Zeig mir Deine Uhr, und ich sage Dir wer Du bist!

Die Uhr ist das einzig kulturell anerkannte Schmuckstück des Mannes. WAR. Gen Z trägt jetzt auch Perlenketten, wie vormals auch, Tiffany’s hat die LGBQIT+ als Zielgruppe entdeckt und verkauft nun Verlobungsringe für “Männer”, gerne mit fünf Karat. Uhren für 5k oder für 25k oder für 1Million Keks – Sky is the limit!

Und natürlich geht es stets um den symbolischen Wert. Also um die Marke, und was damit verbunden wird. Technik und Ästhetik sind die Kirsche auf der Sahnehaube, allerdings wissen wir alle, dass diese niemals so teuer sein müssten. Es gibt bereits gute, schöne Automatikuhren ab 500 Euro, ab tausend Euro, und das ist schon der Endpreis. Was eine Rolex für 5K also in der Herstellung kostet? Wer weiß, aber was sie so begehrt und teuer macht ist definitiv die krasse Marketingmaschinerie dahinter. Das nötigt einem schon Respekt ab! Rolex ist einfach bekannt. Snobs kennen auch Dinge wie De Bethune oder Jacob & Co, aber natürlich ist das nichts, was man an den Handgelenken so tagtäglich sieht.
Nach einem überaus anregenden Gespräch mit einer erfolgreichen Ingenieurin, machte ich mir den Spaß und fragte auf Twitter nach Traumuhren. Meine Timeline füllte sich im Nu mit den üblichen Verdächtigen, die auch ich bevorzuge. Überwiegend cleane Ästhetik und technisches Raffinesse.

Doch geht die Diskussion vielleicht darüber hinaus – ist Luxus verwerflich? Ist es noch Luxus, wenn es für andere “erkennbar/sichtbar” ist? Ist “the untangible”, also das nicht Fassbare, der eigentliche Luxus? Ist Zeit ein Konstrukt, das uns abfuckt und hat gar nicht den Wert, dem wir es beimessen?
Luxusuhren vermitteln eine gewisse Art von Sicherheit und einen Gegenwert, was bei Uhren natürlich eine krasse Ironie sein kann, wenn man bedenkt wieviel Lebenszeit mensch dafür opfert, um sich so etwas ans Handgelenk zu schnallen, quasi eine tägliche Erinnerung an die Sklaverei der Lohnarbeit *höhö*

Bösartig wie ich bin, habe ich mir eine Auflistung der gängigen Uhrenmarken überlegt und einen Träger(sic) dazu assoziiert:

– Rolex bis 15k – Du hast Dir diese Uhr erarbeitet und zeigst es gerne, oder Du hast weder Geschmack noch Rückgrat und trägst das, was alle im Golfclub so tragen. Deine Gattin hat Dir eventuell von Deiner eigenen Kreditkarte das Teil zu Weihnachten gekauft.

– Breitling – Du bist sportlich und ein Vielflieger oder aber Du willst diesen Eindruck vermitteln, denn Du hast weder eine Taucherschein, noch gehst Du golfen, und in der Szene-Kneipe reisst Du auch niemand auf. Die Uhr hast Du eventuell günstiger im Duty-Free geschossen oder die Schwiegereltern haben dir mal “was ordentliches” zur Hochzeit geschenkt.

– Rolex ab 25k – Zuhälter. Schweinewirt. Eventuell ein Sammler. Oder Profi-Sportler. Eventuell korrupter Vorstand und die Rolex wurde abgeschrieben als Firmengeschenk.

– Rado – die schwarzen Keramikuhren sind Kult, und Du bist auch ungefähr so alt wie dieser Kult. Boomer! Eventuell hast Du die Uhr von der Oma übernommen und weißt gar nicht, was sie wert ist, sieht aber kultig aus, als Bruch zu Deinem Kapuzenpulli in der Agentur.

– Jaeger-Le-Coultre – Du bist ein ruhiger, erfolgreicher Notar, liebender Familienvater, innerlich ausgeglichen und äußerst kultiviert. Protziges kommt Dir nicht ins Haus, Du bist mit der Bahn ins Büro gefahren und das Haus auf Sylt ist in dritter Generation im Familienbesitz. Deine Bibliothek, dein Kulturabo, deine tolle Familie, und wer weiß, ob Du in Wirklichkeit nicht ein Kettensägenmörder bist.

– Cartier – Adel verpflichtet, und Du weißt das. Cartier hat die Armbanduhr erfunden und wie es kein anderes Label der Welt geschafft, stets ohne Werbung präsent zu sein, an jedem Handgelenk, an jeder Celebrity und irgendwelchen modrigen Royals. Die kleine Cartier gab es zur Konfirmation. Die große Cartier gab es zum Abschluß. Du hast ein Segelschein und fährst Ski, aber nicht in St. Moritz, das ist zu teuer. Deine 2-4 Kinder gehen aufs Internat, und Du selbst lebst recht bescheiden. Deine Kaschmir-Pullis haben Löcher und Deine Barbourjacke war schon Mal auf einer echten Jagd, Du hast sie aber auf einem Segeltörn mal mitgehen lassen. Etikette und Manieren sind nicht Deins, das brauchst Du auch nicht, und Dir beim Essen zuzusehen ist purer Schmerz.
Dein Bildungsstand ist genauso gekauft wie die Uhr, oder aber Du bist inkognito unterwegs und in Wahrheit der Sohn eines Ölscheichs.

– Nomos – Du bist Lehrer/Akademiker/Öko. Eventuell alles drei zusammen.

– Audemar Piguet – Auf dem ersten Blick erkennbar und am Handgelenk vieler Stars, Sternchen, Influencern und sonstigen Rich Kids. Völlig auswechselbarer Träger, daher hier keine weitere Erläuterung.

– A. Lange & Söhne – Dir gehört der Laden. Man kennt Dich, aber niemand wird in Deiner Nähe laut, nur respektvoll. Du hast Personal, das aus Überzeugung für Dich arbeitet. Du bist korrekt, sympathisch, ein guter Bürger und genauso langweilig, ebenso wie das perfekte Interieur und die perfekte Ehefrau, der perfekte Garten und die perfekt kuratierte Sammlung moderner Kunst.

– Patek Phillipe – Du bist eine Frau mit Geschmack, Eier und min. sechsstelligen Gehalt.

Welche Firma habe ich vergessen? Was tragt Ihr für eine Ihr? Welche wollt Ihr kaufen? Welche würdet Ihr niemals tragen?

P.S.: Ich habe eine Nomos, ich möchte eine Rolex Oyster oder Cartier Tank (es ist wirklich das Design), ich würde niemals eine Bicolor/Gelbgolduhr tragen.

Kleidung für Kinder

Mein Sohn hat eine perfekt kuratierte Garderobe, mit Socken passend zu den Schuhen und seinem Farbtypen entsprechenden Oberteilen (ich hege eine große Liebe für Petit Bateau). Nur ist er sehr groß, sehr schmal, und sehr Kind. Die Auswahl wird jedoch mit zunehmender Größe ziemlich mau, denn bunt ist nicht vorgesehen, und man hat die Auswahl zwischen Khaki, Grau, und Dunkelblau. Das sieht einfach traurig und düster aus. Dabei gibt es Farbe! Und Farben haben bekanntlich kein Geschlecht, weshalb mein Sohn gerne bunt trägt. Skandinavische Hersteller und Outdoormarken haben sich entsprechend darauf spezialisiert, diese Lücken abzudecken, und sie nehmen dafür viel Geld. Ist das denn überhaupt wichtig, diese Sache mit der Bekleidung?
Ich denke ja, es ist eine Art ästhetische Bildung und Bildung für Nachhaltigkeit – das Wissen um Farbgebung und Qualität der Stoffe und auch einiges Über Herstellung und Herstellungsbedingungen. Deswegen ist das Wort Kinderarbeit durchaus schon mal gefallen, und eine kindgerechte Aufklärung führte dazu, das Wünsche etwas reflektierter geäußert werden. Mit acht Jahren schon Bücher über Umweltverschmutzung zu lesen und über Mülltrennung zu dozieren ist das eine, es auch im Alltag zu erleben, das andere.

Und während es im Bereich Babykleidung alles in Öko und Schicki gibt, hört es im Alter, in denen die Kids ihre Klamotten einfach nur noch abrocken, damit auf. Dabei ist es eine ziemliche Lücke: Ich würde lieber häufiger waschen und dafür weniger und teurer kaufen. Es ist tatsächlich sogar umweltfreundlicher, denn die Herstellung und vor allem die Überproduktion verursacht viel mehr Müll und Energiekosten, als eine Waschmaschine, das bei 30Grad wäscht. Und das ist hinsichtlich Mental Load für alle eine Erleichterung, denn die Auswahl zwischen drei Pullis macht den Morgen vor der Schule etwas entspannter.
Doch “coole” Kleidung für Jungs, die gleichzeitig fröhlich ist, nicht nach dem ersten Trocknergang auseinander fällt, das in Europa hergestellt wurde, und bei dem Preis-Leistung stimmt – schwierig.

Meine Tochter wiederum sagte gestern, sie hätte genug Kleider – wer bist Du? Wohl kaum mit mir verwandt?! und suchte sich dennoch was “mit Blumen” aus. Sie sieht stets aus wie aus dem Kleidercontainer gezogen, eine wilde Mischung aus Farben und Mustern, Hosen mit Kleid, Trekking-Parka mit Tutu, doch passt es immer wieder zusammen. Die Mischung aus COS, Petit Bateau und H&M, wofür ich mich ziemlich schäme, bereitet mir Zahnschmerzen schon beim Hinsehen. Doch da ist das Problem ein ganz anderes: Mein ohnehin zartes kleines Wesen passt in den Klamotten “für Mädchen” nicht rein. Sexualisiert, winzig und mangelhaft in der Qualität: Das ist Kleidung aus der Mädchenabteilung. Eine Ausnahme ist COS (gehört leider zu H&M), die nur eine Kinderabteilung haben, die nicht nach Geschlecht getrennt ist. Alles ist bunt, und alles ist wirklich Unisex. Die Kleider haben alle Taschen! Weshalb ist das immer noch besonders?!
Obwohl es nur Kleidung ist, empfinde ich es für Mädchen auch nochmals als Herausforderung: Der Wunsch nach Tutu ist kein Widerspruch dazu, Astronautin werden zu wollen, aber es gibt keine Vorbilder. Es gibt entweder “Junge” oder Tussi. Und so bringen wir Mädchen bei, dass sie nur so oder so sitzen sollen, damit man ihnen nicht unter dem Rock schauen kann, statt Jungs entsprechend zu erziehen oder Mädchenhosen zu haben, die fröhlich-bunt sind und ausreichend Bewegungsfreiheit erlauben.

Diese Unterscheidung zieht sich also bis ins Erwachsenenleben hinein, und nicht genderkonforme Menschen leiden darunter. Überhaupt ist die permanente Trennung zwischen zwei Geschlechtern eine unseriöse Sache, ist diese biologisch und somit wissenschaftlich nicht belegbar und eine rein kulturelle und gesellschaftliche Entwicklung.

Die Kleidung ist dabei nicht mal das Erste, womit man konfrontiert wird, aber gehört, zusammen mit Spielzeug, zu den ersten Dingen, die die Kinder lernen: Es gibt Sachen für Mädchen und Sachen für Jungs. Mein Sohn wird wohl kein Kleid anziehen, aber hat Nagellack drauf. Meine Tochter findet rosa Lego toll, aber baut Türme und Autos.

Und weil es Kleidung für Kinder heißt: Bunt und bequem soll sie sein, so wie unsere Kleidung ja auch. Und wer erwachsen sein möchte, kann gerne schwarz tragen – ich tue es zumindest sehr gerne, ist aber auch so ein Wäschesparding LOL.

Eine ganze wichtige Sache dürfen wir nicht vergessen: We don’t owe you pretty (Wir schulden es Dir nicht, hübsch zu sein)..
Das gilt für Kinder, das gilt besonders für weibliche Wesen, und das gilt für alle: Niemand schuldet seiner Mitwelt, “gut” auszusehen.
Viele von uns wollen es, und es wäre toll, wenn wir es jeweils für uns definieren.

Lasst uns für unsere Kindern eine bessere Welt hinterlassen.

Eitelkeit oder angeborenes Bedürfnis nach Ästhetik

Heute bekam ich eine Nachricht von einem potentiellen Klienten. Zwischendurch fiel der Satz: Ich bin aber ziemlich eitel. Da musste ich erst grinsen, dann schmunzeln, dann war ich kurz verwirrt – klar ist jede:r eitel. Ist jede:r eitel?! Dann war ich erfreut, weil es gut und wichtig ist, um seine Sichtbarkeit auch ins Souveräne zu überführen. Mit solch einer Prämisse, laut ausgesprochen zumal, lässt sich gut gemeinsam arbeiten.

Wir lieben Musik. Es ist ein ästhetisches Vergnügen. Wir lieben Farben, Muster und Symmetrien. Kinder beginnen sehr früh eigene Vorstellungen zu entwickeln was bestimmte Farbgebungen, Formen und Haptik betrifft. Sehr zum Leidwesen der Eltern nebenbei bemerkt. Bei meinen eigenen Kindern beobachtete ich auch, dass sie aus dem Bauch heraus die “richtigen” Farben auswählen. Das scheußliche Mint-Poppel-Verwaschen-Grün ist an meiner Tochter einfach wunderschön und edel. Kreischiges Zitronengelb verwandelt sich an ihr in leuchtendem Glück. Was übrigens farblich nicht passt, wird nicht getragen, – wer Farbberatung braucht, wende sich an mich, ich frage meine Tochter LOL.

Im Ernst: Eitelkeit ist sicherlich irgendwie auch biologisch geprägt, mensch will anziehend sein für das jeweilig präferierte Geschlecht, man will sich als Alpha erkennbar machen oder eben nicht.
Menschen , die behaupten nicht eitel zu sein, sind häufig mindestens fest gefahren, was ihr Äußeres betrifft; und somit per Definitionem auch eitel. Wer sich wohlfühlen will, und das geht nicht nur mit bequemer Kleidung einher, diese ist quasi Vorbedingung, will wissen, dass sie auch “gut” aussieht, wobei die eigene Ästhetik nicht nur am wichtigsten ist, sondern eben auch subjektiv. Mode gibt es ja auch nur, um diese subjektive Ader herauszunehmen, damit man eben mehr konsumiert: Nach der jeweiligen Mode/Ästhetik.
Wer seinen Stil gefunden hat, kann drumherum oszillieren, wird aber immer stilvoll statt modisch bezeichnet werden. Stil kann man immer zeitgemäß übersetzen, wenn man möchte.

Eitelkeit gehört jedoch zu den Todsünden, was auch sehr interessant ist. Warum? Was ist die Absicht dahinter, Eitelkeit zu verbieten? Nun, Eitelkeit führt zu Sexualität, führt zu Macht – das ewige Paradigma des Menschseins, und ja, Erkenntnisgewinn in diesem Paradigme zu sehen wäre schön, aber streben wir das wirklich an?! Wer ein Wissensvorsprung hat, verfügt am Ende auch über Macht.

Eitelkeit kann also eine gute Eigenschaft sein, weil sie einen als trivial angesehenes Bedürfnis befriedigt und damit den Menschen ja eigentlich auch befriedet. Gut gekleidet ist man gut gestimmt. Eine einfache Formel. Wer lächelnd einen Blick in den Spiegel geworfen hat (das habe ich gerade getan!) ist besser gelaunt. Dafür muss man keine Studien bemühen und kein Serotonin- und Oxytocin-Spiegel messen.

Da erinnere ich mich auch an das Kita-Kind, das von den Eltern mal nicht in dem Junge/Mädchen Ding gesteckt wurde: Er liebt Nagellack und geblümte Stoffe, trägt eh alles was weich ist, also auch Leggings, und ist stets eine Augenweide. Ist er eitel? Nein, er ist frei, seiner Ästhetik zu genügen. Respekt an den Eltern, die das Privileg, das sie haben weiter geben.

Eitelkeit im beruflichen Kontext? Nun, kann tödlich wirken, zumindest auf taktischer Ebene. Wer Interna preis gibt, um schlichtweg anzugeben, ist nicht gut beraten. Wer sich hingegen gut kleidet oder besonders kleidet, wird eher wahrgenommen, rein nach dem Motto: Wer nicht sichtbar ist, findet nicht statt. Und natürlich ist ein gepflegtes Äußere etwas, was wir sofort wahrnehmen, ohne es benennen zu können. Eklige Fingernägel, ungepflegte Haut/Haare, ja, das ist die angeblich nicht vorhandene Eitelkeit schnell ein Boomerang.
Diese explizite “Mir doch egal” ist ja immer so eine Sache. Ja, wir sollten alle weniger nach dem Äußeren urteilen und das am besten gar nicht kommentieren, zumal bei Frauen. Aber wir können es nicht anders, weil wir anhand des Äußeren, der Kleidung, schon sehr viele Informationen aufnehmen und diese unseren Erfahrungen entsprechend einordnen. Wir können ja nicht frei von Urteilen sein; das nennt man Sozialisation und Kodifizierung. (Hilfe, das wird schon wieder zu intelektuell, hoppla…)

Eitelkeit also ist etwas zutiefst positives, es ist Liebe und Wertschätzung und auch Genuß. Punkt. Einfach mal zugestehen. Dann wird es auch nicht extrem.

Trends, die ich nicht mehr sehen kann

Ich gebe zu, ich habe eine leichte Instagram Vergiftung. Man kann vielen aufklärenden Accounts folgen, Journalistinnen, es gibt Kultur, aber ich, ich mache was mit Mode und Schmuck und gerade letzteres ist für mich eine kleine Alltagsflucht.

Natürlich ist es schwierig, wenn man wie ich keine Verfechterin von Trends ist, sondern eher Stil bevorzugt. Meiner ist leider unverändert geblieben und ich habe mich nicht neu erfunden; jegliche Versuche gingen nach hinten los. Und ich möchte wirklich betonen, dass ich meinen sehr langweiligen Geschmack keineswegs versuche, auf andere zu übertragen: Ich bringe ausreichend Empathie auf, um auf Grundlage deren Stils arbeiten zu können. Niemand muss “so” oder “so” aussehen – innerhalb der eigene Möglichkeiten einfach das beste rausholen gilt!

Trotzdem, es gibt ein paar Sachen, die ich wirklich nicht mehr sehen kann. Vielleicht ist das jetzt einfach eine kleine Polemik.

– bauchfreie Oberteile. Bitte, wir haben nächste Woche minus zehn Grad. Und ja, ich kaufe gerne das komplette Kleidungsstück, nicht nur den oberen Teil.
– Schmuck, der gelayert wird. Mehr ist nicht mehr und nicht besser und manchmal nicht gut! man kann sich behängen wie ein Weihnachtsbaum, besonders beliebt sind ja Modelle, die ich gerade die letzten Jahre zum einschmelzen gebracht habe, weil sie einfach hässlich sind. Panzerketten. Das ultimative Ghetto-Accessoire, nun völlig unironisch an den Hälsen weißer, privilegierter Studentinnen-Uschis.
– zierlicher Schmuck. Ja, sieht hübsch aus, aber auch nur wenn man von den Ringen vier nimmt, und auf einmal hat man doch über 1000Euro ausgegeben, und die Dinger gehen schnell kaputt, und überhaupt, es sieht alles aus wie Modeschmuck.
– Combat-Boots. Die klobigen Stiefeletten mit klobiger Sohle erinnern arg an Laura Craft Zeiten, an Techno-Szene und weiße Handschuhe, und sind nicht einmal praktisch. Ja, es lässt selbst einen Elefanten zierlich wirken, das mag sein, aber trotzdem…
– Sneakers. Es ist nachgewiesen, dass sie orthopädisch eine Sünde sind und dazu machen sie Käsefüße. Kinderarbeit kommt erschwerend hinzu. Daumen zig mal runter!
– Logo-Shirts und -taschen. Ja, Balenciaga, ja Chanel, ja Du bist geil, hast eine Handtasche für sechs tausend Euro um den Hals und wir alle sind arme Neider und Opfer. Ich nehme hier natürlich meine Handtaschen-sammelnden-Freundinnen aus, die sind besessen, und das kann ich verstehen. Oh, und blame it on me, denn ich besitze auch ein Logo-Sweatshirt, aber das ist eben schon alt, und da war ich Trendsetterin. Außerdem ist die Marke in DE eher unbekannt.
– die weite, bis zum Knöchel gehende Hose, eine verlängerte Culotte sozusagen. Der Trend kommt scheinbar aus China, einfach mal China Street Style googeln und sich an den fashionpornösen Dingen ergötzen. Geht auch nur, weil die Physis, die man dafür benötigt, sehr schmal und dünn und gerade ist.
– Die Bauchgürteltasche, eine Reminiszenz der Sexworkerinnen-Szene der 90er und vermutlich auch danach. Viele Dinge sind in die Populärkultur eingegangen, die ein Distinktionsmerkmal von Randgruppen war, wie Tattoos und Acrylgelnägel. Zwischen Tabubruch und Cultural Appropriation tanzend, haben bestimmte Dinge einfach immer noch ein Geschmäckle, je nach, wo und wie man aufgewachsen ist.

Am allerschlimmsten jedoch ist die schönheitschirurgische Massenangleichung, eine Schwemme schmaler Nasen, aufgespritzer Lippen, hochgespritzter Wangen und zurechtgezogener Gesichtspartien. Und das bereits ab Mitte 20. Da bin ich immer noch unentschieden, wie ich das finde. Autonomie über den eigenen Körper, ja, aber auch Unterwerfung unter modischen Idealen.

Tja, die individuelle Freiheit ist wohl auch eine gern genutzte Lüge.

Schön übrigens, dass auch Männer sich dem Diktat unterwerfen, denn selbst Milliarden reichen nicht aus, um aus einem Nerd einen heißen Dude zu machen, siehe Elon Musk und Jeff Bezos.

Nachhaltigkeit und Fashionbranche – was das Körperbild über die Urheber sagt

Let’s face it: Schwache Männer wollen unsichtbare Frauen.

Nachhaltigkeit in der Fashion-Industrie geht über den Einsatz von materiellen Ressourcen und das Gebot der fairen Bezahlung hinaus. Sie bedeutet zeitgleich Inklusion, denn sie hat einen krassen kulturellen Einfluß auf uns alle.
Angefangen mit Kinderkleidung: Es gibt rosa und blau. Rosa ist sehr schmal, sexualisiert, und teuer. Blau ist mittlerweile auch sexualisiert, wenig fröhlich-dekorativ gehalten, und sehr an Erwachsenen-Kleidung orientiert. Das bestimmt schon im frühen Kindesalter das Bild von Mann und Frau. Wehe denen, die sich mit traditionellen Rollen nicht abfinden mögen, und dafür muss mensch nicht einmal queer sein.

Weiter geht es also mit High Fashion: Die Kleidung, die man für 10-, 20-, 30-Tausend Euro auf Designer-Laufstegen sieht. Sie setzen Trends, die für uns von Fast Fashion Produzenten in Massenware kopiert werden und in endloser Überfülle auf den Markt geworfen werden.

Die Laufstege? Waren es heuer noch Typen mit Muskeln und Frauen mit Brüsten, ist es wieder sehr androgyn geworden, aber in erster Linie: Dünn. Kaum ein Model, das kein Untergewicht hat, und die wenigen, normalen Frauen (Männer habe ich nicht im inklusiven Größenbereich gesehen) werden als große Ausnahmen gefeiert. Auch die nicht-europäischen Gesichter sind endlich mal auf dem Laufsteg sichtbar, aber trotzdem herrscht dort bevorzugt die weiße Norm: Glatte Haare, schmale Nase.

Mein persönliches Problem mit dem Körperbild? Auch ich bin schlank und definitiv normschön, weshalb mich das wenig belasten sollte, aber das tut es trotzdem: Zum einen weil es immer noch dünner geht, und weil Kleidung dann tatsächlich besser ausseht.
Zudem lässt mich meine Arbeit mit anderen Frauen immer wieder das erfahren: Das Körperbild ist so stark genormt, das Selbst-Akzeptanz eine Form von Rebellion zu sein scheint.

Das Dünn-Sein als Norm wird von Wissenschaftler:innen als Unsichtbar-Machung bezeichnet. Und wer kann es nicht leiden, wenn eine Person neben ihm/ihr sichtbar wird? Natürlich ein schwacher Mensch!

Nun ist das Gros der Fashion-Designer mit wenigen Ausnahmen männlich, und sie bestimmen einen androgynen, schmalen und männlich-jungenhaften Körper als Norm.
Wer jetzt Maria Chiuri und Miuccia Prada ins Feld führt: Ja, auch die Frauen; zum einen ökonomisch getrieben, wie es Miuccia Prada selbst zugegeben hat, zum anderen auch aus einer Kultur kommend, die das Dünnsein als Disziplin und Ästhetik auserkoren hat. Die kultivierte, ältere Frau ist sehr schlank und wohlhabend: Die Klientel passt sich an dem Markt der sich an der Klientin anpasst. (In Deutschland fällt Alice Schwarzer auf, die bekanntlich Yohji Yamamoto trägt und sich nicht dem Schlanhkeitsdiktat unterworfen hat.)
Surft man die erfolgreichen Influencerinnen heraus, die tatsächlich das Kapital für den High-Street Markt haben, sieht man, dass sie ausgesprochen schmal sind.
Lustigerweise ist das sich unterwerfen der Unsichtbar-Machung bei zeitgleichen Wunsch, sichtbar zu sein, ein aussichtsloser Kampf.

Doch mich treibt eine andere Frage um: Was sagt es eigentlich über die überwiegend männlichen Designer, Photographen und Stylisten?

Nun, ich picke mir ein Beispiel heraus: Alexander Wang. Er gibt bestätigte Vorwürfe (siehe Instagram Account von Diet Prada) von sexuellen Übergriffen gegenüber anderen Männern und Frauen. Es ist quasi eine urbane Legende, dass er auf Parties Leute abfüllt oder Drogen verabreicht. Das prominente Umfeld kennt es und toleriert es, weil es scheinbar als Standard durchgeht. Nicht vergessen, dass man sehr wohl wusste, was Epstein und Konsorten für Menschen waren, und sie trotzdem hofiert wurden.
Alexander Wang ist also jemand, der glaubt das einfach tun zu können, und sein Handeln bestätigt ihn. Moralisch verkommen? Es geht darüber hinaus, leider: Er ist ein Verbrecher.

Mit der Gefahr homophob zu wirken, wir als Frauen tragen Dinge, die von Männern gemacht werden, die Männer mögen – Und Frauen fürchten? Sexuelle Orientierung dahin gestellt, die Fashion-Industrie ist ein Schaulauf toxischer Männlichkeit und Narzissmus. Kein Wunder, dass die wenigen erfolgreichen Frauen eher im Hintergrund bleiben, bis auf wenige Ausnahmen. Keine Skandale, keine Dokumentarfilme, kein Posing auf Instagram.

Beispiel: So zeigte zuletzt auch Yves Saint Laurent, die mal schön Yves rausgestrichen haben, wie Frauen zu sein haben: Dünn. Sehr dünn. Der Designer Vacarello schickte die Models in die Wüste, in Highheels. Man könnte ob des Wortspiels im Deutschen fast schon darüber lachen…

Beispiel: Dieses Jahr hat das erfolgreiche und sehr dünne Model Stella Tennant Selbstmord begangen hat, und auch wenn es nur eine Mutmassung ist, der Verdacht liegt nahe dass eine so toxische Branche einen Einfluss darauf hatte. In Erinnerung bleibt mir das Bild, auf welchem sie schrecklich abgemagert posiert – wurde als Hommage von einem berühmten Designer oder Stylisten auf Instagram, gepostet.

Das sind drei Beispiele dafür, wie letzten Endes eine zutiefst toxische Männlichkeit, die sich auch gegen Männer richtet, absolut entlarvend wirkt.
Umso interessanter und wichtiger, die positiven Beispiele zu finden, die dies nicht tun – eine Expertise sondergleichen, weil auch ökologische Mode häufig in diesem Bereich nicht inklusiv ist.

Übrigens, eine sympathische, britische Aktivistin, die sehr empowernd und transparent ist: