Wie ich ein Swiftie geworden bin

Die zwei am furchtbarsten angezogenen Künstlerinnen derzeit sind Beyoncé und Taylor Swift. Sie waren es schon immer, und da muss man sehen, wie sehr ich doch ein Fan bin, sehe ich doch über die optische Herausforderung regelmäßig hinweg. Es ist alles sehr amerikanisch – ich hoffe das reicht als Erläuterung für das Grauen.

Taylor Swift ist ohne Zweifel eine großartige Künstlerin und auch eine halbwegs feministische Ikone – und so wurde ich durch meine Playlist zum Taylor Swift Fan, zum sogenannten “Swiftie”. Zwar weiß ich persönlich wenig über die Künstlerin, und ich würde keine 500 Euro für ihr Konzert ausgeben, aber ich mag die Musik. Man kommt daran nicht vorbei, und ich liebe die Texte, natürlich. Nachdem ich also zwei Tage am Stück Taylor Swift gehört habe, war ich verloren. Es könnten auch zwei Wochen gewesen sein, Musik hat sie ja zu genüge veröffentlicht. Die Swiftiesierung hat bereits letzten Jahr stattgefunden, wohlgemerkt.

Als allerdings ihre Beziehung zu einem in den USA sehr berühmten Football-Spieler medial aufgegriffen wurde, war mein Schicksal besiegelt: Denn was ist schöner als ein schönes Pärchen, das aus der Situation das Beste gemacht hat, nämlich als öffentliche Personen offensivst ihre Beziehung mit der Öffentlichkeit zu teilen? Brot und Spiele für uns “Normalos”! Romance is not dead!
Und so schaue auch ich aus der Entfernung auf diese kleine, romantisch Soap-Opera mit Spannung und Freude, quasi Popcorn dabei verzerrend, und habe innerlich schon Wetten abgeschlossen, ob der Football-Spieler nach einem potentiellen Gewinn seiner Mannschaft seiner Holden einen öffentlichen Heiratsantrag macht, schließlich sind beide im besten Alter. Wäre ich allerdings der Tüpp von Taylor Swift, würde ich einen Teufel tun, es sei denn man will auf einen der nächsten Alben für die Ewigkeit besungen werden, und das nicht immer positiv. Sachdienlicher Hinweis: Er hat gewonnen, und er hat das mit dem Heiratsantrag gelassen.

Und das ist der Grund, warum ich Taylor Swift genauso wie Beyoncé als große Künstlerinnen erachte: Sie geben sich der Welt, ihre Erfahrungen und ihr Leben. Das ist nicht nur Kunst wegen der Hingabe, sondern auch weil es etwas mit uns Rezipientinnen macht. Dass eine Frau wie Beyoncé von ihrem Partner betrogen würde, ist schon krass genug, dass in ihrem besten Album, Lemonade, zu verarbeiten, war die nächsthöhere Stufe der KrassYness. Darin droht sie in dem Song “Sorry”, besagten Tüppen den Arsch aufzureißen. Queen!
Taylor Swift hat ihre diversen Beziehungen auch in Songtexten verarbeitet, genauso wie die Ansprüche an sie als Musikerin und als (zugegebenermaßen privilegierte weiße) Frau. Das ist nicht nur mutig, sondern auch existentiell für eine Künstlerin. Einer weiblichen Künstlerin wird das allerdings als Gefühlsduselei ausgelegt. Alles was sie tut und lässt wird öffentlich diskutiert und debattiert, und dank Twitter, das seinen Algorithmus auf meine Swiftie-Sucht ausgerichtet hat, weiß ich nun dass sie angeblich unfreundlich zu Celine Dion war und sie zudem eine Umweltsünderin ist. Ja, letzteres wird sie sein, aber in einem harmlosen Rahmen, verglichen mit industrieller Umweltverschmutzung.
Ihr sportlicher Freund wird regelmäßig zu ihr befragt und antwortet stets liebevoll und bewundernd. Dafür wird er von aller Welt unheimlich bewundert, was uns Frauen wieder mal signalisiert, wie niedrig der Anspruch an Tüppen ist. Er ist sich zumindest seiner Irrelevanz bewusst und nimmt das öffentliche Interesse mit Humor.

Wie wird diese Lovestory weitergehen? Und wieviele Alben wird sie veröffentlichen? Wie verhält es sich mit dem Apostroph im Titel “The Tortured Poets Department”?

Meanwhile hat Beyoncé ein Country Album angekündigt und die ersten zwei Lieder veröffentlicht. Dass sie es kann, hat sie mit Daddy Lessons schon eindrucksvoll bewiesen. Und woran liegt die Stärke von Quuen Bey? Es ist eine Mischung aus Kommerz, Zusammenarbeit mit den Besten der Besten und *würg* Authentizität ergo das machen, was sie will/kann/geil findet. Genau wie Taylor Swift.

Es ist komisch, musikalisch zwei so gegensätzliche Künstlerinnen gut zu finden. Was sie eint ist die lange Karriere und das, was man so schön “dedication”, zu Deutsch Hingabe, nennt. You gotta love it!

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