Bayreuther Festspiele als optische Herausforderung

Mit Tickets bis zu 500 Euro und einer Anziehungskraft von Null fürs junge oder jungebliebene Publikum, sind die Bayreuther Festspiele das Sammelbecken der deutschen Elite. Okay, Elite ist ein Euphemismus für… geerbtes Nazigeld und den Intellektuellen, die auf eben jenes GeldNetzwerk angewiesen sind (Ciao Giovanni!). Die französischen Salons quasi, die heutzutage eben öffentlich stattfinden.

Nun geht man nicht nach Bayreuth um Parsifal zu hören, und sich den Hintern schmerzhaft platt zu sitzen, sondern um gesehen zu werden; und mit etwas Glück in der Bild der Frau zu erscheinen. Politiker*innen und Unternehmer*innen sowie die Spezies Gattin von – neuerdings auch Tochter von – zeigen abermals deutlich, warum Deutschland als Mode-Land bestenfalls ein europäisches Schlusslicht war, ist und bleiben wird. Jil Sander, es tut mir leid..!

Man hat sich diese Saison an monochrome, knallige Off-Shoulder Looks gehalten. Das Wissen, dass man zum Abendkleid keine Handtasche, sondern eine Clutch, also eine Abendtasche trägt, hat sich auch 2025 nicht durchgesetzt. Ricarda Lang und Angela Merkel wissen es – sie können sich ja auch ihre Stylist*innen bezahlen lassen. Die saisonale Farbe Gelb wurde interessant interpretiert, sprich immer schön am Farbtypen vorbei, am liebsten in gülden.

Den Vogel abgeschossen hat Söders Gattin in einem glitzernden Pailletten-Alptraum, nebst Frau Merz, die in einem Yves-Klein Blau komplett unterging als Person, dafür konnte man sie nicht übersehen *Augenkrebs einfügen*.

Aber es gab auch gute Beispiele, wo Geld auch mal auf Geschmack trifft: Das Ehepaar Dierl, eine Augenweide, bis auf ihre Handtasche (gülden mit Griff oben). Margarita Broich, Schauspielerin – ebenfalls eine Augenweide im tiefgrünen Samtkleid. Frau Stoiber – nun, politische Richtung abgesehen, sehr passend und schön gekleidet.
Frau Haseloffs Kleid war mein Fave, sie ist Zahnärztin und der Typ dazu MP von Sachsen-Anhalt. Schwarz, goldene Details, schlicht, absolut chic mit 70er Jahre Vibe.

Zusammengefasst: Optisch herausfordernd, die durchgeschwitzte Tasche unter der Achsel baumelnd (ich weiß, ich habe so eine auch noch im Schrank von vor 20 Jahren, aber der Y”K Style ist für unsere Kinder, nicht für uns!!) und auf abgelatschten Schuhe in den Faschismus, mit Wagner in Bayreuth – wie passend! Sind diese Leute repräsentativ für das Land oder nur für ihre Generation?

…die Zukunft wird es zeigen.

Neurodiversität und Kleidung – Hass oder Liebe, man kommt nicht drumrum

Mittlerweile nutze ich den Blog auch um aufzuklären – was Neurodiversität ist, sollte mensch wissen, aber was hat es im Alltag auf sich und wie kann man damit leben? Denn alle in meinem Umfeld sind neurodivergent, die Kund*innen eh, manche wissen es, manche würden sagen Bullshit, weil es das Selbstbild leider für viele nicht zulässt: Aus internalisiertem Ableismus.

Eine Sache, um die wir alle nicht drumrum kommen: Kleidung. Es ist eine Notwendigkeit und darüber hinaus ist es die sofortige Botschaft nach draußen, wer man ist oder vorgibt zu sein. Dass man natürlich nicht danach urteilen soll… blabla, wir tun es.

Es gibt zwei Strömungen bei dieser Gruppe (und dazwischen natürlich auch alles): Liebt Kleidung und Accessoires, hat da sogar ein Special Interest, also eine besondere Passion dafür, oder aber hasst es, nicht aufgrund Konventionen, sondern weil Kleidung ein sensorischer Alptraum sein kann. Überall reibt es oder es engt ein, Schilder die pieksen und Stoffe, die Hitzegefühle erzeugen, urgs. Socken!! Es gibt Leute, die Socken hassen.

Mich als Beispiel: Es ist definitiv mein Special Interest, UND sensorisch bin ich sehr speziell. Es muss gut aussehen und zusammen passen, alles – und es muss sich gleichzeitig gut anfühlen. Da fallen auch schon mal Dinge raus wie gebürsteter Kaschmir, was sich toll anfühlt und schön aussieht, aber angezogen zum kitzelnden Alptraum wird.

Nun geben viele auf und sagen, Sche*ss auf Klamotten – das ist möglich, hat aber auch Konsequenzen im Alltag. Wer gut aussieht, wird bevorzugt, und das ist keine Frage des Geldes, sondern von subtileren Dingen wie Farbgebung und Passform. Zuhause sitze ich ohne Hosen am Schreibtisch, keine Frage, aber “draußen” ist meine Hose in der perfekten Länge hochgekrempelt und mit dem perfekten Oberteil kombiniert.

Diejenigen, die das als Special Interest haben, müssen wiederum aufpassen, nicht zu viel und zu beliebig Sachen anzusammeln. Das kann Spaß machen, wird aber irgendwann zu einer mentalen Belastung, egal wie groß der Kleiderschrank ausfällt. Die Qual der Wahl sage ich nur. Da muss eben durchgegriffen werden… das ist für alle Beteiligten hart.

Wer schlau ist, setzt Regeln und Routinen ein, um das Rauschen zu reduzieren. Wer schlau ist, nutzt Kleidung gezielt, um seine Umgebung zu informieren. Das tun wir sowieso, warum nicht also den Effekt auch gezielt nutzen?

…natürlich frage ich mich, ob neurodivergente Menschen Hilfe brauchen, und persönlich beantworte ich das mit ja. Auch bei solchen angeblich trivialen Dingen. Es steigert den Komfort und den Selbstwert und reduziert die mentale Belastung und das Rauschen. Damit ist man nämlich als neurodivergenter Mensch immer beschäftigt, allerdings unbewusst – deswegen entstehen Süchte wie Alkoholsucht, weil dieses Rauschen zu viel ist und man etwas braucht, um es zu reduzieren. War der Tag zu laut, zu krass, zu viel, da hilft die halbe Flasche Rotwein zum runterkommen. Deswegen ist es wirklich wesentlich, den Alltag “rauscharm” zu konzipieren, und dazu Mechanismen zu entwickeln, wie man die Belastung reduziert.Da gehört auch Kleidung zu! Innerhalb seiner persönlichen Möglichkeiten eben.

Und Identität ist eine wichtige Sache. Das wird nämlich permanent siganlisierte mit dem Äußeren, und das ist eine interessante Sache, sind viele neurodivergente Mneschen stets damit beschäftigt, sich anzupassen, oder eben nicht anzuecken. Da die goldene Mitte zu finden… denn nichts drauf geben geht eben nicht für alle Jobs beispielsweise. Was in Deutschland allerdings echt noch in Entwicklung ist: Der Mut, sich auszudrücken. Das gelingt Gen Z und Gen Alpha mittlerweile gut, wobei man sich fragen muss, ob sie nicht alle ihre Identität von TikitOki beziehen. Ist aber legitim, mensch muss sich ausprobieren, egal wie visuell herausfordernd das wird. LOL @ Miniatur – Schultertaschen und tiefsitzende Jeans.

Das erste Mal: Male Gaze ignorieren

Es fing damit an, dass ich aus Spaß eine Jeans in der Herrenabteilung anprobierte. Sie passte und saß ganz gut, sehr hoch, aber dafür ordentliche Qualität. Dazu war sie spottbillig – 23 Euro statt den 230 Euro, die ich bei CLOSED gelassen habe.

Dann probierte ich in der Herrenabteilung ein sehr schönes Hemd an, das mir irritierenderweise auch passte, wenn es auch eben wie ein Herrenhemd sitzt und eingesteckt werden muss. Vielleicht lasse ich es noch umändern, eher nicht, es hat einen eigenen Charme: Rosa gemustert, aber klassisches Herrenhemd.

Dazu hatte ich beizeiten weite, kastige T-Shirts geshoppt, die mich komplett verschwinden lassen. Zu einer ebenfalls weiten Jeans. Interessanterweise sind die Sachen aus der Herrenabteilung massiv günstiger, selbst wenn man noch umschneidern lässt, und qualitativ besser. Und sie haben größere Taschen.

…ich, die sonst auf Proportionen und Taille achte, habe mir den Oversized Look richtig gegeben! Sieht natürlich komplett anders aus, und ich musste meine internalisierte Misogynie echt überwinden. Es ist auch ein Stück Neurodivergenz dabei, komplett ausgeglichene Proportionen und alles zusammenpassend zu haben, das weiß ich, darauf lege ich besonders bei meiner Kundschaft wert; ein bisschen an mir und mit mir experimentieren erweitert jedoch mein Horizont und ich kann andere Menschen besser beraten. Ab dafür.

Der Hintergrund dazu: Unsere Ästhetik ist maximal geprägt von dem sogennanten “male gaze”, dem männlichen Blick. Enge Kleidung, hochgezurrte Brüste, Stöckelschuhe, insgesamt eine sexualisierte Art sich zu kleiden. Und natürlich soll frau sich nicht immer verstecken, gerade jetzt im Faschismus nicht, und auch hinterfragen, welches Ideal sie anstrebt und warum. Damit zu brechen kann eine gute Übung sein für die Selbstwahrnehmung.

Hängt mein Selbstwert von meinem Äußeren ab? Ich würde lügen, wenn ich nein sagte, schließlich habe ich pretty und thin privilege. Also das Privileg des guten Aussehens, nicht ZU gut, und auch des schlank Seins.

Sich davon zu lösen steigerte tatsächlich meinen Selbstwert. Moment! Und warum dann überhaupt jemand anheuern, die einem sagt, wie mensch sich besser kleidet?! Weil es tatsächlich im Alltag hilft – Stichwort pretty privilege wieder – und weil es eine neue und bessere Perspektive auf einem selbst gibt, Stichwort Selbstwert.

Ändert sich das verhalten der Umgebung, wenn man nicht so richtig schick rumläuft?
Ja. Die Menschen um mich herum bestätigen das pretty & thin privilege, so ist es nun mal.

Aber: Mir hat es gut getan. Es ist super bequem und tatsächlich kleide ich mich immer noch interessant genug, um darauf angesprochen zu werden. Wachstum findet eben immer außerhalb der Komfortzone statt! Meine persönliche Lektion daraus: Ich liebe die billige Männerjeans, trage nach wie vor reichlich Rouge und Lippenstift, und schere mich noch weniger denn je um Größenschilder und Abteilungen.

Fashion Forecast mit Jonathan Anderson für Dior

Ich fiel in ein Fashion Loch ohne Boden aka rabbit hole und schaute zwei Tage am Stück Videoclips über Mode, Modehäuser, übers Modeln und über den Beruf des Designers. Gendern nicht nötig.

Designer sein bedeutet das Geld zur Arbeit mitzubringen, es ist unglaublich ausbeuterisch und schlecht bezahlt. Geld verdienen die zusätzlich zum Teil mit Weiterverkauf aus den Kollektionen oder aus dem Archiv, oder aber mit einem Zweitjob bzw. eigene Kollektion im Heimatland, wenn man denn einigermaßen ein Netzwerk hat. Mama und Papa sind die sichere Bank, die teure Wohnungen in Paris bezahlen – Geld mitbringen ist ein Muss, wie gesagt. Dagegen ist Academia schon fast human!
(Im Nachhinein bin ich froh, dass ich mir das damals private Studium nicht leisten konnte, mein Talent wäre sicherlich nicht überbordernd genug gewesen. Mit meinem Background an Wissen heute als Kulturwissenschaftlerin wiederum… reicht es für die textliche Auseinadersetzung. Für’s Auseinadernehmen!)

Modeln als Beruf ist auch eine mittlere Katastrophe – es gibt genug dünne, große Leute und mittlerweile reicht es nicht, zum Casting zu gehen, man bringt seine Social media Followenden am besten auch mit, denn die zahlen ein für sämtliche Kampagnen. Kontakte sind das A und O in dieser Branche, weshalb es wichtig ist eine gute Agentur zu haben, die gut in diverse Branchen vernetzt ist aka Hollywood. Geld? LOL!

Modehäuser? Schwierig. Es gibt unzählige gute Designer, die wir nicht kennen, weil zu klein, aber die Modehäuser, die berühmte Namen tragen wie Schiaparelli und Dior, sind mittlerweile eingebettet in Konzern-Giganten (LVMH bekanntestes Beispiel) und bedienen viele unterschiedliche Märkte: Die Highend-Kundschaft und alle anderen, die sich ein Hauch Luxus durch das Branding kaufen. Künstlerische Leistung gibt es also nur für eine Handvoll Betuchte, die gleichzeitig mediale Werbetafel sind; was aber auch die Branche ein bisschen demokratisiert hat. Es geht am Ende des Tages um viel Geld und das ganze Geschwätz von Kunst und Heritage verbrämt das einfach nur schlecht, meiner Meinung nach.

Bezüglich den kreativen Aspekten ist es ohnehin ein Graus – man soll den Ursprung der Marke erkennen, aber trotzdem immer wieder was Neues schaffen. Dabei haben die Designer ja eh eine eigene Sprache und es ist egal, welches Label dann drauf klebt. Make it make sense. Zwar ist der kreative Prozess immer wieder eine Interpretation und Neudeutung, und es ist sogar einfacher wenn man die Referenz hat und diese sogar nennen darf, aber irgendwie ist mir das nicht genug. Ein BOAHHH und AAAAHHH Effekt habe ich schon lange nicht gehabt.

Honorable mention im Bezug auf Designer für Rick Owens, einem sympathischen, asketischen und sehr interessanten Designer (okay, ich mag seine Sachen). Noch mehr mag ich seine Haltung und seine brutale Ehrlichkeit bezüglich sich selbst und der Szene, auch seine politisch gefärbte, deutliche Kritik an dem Status Quo, das immer wieder in seine Shows einfließt. Applaus. Auch wenn er sich immer wieder referiert, was er auch darf, und seine Sachen vielleicht nicht überbordernd innovativ sind, finde ich ihn genial, je mehr ich sehe. In seiner letzten Show pisst seine Statue von oben herab in den Raum, die Modelle, an denen Kleider hängen in einer Ausstellung sind sehr groß, übermenschlich, quasi Aliens; und die Models, die dann tatsächlich laufen, stampften kniehoch durch das Wasser, um hiernach backstage ihre Schuhe auszuleeren. Referenziert wurden hier: Klimakrise, Narzissmus der Fashionbranche, Über-Konsum und Wegwerfgesellschaft, um nur einige zu nennen. Genial.

Kommen wir endlich zu Jonathan Anderson, dem Jesus der Fashion-Branche, der alles und alle rettet, die ihm die Hand reichen. Weiterlesen…

Bad Taste Party in Venedig – die Hochzeit von Sanchez und Bezos

Okay, wollen wir dem Trash-Paar mehr Coverage geben? NEIN!

Doch! Weil wir hier hoffentlich den Anfang vom Ende sehen… quasi ein vorher für etwas wie die französische Revolution. Und ich sage nur: #eattherich

Wenn ein Milliardär eine von der Klimakrise bedrohten Stadt kapert, dann ist das keine Tragik, sondern massiv unverschämt. Sie können alles, die oberen 1% der Welt, eine Staaten kaufen, Präsidenten, und eine ganze Stadt blockieren. Die Politik in Venedig sagte, es sei Werbung für die Stadt – seit wann braucht Venedig Werbung?! Bitte! Wieviele Geldkoffer und Gefallen wohl involviert waren, wir werden es nie erfahren. Ist auch nicht wichtig, denn, im Gegensatz zu anderen Milliardärshochzeiten, gab es Proteset der Bürger*innen. USA would never.
Die Italiener*innen haben sich einiges einfallen lassen, Installationen, Proteste, alles verlief friedlich und war im Rahmen.

Aber wie lange noch?

Auffällig ist eine meiner Meinung nach maßgebliche Sache – man hat dieses Überschreiten der Grenzen choram publicum gemacht, diese “wir haben’s und wir scheißen auf euch” – Aktion. Ansonsten bemühen sich die Reichen und Schönen dieser Welt um mehr Diskretion und Anonymität, hier allerdings Fehlanzeige. Die Bad Taste Party ist als Titel eigentlich immer ironisch gemeint, hier war sie es nicht.

Alles, absolut alles war geschmacklos, ignorant und empathiebefreit. Selbst die Auswahl des Brautkleides, das sehr schön war, ist politisch und moralisch tendenziös: Dolce und Gabbana, das Designer-Duo, das mittlerweile mehr bekannt durch Rassismus und Rechtspopulismus ist als durch ihre Fashion-Shows.

Die Leute haben genug, sonst hätte es die Proteste nicht gegeben. Während wir auf aufgeweichte Papiertrinkhalme beißen, fliegen andere nicht zwei, dreimal im Jahr, sondern mehrmals in der Woche mit ihren Privatjets. Die vom Tourismus ohnehin schon verseuchte venezianische Lagune einfach mal zusätzlich mit Yachten belasten? Klaro!
Das wird nicht mehr lange gut gehen.

Noch sind die Leute zu zivilisiert, aber es regt sich immer mehr Widerstand gegen die wirtschaftlich herrschende Klasse (und nochmals, ich meine damit nicht den Mittelstand, ich meine damit Multi-Millionäre in dreistelligem Bereich). Schließlich waren Könige auch gottgegeben, bis… sie es eben nicht mehr waren.
Und was das Patriarchat damit zu tun hat? Es werden demnächst unglaubliche Summen in Frauenhand gehen. Geld und Macht korrumpiert zwar unabhängig von Geschlecht, aber es kann sein, dass Frauen ihre Macht doch ein wenig anders ausleben als mit Schaumpartys auf der Yacht.
Faschismus und Patriarchat gehen deswegen derzeit so gut zusammen, weil sie massiv diesen weiblichen Machtwechsel bekämpfen – wir werden sehen, wann und ob eine zweite französische Revolution ausbricht. Wenn nicht, tschüß Planet Erde, denn wir sind am Ar**h. Die Klimakrise wird alle betreffen, aber nicht alle gleich schwer treffen.

Diese Bad Taste Party hat meiner Meinung nach offiziell den Niedergang eingeläutet (passenderweise mit zwei Boomern…) und wir werden sehen, wann aus “tax the rich” als Hashtag im Internet mehr wird (hier Teufelchen-Emoji einfügen).