BYREDO Lil’ Fleur – Storytelling made me buy it


BYREDO ist eine Marketingmaschine. Anders kann ich es nicht nennen.
Und es funktioniert, habe ich einige Byredo Produkte in der Schublade.
Das Konzept? Man nehme einen erfolgreichen Duft und interpretiere ihn neu. Dazu eine schlaue Beschreibung und, ganz wichtig, Verknappung und Preisstabilität. Keine Rabatte!
Der Preis liegt an der Schmerzgrenze der meisten Perfumistas, genug um Luxus zu suggerieren, aber nicht übertrieben viel.

Wie das Storytelling funktioniert, können wir gerne am Beispiel von Lil’ Fleur durchexerzieren.

Der Duft? Ich erwarte, wie der Name sagt, einen klassichen Weiße-Blüten-Monster.
Stattdessen bekomme ich eine Interpretation von Hermès’ Kelly Caleche mit Safran und einem Spin Chanel Chance Eau Tendre in der Kopfnote.

Die Duftnoten ticken alle Checkboxen ab, die gut und besonders klingen:
Safran, schwarze Johannisbeere, Tangerine, Damaszenerrose, Leder, Holz, Ambergris und Vanille.

Das Storytelling wiederum versteht diesen harmonischen, intensiven und zwischen frisch und süß oszillierenden Duft – wait for it – als:

eine komplexe Persönlichkeit wiederzugeben, eine, die wir alle kennen. Meiner Erfahrung nach sind die Persönlichkeiten junger Menschen das schönste und interessanteste, was es gibt.

Ja, es ist creepy und es funktioniert.
Wie alle Byredo Düfte fängt Lil’ Fleur stark an, mit leicht seifiger Anmutung und sehr schöner Rosenkomposition a la Chanel Chance Eau Tendre oder Rose Ikebana oder oder oder, um dann im Nu in einem süßlichen aber zarten und angenehmen “Reispudding mit Vanillezucker in der Holzschale “-Gemisch zu enden.

Originell? Nein. Gut? Ja!
Worth the hype? Auf keinen Fall.
Auf der anderen Seite funktioniert das ja; guter Duft, die Verpackung ist großartig, es fühlt sich zumindest ein wenig luxuriös an, und die 140 Euro sind grad noch so drin.

…und ich muss noch hinzufügen: Selbst die Präsentation im Kaufhaus ist perfekt kuratiert. Clean, hell, absolut reduziert. Besser geht es nicht, wenn es darum geht aufzufallen zwischen den ganzen güldenen Flakons und Tatütata der Mitbewerber.

Der Duft ist vielleicht was für Fans von Dior Addict, Pasha de Cartier, und Safran Troublant von L’Artisan Parfumeur.

BYREDO Pulp Eau de Parfum

Pulp ist ein Duft “on steroids”. Nichts für schwache Gemüter! Das Fruchtfleisch-Grapefruit-Feigen-Gemisch schießt in die Nase wie Tränen in den Augen – unvermittelt und mit BUMM.

Während Düfte wie Jardin en Mediterranée einen Spaziergang am Mittelmeer evozieren, rast Pulp mit einem rostigen Traktor mit durchgeschnittenen Bremskabeln den Hang runter. Nimmt alles mit, Obst, Blätter, Zweige. Es ist laut, es ist langanhaltend, und es ist super obstig.
Die offiziellen Duftnoten sind:
Kopfnote: Bergamotte, Schwarze Johannisberre, Kardamom
Herznote: Feige, Roter Apfel, Tiare
Basisnote: Zedernholz, Pfirsichblüte, Praline

Nun, bis auf die Feige ist das alles nicht wirklich wahrnehmbar, die marmeladige Süße des Duftes ist matschig, klebrig, aber auch frisch. Keine Sekunde wird der Duft wirklich süß, er bleibt immer herb, dank den schwarzen Johannisbeeren. Ja, doch, die riecht man tatsächlich heraus, ich esse die unheimlich gerne als Marmelade. Der ganze Duft riecht wie ein Süßwarenladen, aber sehr erwachsen, vielleicht mehr wie eine gut ausgestattete Coktail-Bar. Meine Tochter findet den Duft spitze, sie ist allerdings auch sehr versessen auf Gummibärchen. Auch Byredo Blanche findet sie gut, also ist es entweder ihr guter Geschmack oder das Parfumhaus trifft ihren Nerv.

Die Haltbarkeit ist hervorragend bis penetrant, hier gilt: Viel Geld für viel Duft.

Wer also auf Feigendüfte steht, grundsätzlich auf fruchtige Sachen, sollte den testen und sich ein wenig Zeit beim Testen lassen.

Lustigerweise brachte BYREDO gerade eine blaue Flasche raus mit einem Duft, der BYREDO x Cactus Jack Space Rage Travx heißt. Er soll vom Weltraum inspiriert sein und duftet nach: kosmischem Staub, Antimateriepartikeln, Sternenlicht, dem Duft einer Supernova, atmosphärischem Dunst und dunklen Nebeln (Quelle: Fragrantica) und auch dort lese ich, dass es in Wirklichkeit der Duft Pulp sei, komplett anders verpackt und beschrieben, wodurch der Rezensent andere Nuancen am Duft entdeckt hat. Deswegen lese ich den Kram immer erst hinterher..!

Also, dieser Duft hat Jahre gebraucht bis er in meine Sammlung fand, ich bekam ihn geschenkt und habe mich darüber immens gefreut. Lustigerweise bin ich bei Parfums nie eine spontane Käuferin, es braucht Jahre, bis ich mich durchringe, etwas anzuschaffen und meist mehrere Anläufe. Wenn mir ein Duft nach Jahren noch in positiver Erinnerung bleibt, dann kaufe ich ihn. Der nächste wird Equistrius sein, das weiß ich jetzt schon, weil ich mehrere Proben hatte und den toll fand, und immer noch dran denke. Nur dass er jetzt doppelt so teuer geworden ist, meh.

HERMÈS Eau de Pamplemousse Rose Cologne

Es ist Winter, die Jahreszeit für Zitrusfrüchte. Und regelmäßig kaufe ich eine pinke Grapefruit, um mich regelmäßig daran zu erinnern dass ich den Duft nur mag, aber mir das Zeug zu bitter ist und das auf den Kreislauf geht (es wirkt wohl blutdrucksenkend).

Den Duft habe ich aus einer Laune heraus bestellt obwohl ich mich nur wage erinnern konnte, den mal gerochen und eventuell gemocht zu haben. Aber der Name des Parfumeurs und der Name des Duftes geben für mich fast schon eine Garantie ab. Ich liebe Grapefruit Düfte und ich habe etliche unter der Nase gehabt, aber gekauft habe ich bislang nur Chanel Deauville (weil Chanel und weil günstiger geschossen…) und die guten und günstigen Guerlains habe ich stets stehen lassen.

Der Duft ist rosa, ist grün, ist holzig. Zitronig und herb, mit der typischen Note von Cologne, ein Hauch von Bitternis und Maskulinität, gepaart mit dem Duft gelber und weißer Rosen. Hier finden sich Referenzen an Eau de Campagne von Sisley und an Bergamot von The Dfferent Company. Hinzugefügt wurde die typische Grapefruit Note, die man bekommt wenn man das Obst schält und das pinke Fruchtfleisch herausnimmt. Dabei ist die Textur des Duftes rauh und unflexibel. Da kommt wirkich genau das, was in der Beschreibung steht: Grapefruit, Citrus, Cologne, Holz. Punkt.

Um die Haltbarkeit zu verlängern, kann man sich kräftig einsprühen, gerade auf Kleidung bleibt der Duft lange bestehen. Ich finde die Haltbarkeit sogar ziemlich gut, eine Duftwolke kommt immer wieder auf, – der Duft ist einfach nicht so penetrant um einen herum wie es viele gewöhnt sind.

Was ich mir in dieser Duftrichtung wünschen würde, wäre auf alle Fälle ein schönes Duschgel und Shampoo. Das gibt es aus der Serie Eau de Orange Verte, ist aber sehr herb und maskulin. Und die Qualität, na ja. Also – wenn ich Kosmetik herausbringe, dann etwas geil beduftetes, was die Haut nicht reizt und bezahlbar ist. Duschgel, Zuckertenside, nice Duftmischung. Falls es das schon gibt, sagt es mir bitte, ich habe es scheinbar verpasst.

CHANEL Chance Eau Tendre Eau de Parfum

Rosen! Apfel! Zitrönchen! (EDIT: Angeblich auch Jasmin. Hmpf.)

Harte Fakten: 92 Euro für 50ml als Strassenpreis. Ey, sorry, dafür kaufe ich mir doch direkt das Extrait?!

Ein Duftwässerchen, herrlich jung, frisch, spritzig und vielleicht auch etwas kanten- und aussagelos. Aber, gemach – es ist und bleibt ein Chanel und damit ist die Rose rein und umflirrt von blauem Himmel und Sonnenschein, der Apfel grün und saftig, ohne künstlich zu sein, und die Grundnoten von “sauber” sind nicht seifig, sondern hautfreundlich “Neutralwaschgel” und auch sonst generell eher Richtung sonnenbeschienene, zarte weiche Haut.
Man muss dazu sagen, dass Chanel selbst auf der Homepage keine Beschreibung hat – das sagt einiges… Jasmin und Rose. Schnarch!

Warum ich diesen Duft so exzessiv verbraucht habe? Er ist frisch, aufmunternd und völlig harmlos, gefällig und sportlich. Gerade die miese Haltbarkeit lässt den Duft transparent erscheinen und man kann ihn nicht überdosieren; wie ein Hauch Frische läßt er sich tagüber nochmal aufsprühen und macht gute Laune. Wie ein weißes T-Shirt irgendwie. Ein Office-Duft, möchte frau munkeln, wobei ich meine exzessive Office-Beduftung mit Chanel mittlerweile als Office-Policy ausgerufen habe. Es herrscht Chanel-Pflicht am Arbeitsplatz und meine Kollegin hält sich eisern dran, wobei sie den Lippenstift noch verweigert, aber wir arbeiten daran.

Es ist auch der Duft einer lieben Freundin, an die ich immer denken muss, die sehr viel jünger und in vielen Dingen sehr viel klüger ist als ich. *wink*

Der Duft ist also eine tolle Empfehlung für den Winter als Vorfreude auf den nächsten Sommer, als Geschenk für alle Teenager (im Herzen!!) und definitiv immer eine schöne Idee. Ich möchte gerne Chance als Extrait, da ich ja zarte Rosendüfte liebe.

CHANEL Les Exclusifs de Chanel No 22

Bei Chanel online kann man mittlerweile einen Dufttest machen. Ich habe den vier oder fünf Male wiederholt, und jedesmal spuckte das System die No 22 aus.

Meine erste Begegnung mit No 22 war interessant. Der erste Eindruck ließ meine Geruchsnerven begeistert flattern, eine Symphonie von Künstlichkeit, ein Odeur, ein Eindruck, ein Gefühl. Begeistert schnüffelte ich weiter an meiner Haut um Sekunden später den Obergau zu erleben – muffige Katzenpisse, die sonderbar von meiner Haut abstand. Ich rannte zur Verkäuferin und ließ mir den Duft mit Make-up Entferner von der Haut abnehmen und übersprühte die Katastrophe mit (Deauville – das leichtere Eau de Toilette konnte es nicht überdecken, schaffte es aber später in meiner Sammlung).

Eine äußerst schwierige Geschichte, denn es waren 39 Grad an jenem Tag und die Hitze tat dem Duft nicht gut. In diesem nicht kalten, nicht warmen Winter ist der Duft allerdings eine ganz andere Nummer. Eine warme, transparente Kaschmirhülle voller Hölzer, Vetiver in seiner weichen abgerundeten Version, Vanille und tatsächlich Lippenstift-Rose, so wie sie in Lipstick Rose bei Frederic Malle daher kommt. Eine süße Rose, eine schwulstige Rose, eine dunkelrote, orientalische Rose, die man hinter der Vanille erst erkennen muss. Die weißen Blüten in der Kopfnote und die Aldehyde sind nicht der Rede wert, zumindest mit meiner Körperchemie. Sie verpuffen quasi sofort.

Wenn ich ehrlich bin, stelle ich mir Chanel No 5 als “Mythos” genau so vor. Weich, abgerundet, sehr feminin ohne wirklich süß zu sein, durchaus herzlich und liebevoll, aber autark. Das wäre der Duft, den Marilyn Monroe tatsächlich getragen hat, obwohl ich mir den schwer auf einer Blondine vorstellen kann. Chanel No 5 ist schärfer, pfeffriger und wesentlich aldehydelastiger. Die Eau de Parfum Von Chanel No 5 raubt mir den Atem, bzw die Allergie dagegen tut es, trotzdem mag ich den Duft. Chanel No 22 hingegen ist weder seifig, noch scharf, noch spritzig. Den Ylang-Ylang rieche ich erst aus der Nähe heraus, ich denke er hüllt sich zu sehr in der Rose und Tuberose Kombination um solo wahrgenommen zu werden.

Die offiziellen Noten: Maiglöckchen, Neroli, Aldehyde, Jasmin, Rose, Ylang-Ylang, Tuberose, Vetiver und Vanille.

Schwierig diesen Duft zu beschreiben – der weltallerbeste Ehemann runzelte die Stirn und fragte: Hast Du nicht schon sowas?! und auch ich runzele die Nase und versuche mich zu erinnern, woher diese Anmutung mir bekannt vorkommt. Da ich keine süßen Düfte besitze bis auf Chanel No 5 und ETROs Vicolo Fiori, der an mir auch eher süß wird, entfallen andere Kandidaten. Vielleicht ist es aber nicht der Duft, sondern die Anmutung von Wärme und Weichheit, was dieses Parfum so attraktiv macht. Er ist perfekt abgerundet und abgestimmt. In der Nase einer Kennerin, meine Damen.
Ich bin mir sicher, dass die Angel- und Paco Rabanne One Million -Generation hier abkotzen würden.

Weitere Kommentare dazu: Smells like old lady.

Pah!!

EDIT: Es ist mir eingefallen: Tom Ford’s Fleur de Chine ist eine sagen wir mal, eindeutige Hommage!

Wer hat den, wer kennt den, wer nutzt den?!

CHANEL Les Exclusifs de Chanel Eau de Parfum Beige

Beige ist keine Farbe, mehr ein Zustand. Davon nichts zu merken, nicht in diesem Duft – und ich rede hier natürlich von der neuen Version, das Eau de Parfum, das mitnichten die sanfte elegante zurückhaltende Anmutung des alten Duftes hat.

Ich rede davon, dass meine Kollegin sich über meine Wolke beschwert hat (drei Sprüher!!) und das leider auch noch zurecht, da das Büro wie eine Grabkammer voller weißer Blüten gerochen hat. Minus verwesende Leiche, immerhin. Ich wasche mich…

Beige ist Veilchen auf Testosteron und unheimlich provokativ – nicht elegant, nicht mal sexy, sondern mehr in your face. Ich erinnere den alten Duft als ein Synonym für Chanel, Zurückhaltung, Eleganz, je ne sais quoi, nur eben nicht diese Faust mit Blumen. Und trotzdem, Beige gefällt mir. GEFÄLLT!! Der Preis gefällt mir nicht, aber ich habe den Duft mit 20 Prozent Rabatt bei Douglas in Köln gekauft. Sollte sich eine Leserin bemüßigt fühlen, dort für mich zu shoppen, möge sie mir mailen, ich wünsche mir noch Gardenia…

Die Intensität ist das eine, der Akkord das andere – nachdem sich der Duft “beruhigt” hat, tauchen die weißen Blüten auf, grün und weiß und beileibe nicht mehr so harsch.
Um der Farbe Beige eine positive Seite abzugewinnen: Im besten Falle ein zartes, transparentes Nude, im schlechtesten ein dreckiges Weiss und – gewöhnlich.
Beige als elegante Ergänzung zu Schwarz ist allerdings eher die beabsichtigte Interpretation des Duftes.

Das Veilchen soll eine Freesie sein – wer Penhaligon’s Love Potion No 9 kennt, weiß um die kandierte Version des Veilchens – bettet sich vornehm in einem Nest aus Frangipani, sprich exotische Süße, und angeblich Honig. Ich verwehre mich dessen, den ich hasse Honignoten in Parfums. Die Süße ist eher eine Kombination aus Holz, ein Hauch Vanille und Moschus. Da Parfums grundsätzlich ein Chemiebaukasten sind, ist eher die Anmutung von Honig gemeint: Süße, Farbigkeit, Glanz und Licht des Honigs. Definitiv hat der Duft eine kräftige Note Jasmin, meine olfaktorische Achillesferse, und auch die Art von Aldehyde, die man in No 5 Eau Premiere finden kann.

Das alte Beige als Eau de Toilette hatte wesentlich mehr Aldehyde, es war raffinierter, ruhiger, und eleganter. Es war mehr wie La Chasse aux Papillons in der Eau de Toilette Version, eine sanfte und zärtliche, feminine Brise, bloß sehr viel eleganter.
Nun ist es eine Wildlederpeitsche, die mit winzig kleinen, weißen Edelsteinen bestückt ist. Was man damit so alles machte, überlasse ich Eurer Phantasie. Nein, ich hege da keine.

Der Flakon hat einen magnetischen Verschluß (yay) und könnte gerne zum Mitnehmen in einem Travelset etwas kleiner daher kommen. Nachlegen muss man bei dem Duft nicht, eigentlich riecht alles momentan nach Beige und das ist auch gut so. Alles andere ist Bolognese oder Risotto und immerhin ist Beige weitaus office-tauglicher als mein geliebter Fleur de Chine!

Tatsächlich ist der Parfumeur Jaques Polge, auch verantwortlich für Gabrielle, einen Duft den ich immer noch sehr gerne mag und auch aufgebraucht UND NACHGEKAUFT!!!! habe, ein potentieller Kandidat für den Lieblingsparfumeur meiner Majestät. Allerdings hat er (noch) keine Botschaft, scheint nicht besonders sympathisch zu sein, und muss noch ein paar mehr Dinge abliefern um sich zu qualifizieren. Da ich weiß dass Chanel hier mitliest – er kann hervorragend weiße Blüten, laute in erster Linie, es ist Zeit für ein Gabrielle Extrait oder, um den Fehdehandschuh hinzuwerfen: Einen weißen und fleischig-grünen Duft! Bringt mir frische Feigen! Gebt mir Jasmin! Aldehyde! Puder! Was ihr wollt…

Hier ist Beige mit seinen Geschwisterchen…