Diesen Beitrag unter Kultur abzuspeichern tut mir schon fast weh, aber sei es drum, die eigenwillige Bubble, die sich dort herumtummelt, würde das als Kulturprogramm titulieren. Man kann sich ein Glas Wein oder gleich eine ganze Flasche kaufen, das sagt eigentlich alles. Das dritte male dass ich dieses Jahr Alkohol getrunken habe, denn nüchtern konnte ich mir das nicht geben.
Das Niveau der Kunstwerke ist okay, einiges ist fancy Baumarkt, einiges war wirklich gut, “echte” Kunst boten die drei Newcomerinnen an. Es ist eine gute Gelegenheit für Künstler*innen, Kunst loszuwerden, denn man muss ja auch von etwas leben, und “reich und berühmt” werden die wenigsten. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Erfolg nichts mit der Qualität der Werke zu tun hat, sondern mit dem Netzwerk, zu dem man Zutritt hat.
Angenehm aufgefallen ist mir ein lithuanischer Künstler, der mich an frühe russische Expressionisten erinnert hat. Leider hatte ich keine 1600 Euro übrig für das eine Bild, aber wer hat:
Es ist natürlich so, dass man als Kunstkennerin schon einen Eindruck bekommt, welche Künstler*innen oder gar Werke als Inspiration dienten, man sagt auch, welcher Tradition sie folgen. Es gab viele Sachen wo ich die Augen gerollt habe, zwei haben mich regelrecht empört, und wisst ihr was? Exakt diese Sachen waren an dem Abend auch weg. Kommerzieller Erfolg > künstlerischer Erfolg, Kapitalismus sei Dank. Übrigens: beides Blümchen-Bilder.
Als ich vor einem Mohnblütenbild stand, dachte ich sofort an Baumarkt und “Love, Live, Laugh” Holzbuchstabendekor. Trivial ist nicht schlecht, hübsch ist nicht schlecht, aber es war wirklich auf Baumarkt-Niveau. Vielleicht ein Hauch japanisch, das war aber schon eine sehr wohlwollende Betrachtung. Nun ergab sich eine maximal peinliche Situation, denn am Ausgang traf ich ausgerechnet die einzige Person, die ich dort kannte, mit drei Bildern unterm Arm. Und was? Zwar nicht die schrecklichen bunten Blumen, die wirklich scheußlich waren und an Ostblock-Bettwäsche erinnerten, sondern die Mohnblumen! Und da hörte ich mich ungläubig sagen: Sie haben diese Baumarkt-Sachen gekauft?! Im Nachhinein ist das eine unglaubliche ignorante Bemerkung meinerseits gewesen, einfach weil es mir nicht zusteht.
Aber, wie mir mal jemand sagte: Geld und Geschmack treffen selten aufeinander. Quod licet bovis non licet iovis LOL Okay das war jetzt auch gemein, aber verdient.
Aber kommen wir zu den viel spannenderen Inhalten der Vernissage: Die Leute. Ich hatte mich extra nicht schwarz gekleidet wie sonst, und weil ich mit der Bahn unterwegs war, auch nicht schick gemacht, bis auf meinem knalligen Lippenstift. Oh, das war ganz und gar unpassend! Denn es war eine sehr schicke Veranstaltung, schicker als die Oper muss man sagen, aber in die Oper gehen vermutlich eher tatsächlich kulturell interessierte Menschen hin.
Die Dichte der Designerhandtaschen und Highheels war sehr hoch. Ebenfalls habe ich das erste Mal in Hamburg ordentlichen Schmuck gesehen, und ich meine damit nicht die ubiquitären Cartier Armbänder. Die Menschen waren alle sehr gut gekleidet und auch gut aussehend, eine herrlich eitle Menge. Natürlich einige junge Damen auf Männerfang, einige interessante queere Leute, aber kein Fußvolk – außer mir, die die Vernissage als Arbeitstermin verbucht hatte.
Modisch aufgefallen ist mir allerdings eine Sache: Lange Röcke, kaum Haut. Selbst die sexy Outfits wirkten züchtig. Keine dicken Menschen. Wenn wir also von Klassismus reden, dann ist es unmittelbar mit Fettfeindlichkeit verknüpft und auch mit Ableismus, herrliche Ambivalenz zu einer Ausstellung, die ausgerechnet “affordable” im Namen hat. Mir schrieb eine Followerin auf Insta: Fart Fair und… ja.
Nun wollte ich Kunst gucken, bekam stattdessen die Rentiers Hamburg zu sehen, und die harsche Realität des Kapitalismus: Stil, Geschmack, Bildung sind nichts wert ohne entsprechendes Kapital. Sind wir ehrlich, die guten Sachen lagen alle bei 6000 Euro aufwärts. Eine Skulptur, ein Bild aus aufgenähten Banknotenschnipslen, eine große Fotografie. Also, mit 20k wäre ich dabei gewesen, hätte allerdings entsprechende Arbeitsräume benötigt, um den Kram abzusetzen, wie sich das gehört.
Wer meinen Geschmack und meine Dienste in Anspruch nehmen möchte, ich bin buchbar, natürlich und gerade für Unternehmer*innen, die im Zuge eines fundierten Image Consultings von Outfit bis zur Kunst an der Wand eine kohärente Bildsprache wünschen. HMU sagt man im Internet: Hit me up!