Lupus est homo homini quom qualis sit non novit – Frauenversion

Das ist von Plautus (nicht: Platon): Ein Wolf ist der Mensch dem Menschen, dessen Eigenschaften/Art/Qualität er nicht weiß. Mehr zu diesem Zitat hier https://www.staatsgalerie.de/de/sammlung-digital/mensch-des-menschen-feind-homo-homini-lupus-blatt-37-miserere.

Ich will das etwas veranschaulichen und dahin bringen, dass Frauen aufgrund von Sozialisation der Moment entgeht, wo sie Macht bündeln könnten. Einfacher gesagt, da Frauen sich nicht solidarisieren und helfen, sondern sich permanent vergleichen und niedermachen, dürfen sie weiterhin nicht den Kurs mitbestimmen, denn sie sind permanent damit beschäftigt, gegeneinander zu sein als sich gegenseitig zu helfen. Wenn man jemanden feindlich gegenüber treten würde, ist Wissen gefragt, also Wissen und Kontext über diese Person, um zu wissen ob “Feindschaft” überhaupt angesagt ist, so sagt bereits das obige Zitat. Eine Frau sollte für eine andere Frau kein Wolf sein.

Und wenn doch? Kann frau einschätzen woher und warum eine unsolidarische Interaktion kommt, ist es einfacher sich abzugrenzen und zu verstehen, dass es nichts mit einem selbst zu tun hat.
Und dann? Dann könnte man im weiteren Verlauf der Geschichte einfach selbiges nicht machen, sondern Hilfe anbieten. Sich anders und besser verhalten, ja, sich weniger kompetitiv oder gemein verhalten. Send the elevator back down hat nicht nur was mit Aufstieg zu tun, sondern schlichtweg auch mit einer konkreten Hilfe, denn ein Fahrstuhl ist genau das: Eine konkrete Sache, die einen weitere bringt. Es ist also nicht nur eine vertikale Hilfe LOL sondern auch eine horizontale/prozessuale Kiste.

Beispiel aus meinem gloriosen Leben: Ich bekam eine Anfrage für einen Job über eine Freundin. Ganz klar war die Aufgabe nicht, aber ich sollte bitte dies und das vorab liefern. Das gewünschte Etwas hatte ich nicht. Also fragte ich jemand aus meinem Freundeskreis um Rat. Zugegebenermaßen erhoffte ich mir nicht viel, da es bisher keine Interaktion gab auf der Business-Ebene. Überraschenderweise hatte die Person Zeit und antwortete, mit weiteren Hinweisen, was mir alles sonst noch fehlte. Leider tappte ich in die Falle mich zu rechtfertigen und irgendwann kam der böse Hinweis, ich wolle das ja auch nicht. Und ich suche nur noch Ausreden, andere Frauen seien auch Mütter(sic!) und würden das hinbekommen. Da war ich schon ein bisschen irritiert, es kamen dann noch Profile von Frauen, um das zu belegen. So hoch waren meine Augenbrauen selten, ich musste ein bisschen in eine imaginäre Tüte atmen, aber okay.

Ich überlegte, ob ich denn jetzt auf die Schnelle die erforderlichen Dinge liefern könne und konnte es nicht bejahen, also meldete ich das zurück, um genau das selbe zu hören, diesmal von der anderen Frau: “Du willst das ja auch gar nicht”, ein typischer Satz, mit dem man aus Leuten Leistung rauspresst.
Konkrete Hilfe in Form von: Hier hast Du das Ding, oder ich mache das für Dich, dann kannst Du es einfach selbst erweitern. Nope. Stattdessen wurde ich regelrecht beschuldigt, ich könne/wolle nicht, es wurde ein komplett sinnloser Vergleich gezogen, und ich wurde emotional verletzt – was ich halbwegs abwehren konnte, aber natürlich nicht vollständig.

Seufzend setzte ich also meine Psychologinnen-Kappe auf und übersetzte beide Reaktionen:
Projektion, Victim Blaming, und Wut, weil ich nicht helfen konnte, die ihnen gestellte Aufgabe zu erfüllen. Und das von Frauen, die ich als Freundin bezeichnen würde. WTF.

Was wäre mein Verhalten früher gewesen?
Absolut stinkend wütend, verletzt, beleidigt, aber trotzdem im Funktionsmodus: Ich hätte die geforderte Sache JETZT sofort umgesetzt. Dir zeige ich es! Hätte alles und jeden wild gemacht, meine Umwelt terrorisiert mit meiner schlechten Laune (habe ich ein bisschen auch, ich bin ja nicht aus Stein…) und dann geliefert.
Stattdessen überlegte ich mir, in welcher Situation diese Personen gerade sind, war empathisch, und grenzte mich gleichzeitig ab. Und schlief eine Nacht darüber um zu dem Fazit zu kommen, dass ich das nicht will – den Mangel beheben und die Tipps entgegen nehmen ja, aber diesen Umgang mit mir nicht.
Als nächster Schritt wären da ein paar echt saure Sätze und ein bisschen Kopfwaschen konsequent gewesen, oder? Nein, denn ich hätte letzten Endes das gleiche gemacht wie die anderen Frauen:
Ich wäre ihnen ein Wolf gewesen, einfach weil ich es kann.

Solidarität geht genau dieser Kette nach, dem Menschen kein Wolf zu sein und dafür den Menschen zu er-kennen. Eine Millisekunde Empathie und auch ein bisschen Abgrenzung zu sich selbst, denn so oft sagt man Dinge über sich selbst, statt zu dem anderen. Es ist nicht ganz einfach und erfordert Übung. Es erfordert auch ein positives Menschenbild (das ich hier an dieser Stelle allen Nazis und Faschos absprechen möchte). Warum klappt es zwischen uns Frauen nur so schlecht?

Weil wir Frauen andere Frauen als Konkurrenz ansehen, und unsere systemischen Probleme immer individualisieren.

Also ist die Frau selbst schuld – und wir kommen da nicht raus, es ist ein Teufelskreis…!
BULLSHIT.
Ist das System schuld, kann frau nichts verändern, was zu 80% auch der Fall ist, muss sich aber dafür anhören dass sie es nicht gewollt/versucht hat, überhaupt faul sei; ist die Frau schuld, hat sie wieder die Arbeit und soll vermeintlich etwas verändern, was so groß wie ein System ist, wieder ein Ding der Unmöglichkeit.
Aber genau hier liegt ja auch die Lösung: Jede Veränderung IM System ändert auch das System, denn das System ist nichts abstraktes, sondern besteht aus Menschen und Systeme scheinen abgeschlossen und fix, sind aber genau das nicht (ich hoffe Luhmann rotiert im Grabe).
Sich zu solidarisieren und gemeinsam dem Teufelskreis entkommen scheint Frauen nicht gegeben zu sein. Mitnichten!!
Das ist kein Naturgesetz, und wir machen alle persönliche Entwicklungen durch, brechen Tabus und schreiten fort, langsam, sehr langsam, aber stetig. Wir müssen nur wissen, dass Kapitalismus/Patriarchat (es ist immer beides) einfach NICHT mit den eigenen Waffen wie Gewalt, Niedertracht und Ungerechtigkeit abgeschafft werden kann, was aber nicht heißt, sich immer alles gefallen zu lassen: Manchmal muss frau was anzünden. Sinnbildlich.

Oh und die Erforderlichkeit, dem Menschen kein Wolf zu sein und insbesondere der Frau kein Wolf zu sein, wäre naiv, wenn es nicht den Zusatz des obigen Satzes hätte, dass es schon darauf ankommt, mit wem frau es zu tun hat. Genau hinschauen also, denn auch hier gilt Poppers Paradoxon der Toleranz.

Das Private bleibt politisch! Seid nett zueinander. Es ist auch so alles beschissen genug.

Alles Gute zum Weltfrauentag – die restlichen 364 ist wieder Männertag.

Dürfen Frauen andere Frauen kritisieren?

Darf ich Alice Schwarzer kritisieren oder gar scheiße finden, da sie offen transfeindlich ist?

Fangen wir mal so an:
-> Feminismus bedeutet Wahlfreiheit für Frauen und Männer und Theys natürlich auch
-> Wahlfreiheit ist im kapitalistischen System nur gegeben, wenn genug ökonomische Ressourcen zur Verfügung stehen
-> Feminismus kann nur funktionieren, wenn Rassismus, Klasse/Armut und Gesundheit ergänzend betrachtet werden (z.B: Nicht behindert sein ist eine Ressource)

Kritisiert wird selten die Frau an sich, sondern das, was sie symbolisiert, was sie dann aber auch personifiziert – ist die Kritik dann berechtigt?
Ja, denn die Teilnahme an einem System, dass sie zumindest vorübergehend zur Profiteurin macht, ist falsch und bedeutet, dass sie mehr Privilegien erwirbt, wie zum Beispiel Status und Geld. Diese sind jedoch nicht für sie dauerhaft vorgesehen. Diese Frau fliegt also raus und wird durch eine andere ersetzt, die sich diese Privilegien von neuem wieder “erarbeiten” muss. Klassisches Beispiel: Die wohlhabende Hausfrau wird durch die jüngere Frau ersetzt und verliert in der Regel ihr ökonomisches Privileg und ihren sozialen Status. Die jüngere Frau nimmt das gleiche Schicksal in Kauf für die ökonomische Ressource. Und so weiter…
Nein, diese Frauen zu kritisieren hat Geschmäckle, weil sie eigentlich nur in einem System mitmachen, das recht brutal ist. Sieht man genauer hin, entdeckt man ihre Privilegien und dann ist die Kritik doch berechtigt. Sie hätten durchaus die Wahl gehabt, anders ihr Leben zu gestalten. Oder aber sie hatten gar keine andere Wahl, denn sie sind Migrantinnen, die gar keinen Job bekommen. Sie sind vielleicht chronisch krank, und können nicht im Angestelltenverhältnis arbeiten.

Ich habe nun keine eindeutige Antwort geliefert und genau das ist meine Absicht gewesen. Ja, ich kann eine andere Frau aus einer Vielzahl von Gründen kritisieren, aber nicht, wenn ich privilegierter bin. Die Privilegien sind schwer in ihrer Reihenfolge zu ordnen, will mensch meinen, ist schließlich nicht Gesundheit und Geist das wichtigste was man hat und unbezahlbar? Nein, ich fürchte nicht, denn auch Gesundheit hat was mit Zugang und Geld zu tun. Also, ist jemand ökonomisch privilegiert und alles andere auch noch, muss sie erstmal ganz lange die Luft anhalten, bevor sie eine andere Frau kritisiert. Aber dann, dann darf sie Frauen, die in Wirklichkeit alte weiße Männer sind, sehr gerne kritisieren.

Die Farbe Rosa – das Spiel um Bedeutungsmacht

Nach dem Barbie-Hype spätestens ist Rosa so normcore geworden wie Jeans und Turnschuhe, zumal die Farbe seit mehreren Jahren trendet (die Modeindustrie setzt es uns ja auch vor).

Während sowohl 6jährige als auch 86jährige die Farbe Rosa lieben, die gemeinhin mit Weiblichkeit und Verspieltheit assoziiert wird, ist es immer noch ein ziemliches No Go, in bestimmten Settings in Rosa gekleidet aufzuschlagen. Als Frau natürlich nur. Männer in rosa Hemden sind hingegen chic.

Erinnern wir uns doch mal daran, dass Make-up, Absatzschuhe und helle Farben bzw. Rosa genuin männlich konnotiert waren, und das über Jahrhunderte und Jahrtausende sogar, wenn man Make-up im Sinne von Gesichtsbemalung versteht.

Wie ist es dann heute, wenn eine Frau sich rosig anzieht? Und da kommt einfach der kulturelle Kontext im Spiel, denn die Farbe ist “girly” und aufmerksamkeitsheischend, manche sagen immer noch “schwul” (blöde Homophoben!) und auf alle Fälle unseriös. Diesen Kontext übernehmen immer mehr Frauen in männlich stark besetzten Positionen und spielen damit, konterkarieren ihn: Die Anwältin, die ihre gesamte Kanzlei und Mitarbeiterinnen in Rosa getaucht hat (findet man auf Instagram und TikTok und ja, es ist eine richtige Anwältin!) und die Wissenschaftlerin, die im rosa Kostüm einen Vortrag hält, Dr Anjana Khatwa auf der FindingADA Konferenz:

Damit spielt man den Ball der vermeintlich schwachen, femininen Person zurück ins Feld der Misogynie – fürs erste, knabbert zudem gleichzeitig an der ursprünglichen Bedeutung der Farbe für Männer aka Macht. Was ist männlich? Was ist weiblich? Was ist überhaupt Geschlecht und wer bestimmt darüber, in einer Zeit in der man (wieder, muss man sagen) aus Rollenkonstrukten rausbricht?

Doch es ist alles nicht so einfach, und ich will das Besipiel sein, warum das echt schwer ist, Symbole neu zu gestalten, denn die Saat der internalisierten Frauen- und Selbstfeindlichkeit sitzt so tief, wie es eben nur kann, egal wie wahnsinnig aufgeklärt und belesen man ist. Ich nämlich, und es ist mir unheimlich peinlich zuzugeben, ich liebe Rosa. Ich liebe auch Fuchsia, das allerdings nicht so eine “weiche” Konnotation hat, aber wirklich wirklich lieben tue ich das helle, rosige, fluffige, freundliche und heitere Kaugummirosa.
Und? Abgesehen davon, dass ich künstlerisches intelektuelles *augenrollen* Schwarz trage, ist es mir schier unmöglich, in Rosa zu kleiden, ohne mich seltsam zu fühlen.
Die Assoziationen sind folgende: Zu kindlich, zu kreischig, zu jung, zu unseriös. Unseriös!
Oh, und diese Gedanken sind leider völlig normal. Jede*r von uns denkt das. Bis auf Kita-Kinder, denen man noch eintrichtert, dass Farben und Kleidung für alle da sind, was sich aber ab der 2. Klasse spätestens auflöst.

Leider gibt es nur eine Möglichkeit der Veränderung: Man muss diese Veränderung sein und nicht nur predigen, sondern auch leben.

Da sollte ich vorgehen, aber in diesem Falle ziehe ich mir elegant raus: Ich bleibe im Hintergrund, schwarz, und “verkaufe” allen anderen Farbe. Tschakka.

P.S. Mir fällt ein, dass in Tokyo manche Bahnstationen in einem Rosa-Melba waren, während das blaustichige Rosa synonym zu Kawaii stand. Was die rosanen Bahnstationen bedeuten? Vermutlich nichts, es ist lediglich ästhetisch.


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