JO MALONE Pomegranate Noir Bodylotion

Tatsächlich habe ich diese Bodylotion im Bereich Duft aufgenommen, weil sie unheimlich stark parfümiert ist. Das ist aber auch Sinn der Sache in diesem Falle, denn einmal Eincremen ersetzt einige Sprüher Duft.

Mit Pumpspender in großzügigem Format (250ml), schniecke eingepackt in einem schwarz-weißen Karton, ist das ein perfektes Gastgeschenk für jemand, die alles hat. Straßenpreis 51 Euro.

Der Duft ist relativ herb und auch ein wenig süß, mit Beeren und roten Früchten, und ich finde es passt sehr gut zum BYREDO Duft Black Saffron, für den es keine Bodylotion gibt. Eher unisex als weiblich, empfinde ich den Duft als deutlich maskulin durch die Hölzer und den Patchouli.

Aber: Der Duft ist extrem heftig. Ich hatte den bei einer Freundin ausprobiert, die die Flasche im Bad sicherlich seit drölfzig Jahren stehen hatte, und sehr gemocht. Meine frische Bodylotion ist allerdings dermaßen stark beduftet, dass ich sie an den Händen nicht ertragen kann!
Die Lotion ist dabei recht reichhaltig, wird aber genau aufgrund des Duftes ihren Dienst nicht tun. So viel Parfüm kann nämlich zu einer Photosensibilisierung beitragen und das ist gerade für Hände, die so viel UV-Einstrahlung bekommen, absolut tödlich. Ja, so viel zum Thema was fancy auf dem Schreibtisch haben, um sich zwischendurch die Hände einzucremen und ein Hauch von Luxus zu bekommen! Nope.

Trotzdem habe ich einen soft spot für dieses Produkt, da der Duft wirklich schön ist, entspannend und wohlig. Ich trage ihn stattdessen auf den Armen ein und auch über den bereits eingecremten Bereich, und bilde mir ein, dass es dann “nicht so schlimm” ist. Fruchtig und rauchig ist gerade total meine Baustelle! Der Duft dazu kostet freche 60 Euro in der 30ml Version, und ehrlicherweise finde ich Jo Malone überbewertet, obwohl es hier und da sehr schöne Sachen gibt. Die Düfte haben eine miese Haltbarkeit und erinnern viel zu häufig an eine zugegebenermaßen Edelversion von Duschgelmarken wie Fa und Konsorten (ich gebe zu, ich habe in der Drogerie seit Jahrzehnten keine konventionellen Duschgels oder Shampoos gekauft und weiß gar nicht, was es da alles gibt).

Es ist natürlich auch ein Produkt zum angeben, wenn es da dekorativ und offensichtlich teuer im Badezimmer rumsteht und who am I to judge: Ich habe es exakt aus diesem Grund gekauft LOL!

FLORAïKU Enigmatic Flowers Kollektion I see the clouds go by

Es ist passiert-ich habe etwas aus Versehen gekauft, per Apple Pay. Und ich war zu faul, es zu stornieren oder vielleicht war der Betrag zu gering LOL – so kam ich zu einer Kiste mit Floraïku-Samples und werde die Düfte nun vorstellen.

Floraïku gehört zu Memo Paris, und ich würde sie fast der cultural appropriation beschuldigen, aber who am I to judge. Das Konzept sieht Düfte als Gedichte vor, die Flakons sind japanisch angehaucht, Ikebana, das übliche.
Die Parfümeurin ist Alienor Massenet. Sie mag Rhabarber in Parfüms. Das ist kein Scherz, das hat sie neulich selbst auf Instagram gepostet. Und sie mag es, Freude in Duft umzuwandeln!

Der Duft zaubert mir zumindest instantan ein Lächeln auf den Lippen. Die Erinnerung an Un Jardin Sur Le Nil ist sofort da, aber trügt. Je nach Tagesform meiner Nase wechselt der Duft zwischen Reiniger und Maiglöckchen, wird aber dann raffinierter und weniger “spritzig”. Es soll ein Soliflore sein, und zwar schwarze Johannisbeere, meine momentane Obsession.

Nun, die Duftnoten und die Beschreibung auf deren Website haben nichts mit meiner Probe zu tun, es sei denn, sie ist falsch beschriftet. Moschus und Kirschblüte, Zedernholz?! Wo?! Bergamotte und Petit Grain kann ich definitiv detektieren, insbesondere die Bergamotte, die ja so schnell ins künstliche Kloreiniger-Aroma kippen kann.

Die Haltbarkeit ist “as the cluds go by” und trotzdem bleibt ein Hauch des Duftes auf der Haut stehen, mehr ein Eindruck als ein Parfüm. Zwischendurch scheint die Sonne, zaghaft, freundlich, lächelnd, und die Zitrus-Note wird weich und macht etwas Platz, was ich beim besten Willen nicht mit Johannisbeere in Verbindung bringen würde. Vielleicht unreife Früchte? Grüne Rhabarberstengel? Ja, das würde ich eher konnotieren. Davana soll drin sein, Artemisia Pallens, ein Korbblütler und Verwandter von Wermut und Estragon. Ungefähr da bin ich raus, nicht ob des Estragons, sondern Botanik, habe ich leider keinen Plan von. Wenn man es essen kann kenne ich es manchmal, ansonsten: Pflanze, Baum.

Tatsächlich ist das eine leichtfüßige, fröhliche und transparente Interpretation von Jardin Sur le Nil, wesentlich ausgereifter und schöner – die Kollektion heißt nicht umsonst “misteriöse Blumen”. Der Duft braucht und entwickelt sich, er gefällt mir zwar auf Anhieb, dennoch muss er entdeckt werden.

Den Preis für 255 Euro halte ich allerdings für latent übertrieben. Überhaupt schwanke ich zwischen “großartig!” und dem Gedanken, dass ich einen Lufterfrischer draufgeballert habe.

Insgesamt ist das Konzept schlüssig: Leichtigkeit, Transparenz und künstlerische Wirkung, trotzdem haut es mich einfach nicht um. Wer allerdings einen hochwertigen Ersatz für den Hermès Duft sucht, weil den einfach alle haben, könnte sich hier mal umtun.

BYREDO Black Saffron Eau de Parfum

EDIT:

Es ist wie es ist, der Duft gefällt mir und die Haltbarkeit überzeugt, ich mag in diesem dunklen Beet aus Himbeeren und Veilchen und grünen Zweigen aufwachen. Das Staubige entpuppt sich beim hundertsten Test als Veilchen? Vetiver? Safran ist tatsächlich auch “staubig” – jedenfalls ist der düstere Duft gerade absolut meins. Vielleicht, oder ganz sicher, weil es durchaus etwas weniger gefällig ist, weil es “schwarz” ist, weil es sich wie ein Kleidungsstück anfühlt, das sich harmonisch in die restliche Garderobe einfügt.

Sollte ich nächste Woche den Duft immer noch goutieren? Ich bin gespannt!


Passend zur Preiserhöhung also eine Rezension zum Geschwisterkind von Pulp und Mixed Emotions.
Interessanterweise ist Black Saffron das mittlere Kind zwischen den dreien, und die sind bekanntlich die schlimmsten. Besten. Weiß ich nicht.

Zum Vergleich hatte ich sogar noch Pulp aufgetragen, das spritzig und fröhlich im Verhältnis dazu erscheint. Die immer wieder auftauchende Note von verbrannten Reifen aus Mixed Emotions gibt es hier nicht, aber dafür eine etwas harzig-staubig-rauhe Mischung, die das marmeladig leckere Grapefruit- und Himbeer-Cokctail ausbalanciert. Der Duft ist schon schön!

Das wirklich erstaunliche dabei ist, dass es eine sehr ernsthafte, düstere und gar traurige Note hat. Dabei soll, laut Storytelling des Hauses, der Duft an Indien und Safran erinnern:

Die Gerüche, Geschmäcker und Farben Indiens kennt der BYREDO Gründer seit seinen Kindertagen. Inspiriert ist der Duft vom Konzept der Einheit und Dazugehörigkeit.

Passend zur Preiserhöhung LOL ist dann auch der Take mit den:

hinduistischen Mönche(n) und Weisen, dass sie allen materialistischen Dingen, Gedanken und Freuden entsagen

Die Kopfnote ist wunderschön, klar und kurz, stechender heller und frischer Grapefruit mit Schale, der dann aber schnell weg ist. Allerdings bleibt die Herznote mit Himbeere, quasi ein dunkel-pinker Lippenstift zu einem schwarzen Samtkleid, und dem düsteren Vetiver bis zum nächsten Tag auf der Haut bestehen. Und das in einer angenehmen und sich sehr ausgewogene anfühlenden Art und Weise. Ein wenig “Fels in der Brandung”, ein Duft der Seriosität suggeriert, und trotzdem ästhetische Bedürfnisse erfüllt. Und irgendwie stylish dabei ist.

Outfit dazu: Lippenstift Chanel Epitomé, Ballerinas, schwarze Culotte und ein Clever Crêpe Oberteil von The Fold.

Und jetzt ab zum PayPal Button, ich brauche Geld.

MEMO Paris Eau de Memo von Alienor Massenet

Ab wann ist ein Nischenduft kein Nischenduft mehr? Ab der Existenz in Parfumforen? Ab Douglas?
Und ist es der Preis? Sind 205 Euro nicht etwas hanebüchen für ein Produkt, das eigentlich nix kann?

Luxus! Man umgebe mich mit Luxus, auf das Notwendige kann ich verzichten: Wenn ich ein Lebensmotto habe, dann dieses. Ich esse nackte Kartoffeln, oder aber Trüffelkäse, wohne irritierend bescheiden, schlafe dafür in Kaschmir, und sehe täglichen Luxus für meine Person als Pflicht, und nicht als Kür.

Ich sehe ein Duft somit nicht unbedingt als Luxus, sondern als Bestandteil meiner Garderobe. Ob ich allerdings den Geruch meiner Lederstiefel als Duft tragen würde?!

Und genau das ist der Auftakt des zugegebermaßen wirklich gelungenen Duftes. Leder, Leder, leder, und zwar nicht die Velour-Version von Kelly Caleche parfum, also das innere einer guten handtasche, sondern tatsächlich Satellleder, echtes, pflanzlich gegerbtes Leder, wie sie in guten Schuhen verwendet wird. Ich musste lachen – wer zum Teufel möchte nach Lederstiefeln riechen?! Genau so “duften” meine Schuhe im Bild, doch dann…

Während die Note Leder immer schwächer wird, zwischendurch aber nochmal die Nase streift, kommt die Kiste saftiger Orangen zum Vorschein. Keine beißende zitrische Duftnote, sondern eine eher ölige Nuance, wie sie bei nicht gespritzen Orangen, die schon etwas überlagert sind, entsteht. Und man muss alles daran lieben, denn die Orangen persistieren auf der Haut, gemischt mit einem wohligen, regelrecht heimeligen Duft, ganze 12 Stunden! Eine kleine Brise Orangensaft weht zwischendurch auf und die Basis, die so wahnsinnig angenehm, gediegen, und “hautnah” ist, ist einem satten Moschus mit einem winzigen Hauch Iris geschuldet (Moos kann ich dem ganzen nicht wirklich entnehmen). Iris ist stets irritierend für meine Nase, zusammen mit dem Leder aber harmonisch, und in dieser Orangenkiste fühlt man sich irgendwie wohl.
Die sehr lang anhaltende Herznote wird getragen von meinem Parfum Helden, dem Jasmin. Weiße Blüten kommen einfach immer gut für mich. Es ist kein klebriger und kopfschmerzerregender Jasmin, wie es in Lutens’ A la Nuit verwendet wird, sondern hell und luftig.

Der Duft wird als Unisex vermarktet und ist damit genau richtig. Hier gibt es keine männlich/weiblich Assoziation, der Duft steht für sich als Konzept gut da und ist trotz der schrägen Mischung sehr tragbar. Ja, ich mag es. Irgendwie mag ich es. Ich mag es sogar richtig gerne. Es ist ein Wohlfühlduft, trotz der etwas abwegigen Kombi von Leder und Orange.

Zu Alienor Massenet (Arbeitet bei Symrise und macht Ballett) möchte ich noch zwei Worte verlieren: Sie hat als Nase wirklich sehr sehr viele Düfte kreiert, von denen ich interessanterweise exakt Null kannte, bis mir einer doch ins Auge sprang: Sleeping on the Roof von Floraiku, auch so eine irrsinig teure Nummer, aber wirklich schön, Maiglöckchen in Perfektion.

Und was haben beide Düfte gemeinsam? Sie waren mir sofort vertraut, und ich empfand sie als “heimelig”?! Nicht exakt so, dass man denkt, puuuhhh, muss ich haben, sondern vertraut, wie etwas, was man zwar nicht kennt, aber sofort einen sicheren Raum oder Rahmen bietet. Das ist eine sehr große künstlerische(sic) Leistung in dieser Branche.

Und zu guter Letzt die bildliche Darstellung der beiden Hauptnoten des Duftes…

Wie ich rieche – olfaktorische Erinnerungen und Vorstellungen

Gestern kaufte ich im Bio-Laden Demeter-Orangen. Ungespritzt, noch relativ knackig, das Versprechen von… Heimat.
Ich komme nun nicht aus einem land, wo Orangen wachsen. Absolut nicht! In Rumänien, wo ich herkomme, wachsen Walnussbäume, Weintrauben, sowas. Hinter dem eisernen Vorhang gab es vieles nicht, Bananen, Orangen, Ananas, doch eine Kindheitserinnerung habe ich, von Weihnachten und Geschenkbeuteln, in dem jeweils eine einzelne Orange drin war. (Ananas eh nur aus der Dose.)
Diese Orange verhieß für mich alles, die Farbe war unglaublich, und das im Winter! Der Geruch und die seltsame Schale, die man nicht essen konnte und so schön aber auch so bitter war. Und dann der Geschmack, etwas so süßes und saftiges und besonderes. Seitdem bin ich Orangenfan, quasi mit meiner ersten Erinnerung. Orangen machen mich fröhlich und alles an Orangen ist toll, der Duft, die Farbe, der Geschmack.
Noch habe ich keine Orangen vom Baum gepflückt und gegessen, und frage mich in diesem Augenblick: Warum nicht?!

Der perfekte Duft oder das perfekte Parfüm hingegen ist kein Orangenduft. Acqua di Parma hat zum Beispiel einen wirklich hervorragenden und naturgetreuen Orangenduft mit Arancia di Capri. Aber ich will gar nicht eine “echte” Orange noch wirklich eine “echte” Rose, sondern ich will die Idee des Ganzen, die Interpretation des Abbilds. Also eine mehrfach abstrahierte Orange oder Rose oder vielleicht sogar etwas komplett Erdachtes und dann nochmal abstrahiert, die Abbildung der Abbildung sozusagen. Keine Imitation.

So habe ich lange überlegt was meine Lieblingsdüfte sind, und welcher dazu passen könnte. Unangefochten bleibt für mich 24 Faubourg Eau Délicate, den es nicht mehr zu kaufen gibt. Es ist eine Überarbeitung des Originals von Maurice Roucel und seit fast 30 Jahren nunmehr ein Klassiker. Von meinem Lieblingsparfumeur Jean-Claude Ellena überarbeitet, ist der Flanker die Idee des Duftes, aber raffinierter, transparenter und konzeptueller, was bei so einem schweren Duft durchaus schwierig sein kann. Riecht das Parfüm nach… etwas? Nein. Es ist ein Konzept von Opulenz, von der Farbe Weiß (die keine Farbe ist), von Gold und Savoir Vivre.

Ich erinnere mich bestenfalls aus einem Vorleben an Opulenz und Gold, an rauschenden Nächten, an Lilien und weißen Rosen. Wir stellen uns das vor, wir bekommen eine Idee, die ihren Ausdruck finden muss. Und dabei, in ihrer Äußerung, ganz anders wird als zunächst erdacht, so wie Worte sich selbstständig machen beim Schreiben, oder Malerei wie von Zauberhand Gefühle materialisiert.

…wie erinnert man sich an etwas, was man gar nicht kennt?