehobenen Alters. Die Zielgruppe ist klar: Mehr Geld als für Karstadt und Co, aber eben auch deutlich weniger als für den Neuen Wall.

…und es gibt kein Café oder die Möglichkeit, irgendwo ein Glas Wasser zu bekommen.

Das restliche Center ist ausgeschildert und weitläufig, es gibt eine Freßmeile, die allerdings komplett offen und unglaublich laut ist. Hier und da gibt es Sitzmöglichkeiten und man kann sogar sein Handy aufladen. Die Toiletten sind zentral in einer Ecke, natürlich wie immer Wartenschlangen bei den Damen. Wickelraum ist extra, immerhin, das heißt die Männer™ müssen nicht in die Damentoilette zum wickeln.

Die Auswahl der Geschäfte ist international gehalten und orientiert sich eher zum unteren Preissegment, mit CundA und HundM. Ein großer Thalia, wie alle anderen auch, und viele kleinere Geschäfte, die sich vermutlich nicht lange halten werden. Nett war ein Blumenladen mit der Möglichkeit, ein Café und ein Stück Gebäck zu genießen, und dabei ein wenig akustisch abgeschirmt zu sitzen. Ein riesiger Asia-Markt wird wohl noch eröffnen, das kann interessant sein, und die Kindermodemarke Name It wird auch noch eine Boutique eröffnen.

Hat man sich einmal im Kreis bewegt und alles angeschaut, kann man auf die terasse rausgehen und sich die Elbe anschauen. Dort wird man entweder verbrutzelt oder vom Winde verweht, aber immerhin mit Sitzmöglichkeiten.

Barierrefreiheit scheint auch gegeben zu sein, habe ich mir aber nicht explizit angeschaut. Da kommt es ja auch darauf an, wie weit man mit dem Rolli rumfahren muss, wie die Toiletten sind, und ob man dann auch mit der Bahn fahren kann. Da habe ich nicht darauf geachtet, weil ich schon komplett überreizt war von der Dauerbeschallung in jedem laden und der allgemeinen Lärmkulisse.

Mein Fazit lautet: Warum? Wer sich in der Hafen Ciyt eingekauft hat, wird dort ein bisschen Alltagseinkäufe tätigen können. Die Tourist*innen werden sicherlich durchlaufen, aber ob sie shoppen?? Für Hamburger*innen und Umgebung gilt: Wenn man nicht gezielt bestimmte Marken von Breuninger vor Ort shoppen möchte, lohnt ein Besuch meines Erachtens nicht.

Herzlichen Glückwunsch zum 20. Blog-Geburtstag!

Das ist unglaublich. Ich habe dabei sehr viel gelernt, über mich, über andere, und darüber, was Lernen eigentlich bedeutet und warum es einen zentralen Punkt in meinem Leben ein nimmt.

Inhaltlich hat sich der Blog weiter entwickelt in Richtung meiner kulturwissenschaftichen Ausbildung. Die Kritik an Konsum, insbesondere an von Frauen ausgeübten Konsum, ist ja ein patriarchalisches Feigenblatt für etwas, was ebenfalls vom Patriarchat als Verachtenswert ausgelobt wurde: Die Ästhetik im privaten Raum und im Alltag. Kunst, die auch nur den Hauch von handwerklicher Herkunft hat wie handgewebte Dinge, ist keine Kunst, sondern: Kunsthandwerk. Wenn es also um Dinge wie Mode und Make-up geht, kann die Verachtung gar nicht groß genug sein. Dabei ist das Verachten dessen ignorant. Jede Kunstrichtung und jedes Kunstwerk bedient sich Formen und Farben, und selbst Musik hat stets eine eigene visuelle Ästhetik.

Viel interessanter ist die gesellschaftliche und politische Komponente der Ästhetik. Ob es um Schmuck geht oder Haare, jedes Ausdrucksmittel ist gleichzeitig ein Stück Identität und somit auch politisch. Die symbolische Bedeutung über Jahrhunderte und Jahrtausende? Das ist nochmal richtig speziell. Und dafür liebe ich das Internet nach wie vor, wo sich Menschen mit speziellen Interessen tümmeln und austauschen können.

Nach wie vor mische ich scharfe Beobachtungen mit Entertainment und Hintergrundwissen.
Ich bringe im Alleingang eine Online-Frauenzeitschrift raus, mit sehr wenigen Ressourcen.

Nun, was kann ich noch schreiben, um mich selbst zu loben?
Ich weiß, was Erfolg ist, und das ist nicht das, was ich mit 20, 30 oder 40 dachte.
Als mich eine ältere Dame neulich als “waise” bezeichnete, fiel ich fast vom Stuhl, aber ja, es stimmt. Ich bin alterswaise, psychologisch geschult-waise, und auch “auf die Fresse gefallen”-waise. Vor allem bin ich in punkto Selbstliebe und Selbstwert auf einem sehr guten Weg. Ich bin happy, ich mag mich: Das ist Erfolg.

PHOEBE PHILO – Schmuck

Weiße Designerinnen sind etwas, was nicht unbedingt mehr gepusht werden muss, aber ich mache eine Ausnahme für die Schmucklinie der ehemaligen Celiné Designerin.

Die Designs finde ich nämlich alle ziemlich klasse und preislich angemessen, tatsächlich habe ich ein Auge auf ihre Beaded Hoop Earrings geworfen, kleine Kreolen mit kleinen Kügelchen drumherum für 350 Euro aus Silber oder für 400 Euro mit einer 24k Vergoldung.

Modern, minimalistisch, cool – passt toll für einen reduzierten Stil mit dem kleinen extra Effekt beim zweiten Hinschauen.

Alles andere ist einfach rausgeschmissenes Geld, aber immerhin in schön 🙂