Weshalb wir neue Farben brauchen. Begründung der materialistischen Sinnlosigkeit.

Keine Panik, geneigte LeserInnen, es wird hier keine pseudo- oder gar porpulärwissenschaftliche Abhandlung über Konsum geben.

Vielmehr habe ich überlegt wie es kommt, dass frau so viele Schminksachen anhäuft und dauernd, oder zumindest in regelmäßigen Abständen, neue kauft.

Die Antwort ist ganz einfach: Die Farben. Die Farben im Tiegel allerdings nicht so sehr, wie unsere persönliche Farbwahrnehmung. Darf ich Euch ein Beispiel an meiner Wenigkeit geben?

Als ich “jung” war… da war die Haut perfekt, das Make-up kräftig ohne je zu bröckeln und die Lippen dunkel gefärbt, denn essen tat man eh nicht. Man ging tanzen, trinken, feiern, und aß um drei Uhr nachts fettige Pizza bei PizzaHut, ohne je einen Gedanken an die ohnehin perfekte Figur zu verschwenden. Die Farben sollten sexy sein, verrucht, und so war viel Schwarz und Violett im Spiel.

Später ging es darum, frisch auszusehen. Farbe sollte ins Leben, man sollte die Freiheit, die man nun als Erwachsener hatte, nicht als Anstrengung im Gesicht sehen. Und die Haut leuchtete selbst, also warum nicht mit pinken Lipgloss und Rouge die Tatsache betonen, dass man sich nicht allzuviel in geschlossenen Räumen aufhielt? Jobben statt arbeiten, Strandpartys statt Disko, Urlaub in der Natur. Freiheit! Den Luxus der Rückbesinnung zur Natur.

Heute, und ich bin immer noch jung, aber trotz konsequenter Weigerung wohl langsam auch erwachsen, haben sich meine “Farben” geändert. Trotz einer latenten Anfälligkeit für kräftige Pinktöne, geht es allmählich auf’s “Tarnen” zu. Concealer statt Augenringe, schmeichelnde Farben statt bunt, und die Haut verzeiht kein billiges Produkt mehr. Statt pinkem Lipgloss das erwachsene Pendant, der rosenholzfarbene Lippenstift. Statt grellem Nagellack gedeckte Töne oder gar nur Klarlack, statt Glitzerffekte sanfter Schimmer.

Auch die Haut verändert sich, weshalb die Farben anders wirken und weshalb Frauen sich tatsächlich regelmäßig damit auseinandersetzen sollten, ob sie ihr vorhandenes Beauty-Arsenal nicht erneuern müssen. Dunkle Lippenstifttöne lassen mich mittlerweile nur noch im Kerzenschein sexy aussehen. Pink wirkt nur noch als dezenter Hauch, und gefragt ist alles, was einen jünger, frischer und ausgeschlafener wirken lässt. Und dabei seriös.

Normalerweise würde ich darauf pfeifen.

Mir fällt aber auf, dass auch ich gewissen Mustern nicht entkommen kann. So saß ich neulich in einer Runde mit WissenschaftlerInnen, darunter eine auffällige Erscheinung, eine mir nicht weiter bekannte Frau. Sie trug ein Spielzeugauto als Kette um den Hals, war dick geschminkt mit Smokey-Eyes, und der grellbunte Metallic-Nagellack schillerte in unterschiedlichen Farben.
Ich ertappte mich dabei, wie ich innerlich die Augenbraue hochzog und dachte “Wie sieht die denn aus? So jemand kann man doch nicht ernst nehmen!” Natürlich ist das vollkommener Unsinn, aber wenn man die Person nicht kennt, verlässt man sich auf diese unausgesprochenen Signale. Und wer hinterfragt sich schon so selbstkritisch? Ich zumindest tue dies äußerst selten.

Insgesamt lässt sich sagen, dass man auch triviale Dinge wie Make-up regelmässig neu ordnen muss. Alle Jahre wieder ist ein kurzer Check vonnöten und eine eventuelle Neuausrüstung durchaus erlaubt. Hat sich die Haarfarbe verändert? Die Hautfarbe? Womöglich der Kleidungsstil und die Farben im Kleiderschrank? Dann ist es wirklich Zeit für neue Farben…

Dabei sollte man aber nicht allzu drastisch vorgehen!

Ich habe beispielsweise immer noch einen dunklen Lippenstift, denn an irgendeinen Abend werde ich damit wohl noch gut aussehen ;-), und der pinke Lipgloss wird ebenfalls noch zur pinken Strickjacke verwendet, bloß eben nur noch als Hauch. Und – ich habe jetzt auch eine Begründung für jeden Neukauf parat 🙂

10 Gedanken zu „Weshalb wir neue Farben brauchen. Begründung der materialistischen Sinnlosigkeit.

  1. Neue Farben… hm das kommt drauf an, wie sehr sich die persönlichen Vorlieben verändern, also wie groß der Schritt von einer Schminkära in die nächste ist. Wenn frau als Teenager blau und türkis am Auge geil fand, dann macht sie vlt. Anfang Zwanzig eine 180-Grad Wendung uns besinnt sich zurück zur Natürlichkeit. Und mit 40 entdeckt sie dann vlt Ketten mit Spielzeugautos für sich? Aber es ist so, wie du sagst, die Mehrheit der “älteren” Frauen gibt sich klassisch und ladylike.

    An meinem persönlichen Farbschema hat sich seit Anbeginn meiner Schminkzeit fast nichts geändert, ich hab mit 14 schon eher dezentere Farben bevorzugt und das ist, was meinen Alltag betrifft, immer noch so. Und ich werde wohl auch mit 30 noch diese Schiene fahren, auch wenn ich dann wohl noch mehr Wert auf “Tarnen” lege, mit Concealer usw.

    Neue Farben würde ich bei mir eher als neue Nuancen bezeichnen, so viel tut sich da nämlich nicht 😉

    1. @Jana – ich durfte mich mit 14 aber nicht schminekn, und mit 16 auch nicht, habe es aber trotzdem getan wegen der schlechten Haut. Schminken kam erst mit der Diskophase. Nur meine Klamotten – mein Bruder sagte mir schon vor zehn Jahren ich ziehe mich an wie eine 40-jährige. Hat sich nicht geändert 🙂

  2. Prinzipiell hast Du ja recht, aber irgendwie ist das auch so eine Frage des Typs und wie sehr frau ein Auge dafür hat, was ihr steht. Neulich saß eine ältere Frau gegenüber von mir im Zug, die Gute war mit Sicherheit 60+, hatte komplett weißes Haar und trug einen knallroten Lippenstift mit cremig-seidigem Finish, der farblich zu ihren Accessoires abgestimmt war – sah klasse aus! Ich find’ ja nichts schlimmer als so Regeln à la “mit 50+ besser Pastelltöne und Kurzhaarschnitt tragen”. Das ist alles eher eine Frage der Sublimierung, wie Du das ja auch schon im Artikel angedeutet hast.

    Mir wird man in diesem Leben beispielsweise wohl nicht mehr den schwarzen Eyeliner ausreden können (zugegebenermaßen ein Erbe aus Teenagerzeiten), mit Krähenfüßen rechne ich eher sehr spät, wenn ich mir so meine Mutter/Großmutter ansehe, also greife ich beherzt jeden Morgen zum Töpfchen.

    Neue Farben, hmmm, ich fände mehr Mut der Kosmetikhersteller toll, was die Darreichungsformen betrifft, zum Beispiel mal ein altbewährtes Produkt mit einer neuartigen Konsistenz oder ungewöhnlichem Finish anzubieten. Und ich plädiere für allgemein schönere Verpackungen, die wiederbefüllbar sind, jawohl. Mein absoluter Favorit, was die Aufmachung betrifft, ist und bleibt T.LeClerc, außerdem ist der lose Puder unerreicht gut. Sehr schön anzusehen sind auch die Sachen von Besame Cosmetics, wenn man so auf Vintage und Art Déco steht.

    Mit Deiner Vermutung lagst Du übrigens schon ziemlich richtig.

    1. @ Aorta – du hast recht, es kommt zu wenig zum tragen dass man sich anpasst soll, aber dass es nicht bedeutet Rentner-beige zu tragen. Es geht ja mehr um die Hautkonsistenz und die Farben… Deinen Beispiel mit dem roten Lippenstift finde ich perfekt.
      Ich bin übrigens Deiner Meinung dass nachfüllbare Geschichten her müssen. Macht Serge Lutens zu Preisen, die einen erblassen lassen. Und eine Ökofirma, dessen Produkte ich allerdings nirgends gesehen habe. Wiederum gibt es zu viele Anbieter die schicke Verpackungen mit schlechtem Inhalt anbieten, das ärgert mich dann auch.
      Der Mut der Hersteller wird übrigens selten belohnt – blauer lipgloss bleibt wie Blei im Regal und auch andere Produkte gehen schelcht wenn sie zu sehr abweichen. Unser mainstream gib uns heute! Dafür gibt es für andere Anbieter die Möglichkeit sich in den Nischen anzusiedelen, auch gut.

      Ich habe übrigens was gegen Soziologen aber ich kann nicht wirklich sagen warum, also nix für ungut,ich weiss um diesen meinen Vorutreil und bin daher bestenbfalls ein Sprüchklopfer 🙂

      Und ich würde gerne roten Lippenstift zu den kurzen Haaren tragen, aber ich traue mich nicht. Dafür traue ich mich smokey-eyes zu tragen, und zwar immer. Passt und fällt wenig auf bei mir… Auffallen – das traue ich mich nicht. Kommt sicher noch!

  3. Der Serge macht Paföng, oder?

    Ähm, mit der Ökofirma meinst Du nicht zufällig Elysambre und deren dekorative Kosmetik? Falls ja, die gibt’s zu kaufen… hab’ die mal bei Autrepart gesehen und es gibt auch einen deutschen Onlineshop, der sie anbietet.

    Das mit den Soziologen hab’ ich jetzt einfach mal überlesen ;-).

    Ich trage roten LS fast täglich… ohne fühle ich mich nackt. Ist alles ‘ne Frage des richtigen Farbtons. Gerade zu ‘nem Bob sieht das doch klasse aus.

    1. @Aorta: *grins – on sociology: Wat der Bauer nicht kennt, dat frisst er nicht 😉 * JA! Ich meine ELYSAMBRE. Ich wollte da nichts einfahc nur so bestellen, ich würde es mir gerne anschauen. Naja, wenn ich mal bei Schwiegereltern bin, ich glaube da gibt es das im Laden.
      Roter Lippenstift – ohhhhhh… ich habe den von Hauschka und meine beste Freundin fand ihn toll, weshlab ich ihn gekauft habe, traue mich aber nicht. Und Marylin von Chanel, ein helles rot, aber den traue ich mich noch weniger. Zu kurzen Haaren jetzt 🙂 mal sehen, ich werde Euch LeserInnen mal fragen!

      …äh ja, der Serge macht unglaubliche Paföngs. Muss man gerochen haben, weniger “besitzen”.

  4. Ich darf behaupten, mich keinem modischen Diktat zu unterwerfen. Mit knapp 40 würde ich das (für mich persönlich!) auch als peinlich empfinden.
    Ich erinnere mich an meine Mitt-Zwanziger, in denen ich regelmäßig “Farbe im Gesicht” trug. Schon damals bevorzugte ich auf den Lidern Brauntöne und alles was irgendwie blau war. Auch heute noch finde ich, dass sie mir am besten stehen (Augenfarbe grau-blau, je nach Lichteinfall). Bei der Lippenfarbe ist es ähnlich. Ich benutze schon immer Lippenstifte (Lippgloss hasse ich wie die Pest; da klebt einem ja der Mund zu… 😉 ) in kühlen Farbtönen von Rosenholz bis Pflaume, je nach Anlass, Tages- und Jahreszeit.
    Ich denke, es ist alles eine Frage des Typs. Es gibt Frauen, die finden “ihre Farben” nie und gehen jeden Trend mit und es gibt welche, die wissen schon recht zeitig bescheid und kaufen ganz bewusst ihre Schminksachen.
    Ich nehme neue Farbtrends durchaus wahr, empfinde dabei aber keinen Kaufreiz. Im Gegenteil. Ich frage mich eher belustigt, wer einen senfgelben oder türkisen Lidschatten tragen soll und wozu.
    Ich brauche keine neuen Farben und verspüre nicht das geringste Bedürfnis nach Experimenten.

    1. @Daisy – Frabtrends können mir ebenfalls gestohlen bleiben. Meine braunen Töne in sechsfacher Ausführung zwischen rotbraun und schwarzbraun sind einfach “meins”. Ich meinte jedoch dass man mit wechselnden Hautbedürfnissen neue Farben benötigt. Weil die haut sich im Alter etc. in ihrem Ton ändert, und weil man dann vielleicht auch eher etwas anderes braucht: Mehr Glanz und weniger Farbtopf. Tatsächlich können Make-up Farben und Texturen bestimmte Hautstrukturen ja besser oder schlechter aussehen lassen. Zu viel Glitzer ist z.B. bei Falten tödlich. Aber Daisy, da kommst Du erst noch hin, so in 20-30 jahren 🙂 Ich habe das bemerkt weil ich aufmerksam gucke 😉 und viel (zu viel) in Parfümerien abhänge.

  5. Andreea, ich hab’ die Sachen von Elysambre schon mal vor Ort begutachtet und angegrabbelt. Sie sehen schon hübsch aus, ja, und die Konsistenzen haben mir auch gefallen, auf die INCI hab’ ich ausnahmsweise mal nicht geachtet. Aber bis man da eine Metallhülle gefüllt hat, gehen schon einige Euros drauf, also einen Zacken teurer als Hauschka ist das geschätzt durchaus, aber nicht so teuer wie Parfümerie-KK.

    Meinst Du die Nr. 4 von Hauschka, oder einen anderen Farbton? Ersteren hab’ ich hier, tolle Farbe und hält auch wirklich ganz hervorragend, einer der wenigen Rottöne, der klassisch und warm ist, ansonsten seh’ ich fast immer nur blaustichige Sachen. Chanel macht auch schöne Lippenstifte, wobei ich es schade finde, dass sie nicht alle diesen güldenen Click-Verschluss haben, zu dem Preis erwarte ich das durchaus. Hast Du eigentlich schon mal was zum Thema Primer geschrieben? Gerade bei kräftigen Farben ist das ja durchaus wichtig. Ich hatte mal den von MAC, der ist gut, aber hat bei mir nicht deutlich besser gewirkt als der simple Lippenpflegestift von Weleda, welcher wiederum aufgrund des hohen Wachsanteils als Primer die Farbe wunderbar da hält, wo sie hingehört.

    Serge Lutens gibt’s sogar im nächstgelegenen Konsumtempel, ich hab’ die Paföngs nur bisher immer ignoriert, muss wohl an der Verpackungsoptik gelegen haben, die ja extrem schlicht gehalten ist (soviel zum Thema Oberflächlichkeit…). Wenn Du die Gelegenheit hast, schnupper’ Dich mal durch die Düfte des Hauses “Les Parfums de Rosine”, falls Du Rosendüfte magst. Deren “La Rose de Rosine” ist mein Allzeit-Lieblingspaföng. Auch sehr fein riecht “Poussière de Rose” und für den Sommer “Un Zest de Rose”.

    1. @Aorta: DANKE! Ich habe die Nr. 6 von hauschka, Nr. 4 allerdings auch, den trage ich zu einem bestimmten Hess-natur Pulli 🙂 der passt genau dazu. Ich brauche eher blauctsichige Sachen. Einen roten ALLURE Lippenstift, DAS ist vielleicht eher mal eine geniale Idee! Die halten wenigstens auch eine Weile.
      Tja, zum Thema Primer – ich hatte mal von Guerlain so einen Lippenstiftprimer, den habe ich meiner Freundin gegeben. Sie meinte es sei schon ganz gut, aber letztendlich hat der Lippi bei ihr nicht wesentlich länger gehalten. Eine Mischung mit Silikon ist immer ganz gut oder aber der YSL Touche Eclat. Ich bin aber noch bei der harmlosen Version von rot in Form des Hauschka Lipglosses, pflegend, leicht und ohne Glitzer.
      ICH LIeBE ROSENDÜFTE!! Und LPDR kenne ich, wenn auch nur einige, eins habe ich sogar auf der Wunschliste. Momentan liebe ich Eau Suave, das ist Rose und Patchouli. Der absolute Hammer, zum weinen schön… Da kommt aber eine Rezension.

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