Duftklassiker – DIOR Hypnotic Poison, Chanel No.5 EdP und Hermès 24 Faubourg EdT

Vorweg: Alles bekannte Klassiker, sollte man kennen, muss man aber nicht haben oder tragen. Oder doch?!

Fangen wir mit dem bekanntesten Duft der Welt, auf der Ebene mit Coca-Cola an Bekanntheitsgrad und weltberühmt durch Marylin Monroe. Frauen werden selbst tot noch ausgebeutet, gel.

Der Duft war ein Geschenk für meine Mutter, sie bekommt regelmäßig ihren heißgeliebten Chanel No.5 von mir – in den letzten Jahren als Extrait, heuer als Eau de Billiger, einfach weil meine Mutter letztes Mal gemeckert hat. Zurecht, das Extrait wurde reformuliert, und wer will schon hundert Euro verbrennen, um sich dann Gemecker anzuhören. Turns out, sie mag das Eau de Parfum nicht, also probierte ich es. Bislang reagierte ich allergisch drauf, mit gereizten Atemwegen, tränenden Augen und Niesattacken. Das ist besser geworden… mit der neueren Formulierung oder aber aufgrund meiner Hyposensibilisierung (und die Kündigung vom Job?! Hehe!). Nun kann ich das ganze Marketing Tralala verstehen, den Jasmin, die Aldehyde, und die ganz gute Vanille mit Holz. Am Ende wird der Duft nur doch etwas muffig, und auch süß-eine Mischung aus staubigem Karton mit künstlicher Vanille. Nun ja.

Hypnotic Poison ist einer der Dior Bestseller schlechthin, zumindest für die breite Masse, ein Flanker zum berühmten 80er Jahre Duft Poison. Eine Bombe aus Plastikzucker, dazu ein Hauch medizinischer Geruch, der dann in einem völlig desolaten Zuckerpunsch-Mischmasch endet und selbst mit Seife nicht abgewaschen werden kann. Kofpschmerzen? Ja. Wiedererkennungswert? 10/10. Und woher ich diesen Duft kenne?! So riecht Pubertät in der Shopping-Mall, mit zu dunkler Foundation, zuckrigem Parfüm und kreischenden Gelächter einer zusammengerotteten Girlie-Gruppe. Been tehre, done that. Und natürlich auch erwachsene Frauen, die man riecht bevor man sie sieht, und (anekdotische Evidenz!) unsympathisch und oberflächlich seien sollen. Nun, ich trug lange den Dior Zwilling Addict, und bekam viele Komplimente für die Bombe, insofern: Never judge a book by its perfume.

Kommen wir nun zum Klassiker schlechthin, der bourgeoise 24 Faubourg. Ebenfalls ein Problem für mein allergisches Ich, ist der Duft raffiniert und elegant. Von der Kopfnote bis zur langanhaltenden Basis bleibt der Duft weich, feminin und edel. Und irgendwie passt der Duft eh besser zu meiner Mutter?! Ist das ein Mutter-Duft?? Nun, die weißen Blüten sind hier mehr meine Richtung, der Duft ist pudrig, angenehm in der Sillage, und nicht overwhelming, also keine Keule auf die Nase. Auch hier gibt es am Ende eine süße Nummer, aber ganz, ganz anders als die obigen Kandidaten. Der Vergleich ist wie einen Audi TT zu einem Bentley-es gibt ihn einfach nicht, beides zwar schniecke Transportmittel, aber unterschiedliche Ligen. Der Duft ist so perfekt, er ist fast langweilig.

Und auch wenn ich jetzt dazu kein Photo habe, folgende Outfits sind mir spontan dazu eingefallen:
Chanel No. 5 trägt einen Business-Outfit mit Rollkragen und vielleicht Perlen. Eher streng, eher klassisch, eher minimalistisch. Es ist ein schwarzer Hosenanzug aus mattem Kaschmir, und die Schuhe dazu lassen darauf schließen, dass sie ein inniges Verhältnis mit einem Luxus-Schuhaus unterhält.
Hypnotic Poison trägt Lack, Leder und Labels. Die Absätze bis zum Himmel und gekonnter Gang, die Brüste bis zum Mund, und ab hier sollte man Vorsicht walten lassen. Geht in zu enger Kleidung mit perfekter Haltung gekonnt über Leichen, lächelt immer, ist dabei auch immer zuckersüß und falsch.
24 Faubourg ist Philosophin, trägt Pelz und roten Lippenstift. Sie geht niemals joggen, weil sie dann öffentlich Turnschuhe tragen müsste. Französische Literatur trifft auf Seidentücher mit Tiger- und Leopardenprint, der Schmuck ist echt, und wird vererbt, allerdings an die Nichten, hat diese Dame von Welt verstanden, dass Männer zum Beerben da sind, und nicht zur Fortpflanzung.

Nun, ich persönlich trage den Duft einer zarten Künstlerin, werde aber Chanel No.5 neu in meinem Repertoire aufnehmen, schon alleine weil mein Sohn das mag (und er ist definitiv ein Künstler!). Als Outfit: Die Schuhe habe ich, Hosenanzüge nur über meine Leiche, und die Perlen sind bestellt.

BYREDO Lil’ Fleur – Storytelling made me buy it


BYREDO ist eine Marketingmaschine. Anders kann ich es nicht nennen.
Und es funktioniert, habe ich einige Byredo Produkte in der Schublade.
Das Konzept? Man nehme einen erfolgreichen Duft und interpretiere ihn neu. Dazu eine schlaue Beschreibung und, ganz wichtig, Verknappung und Preisstabilität. Keine Rabatte!
Der Preis liegt an der Schmerzgrenze der meisten Perfumistas, genug um Luxus zu suggerieren, aber nicht übertrieben viel.

Wie das Storytelling funktioniert, können wir gerne am Beispiel von Lil’ Fleur durchexerzieren.

Der Duft? Ich erwarte, wie der Name sagt, einen klassichen Weiße-Blüten-Monster.
Stattdessen bekomme ich eine Interpretation von Hermès’ Kelly Caleche mit Safran und einem Spin Chanel Chance Eau Tendre in der Kopfnote.

Die Duftnoten ticken alle Checkboxen ab, die gut und besonders klingen:
Safran, schwarze Johannisbeere, Tangerine, Damaszenerrose, Leder, Holz, Ambergris und Vanille.

Das Storytelling wiederum versteht diesen harmonischen, intensiven und zwischen frisch und süß oszillierenden Duft – wait for it – als:

eine komplexe Persönlichkeit wiederzugeben, eine, die wir alle kennen. Meiner Erfahrung nach sind die Persönlichkeiten junger Menschen das schönste und interessanteste, was es gibt.

Ja, es ist creepy und es funktioniert.
Wie alle Byredo Düfte fängt Lil’ Fleur stark an, mit leicht seifiger Anmutung und sehr schöner Rosenkomposition a la Chanel Chance Eau Tendre oder Rose Ikebana oder oder oder, um dann im Nu in einem süßlichen aber zarten und angenehmen “Reispudding mit Vanillezucker in der Holzschale “-Gemisch zu enden.

Originell? Nein. Gut? Ja!
Worth the hype? Auf keinen Fall.
Auf der anderen Seite funktioniert das ja; guter Duft, die Verpackung ist großartig, es fühlt sich zumindest ein wenig luxuriös an, und die 140 Euro sind grad noch so drin.

…und ich muss noch hinzufügen: Selbst die Präsentation im Kaufhaus ist perfekt kuratiert. Clean, hell, absolut reduziert. Besser geht es nicht, wenn es darum geht aufzufallen zwischen den ganzen güldenen Flakons und Tatütata der Mitbewerber.

Der Duft ist vielleicht was für Fans von Dior Addict, Pasha de Cartier, und Safran Troublant von L’Artisan Parfumeur.

BYREDO Pulp Eau de Parfum

Pulp ist ein Duft “on steroids”. Nichts für schwache Gemüter! Das Fruchtfleisch-Grapefruit-Feigen-Gemisch schießt in die Nase wie Tränen in den Augen – unvermittelt und mit BUMM.

Während Düfte wie Jardin en Mediterranée einen Spaziergang am Mittelmeer evozieren, rast Pulp mit einem rostigen Traktor mit durchgeschnittenen Bremskabeln den Hang runter. Nimmt alles mit, Obst, Blätter, Zweige. Es ist laut, es ist langanhaltend, und es ist super obstig.
Die offiziellen Duftnoten sind:
Kopfnote: Bergamotte, Schwarze Johannisberre, Kardamom
Herznote: Feige, Roter Apfel, Tiare
Basisnote: Zedernholz, Pfirsichblüte, Praline

Nun, bis auf die Feige ist das alles nicht wirklich wahrnehmbar, die marmeladige Süße des Duftes ist matschig, klebrig, aber auch frisch. Keine Sekunde wird der Duft wirklich süß, er bleibt immer herb, dank den schwarzen Johannisbeeren. Ja, doch, die riecht man tatsächlich heraus, ich esse die unheimlich gerne als Marmelade. Der ganze Duft riecht wie ein Süßwarenladen, aber sehr erwachsen, vielleicht mehr wie eine gut ausgestattete Coktail-Bar. Meine Tochter findet den Duft spitze, sie ist allerdings auch sehr versessen auf Gummibärchen. Auch Byredo Blanche findet sie gut, also ist es entweder ihr guter Geschmack oder das Parfumhaus trifft ihren Nerv.

Die Haltbarkeit ist hervorragend bis penetrant, hier gilt: Viel Geld für viel Duft.

Wer also auf Feigendüfte steht, grundsätzlich auf fruchtige Sachen, sollte den testen und sich ein wenig Zeit beim Testen lassen.

Lustigerweise brachte BYREDO gerade eine blaue Flasche raus mit einem Duft, der BYREDO x Cactus Jack Space Rage Travx heißt. Er soll vom Weltraum inspiriert sein und duftet nach: kosmischem Staub, Antimateriepartikeln, Sternenlicht, dem Duft einer Supernova, atmosphärischem Dunst und dunklen Nebeln (Quelle: Fragrantica) und auch dort lese ich, dass es in Wirklichkeit der Duft Pulp sei, komplett anders verpackt und beschrieben, wodurch der Rezensent andere Nuancen am Duft entdeckt hat. Deswegen lese ich den Kram immer erst hinterher..!

Also, dieser Duft hat Jahre gebraucht bis er in meine Sammlung fand, ich bekam ihn geschenkt und habe mich darüber immens gefreut. Lustigerweise bin ich bei Parfums nie eine spontane Käuferin, es braucht Jahre, bis ich mich durchringe, etwas anzuschaffen und meist mehrere Anläufe. Wenn mir ein Duft nach Jahren noch in positiver Erinnerung bleibt, dann kaufe ich ihn. Der nächste wird Equistrius sein, das weiß ich jetzt schon, weil ich mehrere Proben hatte und den toll fand, und immer noch dran denke. Nur dass er jetzt doppelt so teuer geworden ist, meh.