Der Online Kundenservice großer Firmen – Katastrophe, aber auch orthographisch falsch

Im nächsten Leben möchte ich die Webseiten großer Unternehmen debuggen. Obwohl, debuggen ist das eine, wie wäre es erstmal mit…

Rechtschreibung? Groß- und Kleinschreibung? Mein werter Mentor Mihai Nadin schrieb bereits vor einer Milliarde Jahren in seinem Buch The Civilization of Illiteracy, dass es zu einer Generation von Analphabeten käme; ich würde sagen, wir sind mittendrin. Heutige Scheußlichkeit: Ich habe ein Feld Namens Fräulein gefunden. Ich meine, wer verwendet noch diese antiquierte Anrede, ausser Franzosen? OUI.

Der Chanel Kundenservice leitete mich weiter auf eine blanke Seite, ob ich das Formular abgeschickt habe, weiß nur Dieu(Gott) alleine. Normalerweise bekommt man eine Kopie der Anfrage bzw. des Formulars an die angegebene E-Mail Adresse gesendet.

Auch andere Firmen bekleckern sich nicht mit Ruhm – es braucht schon harte Nerven, eine Korrespondenz auf Italienisch zu bekommen im Nachgang einer Bestellung. Aber es klappt alles, denn schließlich kann ich auch auch italienisch. Also. Naja.

Unsichtbare Bestellungen, ghostender Kundenservice, wir reden hier stets von großen, etablierten Marken/Konzernen, wo das Geld für sowas definitiv anders ist. Die sogenannten “kleinen Klitschen” haben da definitiv die Nase vorn – keine bombastische Webseite, aber alles funktioniert, und schlimme Orthographie gibt es da auch nicht.

Wie das passiert? Nun, große Läden haben eine Webseite, die sie dann an die jeweiligen Länder anpassen, zum Teil mit maschineller Übersetzung. Künstliche Intelligenz für den Arsch; zudem werden kulturelle Unterschiede einfach ignoriert. Es liegt auf alle Fälle am Management, berichtete mir jemand aus der Branche, denn dort sitzen unheimlich konservative und ignorante Entscheider(sic!) und die treffen mitunter nicht nur unsinnige, sondern auch teure Entscheidungen. Eh komplett egal, denn am Ende zahlen es die kleinen Verbraucherinnen. Nehmen wir Chanel, deren Gewinn im “ähhhh wieviele Stellen hat eine Milliarde”-Bereich liegt und komplett in privater Hand ist: Sie verkaufen natürlich irre viel Handtaschen und auch ein paar Fummel, wer sich das aber alles nicht leisten kann, wird zu einem Lippenstift oder Duft greifen. Die Haute Couture Show dient dem Erhalt der Marke, der Umsatz wird woanders generiert.
Und das ist den Leuten vermutlich völlig egal, ob eine Firmen Webseite vor Fehlern strotzt.

Leider bin ich auch ein Konsumopfer und ziemlicher Fan der Produkte und so werde ich wohl oder übel den Kontakt für meine Retoure telefonisch wagen müssen… oder per Rauchzeichen?!


Gefallen Dir die Texte?

Hier ist die Lippenstiftkasse:
P A Y P A L ❤️ M E

Post Label Ära – was kommt nach den großen Marken?

Die Luxusbranche hat kein Problem, sie boomt. Theoretisch. Praktisch sieht es so aus, dass man angefangen hat, die Spitze der Kundschaft abzusahnen: Mit eigenen VIP-Stores und damit verbundenen “Experiences”, also Erlebnissen. Shows, Reisen, Geschenke, Exklusivität in jeglicher Form.

Die Konzentration der Luxusbranche auf eine kleinere, aber sehr starke Klientel lässt die Kraft der Marke nur durch eine Strategie bestehen: Exklusivität durch Preisanstieg. Inflation quasi. Interessanterweise tun es alle Branchengrößen bis auf Hermès, die sich auf eine andere Strategie eingelassen haben: Zugang für die breite Masse. Vormals eine der exklusivsten Marken (die auch in der Breite bekannt sind…), gehen sie offensiv mit einer Kosmetiklinie sowie andere, ergänzende Linien wie Sportkleidung, in den breiten Markt herein. Ein Lippenstift für 70 Euro ist zwar immer noch ganz schön teuer, aber man kauft sich damit ein Stück Marke. Nach unten zu wachsen ist nicht nur einfacher, sondern auch lohnenswerter, und Hermès bleibt stetig auf Wachstumskurs.

Obwohl ich definitiv ein Labelfetisch habe, sehe ich Shopping und Marken mittlerweile anders. Was ich noch an Labels habe und trage, ist meist dessen geschuldet, dass es passt und ich nur nachkaufen muss. Oder die Wirkung sehr stark ist – wer kann Aquazurra Schuhen widerstehen?! Ansonsten bin ich auf der Jagd nach Sachen ohne erkennbare Label, überlege wie ich Dinge customizen kann und möchte die nächste Handtasche anfertigen lassen.

Customizing Services sind also der nächste Peak des Konsums, und stehen unter Umständen sogar im Zeichen der Nachhaltigkeit. Regionale Produktion, faire Bezahlung, ressourcenschonend, und ästhetisch anspruchsvoller als die 100ste Louigi Futtong Tasche aus Plastik und Leder.

Bei Schuhen ist es schwer, da geht Einzelanfertigung bei zwei tausend Euro los. T-Shirts wiederum lassen sich bedrucken und beim Schneider anpassen. Klingt aufwendig, ist es auch, aber dafür ist hat man ein Einzelstück.
Für Labelfetischisten bleibt das Label aber als Kaufargument bestehen, kann man damit anzeigen, welcher Schicht man zugehört, ob Einkommen oder Bildung. Die regionalen Unterschiede zwischen Norden, Süden, Ost und West, und ich meine das durchaus globaler als München und Leipizig, sind Petitessen. Zeig mir Dein Kleiderschrank und ich sage Dir, wer Du bist!

Fürs Customizing sollte man allerdings seinem Stil und Geschmack vertrauen. Ich bin dort zumindest im Bereich Schmuck sehr gut, bei Kleidung auch, was allerdings die superduper Handtasche betrifft, ist es immer noch schwer. Und frau muss zugeben, die Handtasche als Statussymbol ist nicht von der Hand zu weisen.

Höchster Status allerdings ist und bleibt, keine Handtasche mit sich tragen zu müssen. (Also… Mann sein?!)

Die professionelle Bloggerin

Diskussionen über mein Metier blocke ich ab mit dem Satz: “90 Euro für die angefangene halbe Stunde” – und das “wir können ja mal gemeinsam shoppen” ebenso. Natürlich beantworte ich Fragen, gebe Tipps, suche was raus, aber ich überlege jetzt dreimal, ob ich die Zeit wirklich habe.

Der Tag beginnt und endet am Handy, das Essen ist nebenbei, und Sport gehört zur Arbeitszeit. Salat, Schokolade und Sport, Schlafen, alles kreativitätsfördernde Dinge! Der Rest ist wenig glamorös, sitzt man ungeduscht in wilden Klamotten, perfekt lackierten Nägeln und Duftwolke XY am Schreibtisch. Die Recherche-Ausflüge in die Parfümerie enden immer gleich: Feststellen, dass man alles schon hat, kennt, und qualitativ betrachtet nicht featuren kann, denn das Wort Luxus weckt Erwartungen und hängt wie ein Damoklesschwert über mein Haupt: Ist das Luxus, oder ist das einfach nur “nice”?

Morgens schon überlegen, wie der Tag strukturiert ist und die “kreative” Ader bemühen. Kreativität ist nicht Gott gegeben, sie besteht zu 80% auch nur aus Arbeit: Versuchen, scheitern, anpassen.

Bloggen ist mitnichten nur schreiben, es ist Teil eines Konzeptes: Das Produkt, die Dinge drumherum, das Storytelling, die Szenerie. Egal was es ist, ob eine Versicherung, Diarrhö-Kapseln oder Wimperntusche: Dinge sind nicht einfach nur Dinge. An sich schon, aber wenn eine Apotheke ein Schaufenster hat und Werbung betreiben muss, was sich mir einfach nicht erschließt, weil Medikamente nicht beworben werden sollten, dann müssen kluge, zuweilen betrunkene und bekokste Menschen in Agenturen schon MEHR draus machen. Und ich muss das auch, minus Saufen und Koksen.

Meine Zielgruppe ist sehr gebildet, also kann ich die nicht bescheißen oder mit hübschen Bildchen befriedigen. Die wollen was fürs Hirn, und dann erst was fürs Auge. Heile Welt und pseudoreich Lifestyle auf Papas Kreditkarte ist genau das, was keiner mehr sehen will. Und die Verbindung zwischen Luxus, Ästhetik und Weltgeschehen regelmäßig zu ziehen (“Das Private ist politisch!” Noch lauter für die Leute weiter weg!) ist schon herausfordernd. Und dabei muss ich ständig ethische Entscheidungen treffen: Benutze ich Filter, rede ich Dinge schön (LOL – LÜGEN heißt das), nutze ich meine “Gefolgschaft” aus?

Oh, und weil Menschen bestimmte Tätigkeiten nicht verstehen, stelle ich Euch die FAQs zu diesem Berufsbild zusammen. Weiterlesen…