Warum Instagram keine gute Inspirationsquelle ist

Disclaimer: Ja, ich bin aktiv auf Instagram, und folge vielen Accounts, die Wissen teilen, aber auch vielen Modehäusern, Fashion- und Schmucklabels. Ich nutze es ein wenig wie eine Modezeitschrift früher, wohl wissend, dass es sich überwiegend um Werbung handelt. Natürlich gilt das nicht für vielen journalistischen, persönlichen und aktivistischen Accounts. Auf Instgram bin ich mit Content als Unternehmerin und nutze es gewerblich zu Marketing-Zwecken.

Wir Menschen mögen Bilder seit jeher, wir malen (uns an…) und wir schmücken uns, wie geben “ein Bild” ab, das wir permanent im Umgang mit anderen interpretieren. So weit, so gut.
Manchmal scrollt man einfach nur sein Gehirn leer an der Strecke der Bilder entlang… völlig legitim!

Eine Bekannte sagte mal, sie nutzt es als Inspiration zum Shoppen. Stets modisch gekleidet, mit einem wunderbaren Stil, sieht sie nichtsdestotrotz exakt so aus, wie alle um sie herum in ihrer Altersgruppe. Und das ist nichts Schlechtes: Sie sieht gut aus. Aber eben nicht individuell, und das liegt an Instagram. Über die Plattform werden Trends gesetzt, ob Schuhe, Make-up oder welche Farbedelsteine gerade für den Verkauf von den Schmuckfirmen hochgepusht werden. Natürlich will nicht jede*r individuell aussehen und dazu besteht kein Zwang, interessanterweise ist es aber so, dass wir mit unseren Kaufentscheidungen durchaus versuchen, soziale Distinktion zu betreiben, machen wir uns nichts vor. Ob bunte Socke, Bioladen, das Auto – wir existieren in der kapitalistischen Logik. Und das ist in Bildform wer oder was? Richtig: Instagram!

Also zurück zu Instagram: Auch Stars brauchen eine große Followerschaft, um Werbedeals oder eine wirklich interessante Schauspielrolle zu ergattern. Sie bekommen eine größere Followerschaft, sobald dieses erreicht wurde, was dazu führt, dass der Geldreigen wieder höher wird. Egal welche Art von Aufmerksamkeit es ist, sie wird mit viel Geld bezahlt.*

Der Irrsinn also ist, dass Sichtbarkeit mit Geld korreliert. Beliebt sind also Accounts, wo Leute ihren nicht gerade durchschnittlichen Lebensstil zur Schau stellen. Da kickt der Voyeurismus, ganz klarer Fall für die Soziolog*innen unter uns. Junge Frauen, die mit 26 ihre eigenen Labels bewerben, andere die vor einer Handtaschen-Kollektion im sechsstelligen Bereich stehen, und die Mittelschicht, die sich permanent mit neuen Dingen von günstigen Labels präsentieren, denn es muss immer was Neues her. Das ist schließlich das Konzept, und wenn man ehrlich ist, wer interessiert sich schon für das, was man schon kennt? Das kickt nicht!

Nun schauen wir auf andere, um uns abzugrenzen oder anzupassen, und so sind die Menschen, die sich dort regelmäßig präsentieren, wie ich es auch als Marketingstrategie tun muss, eine Art Vorbild. Da muss man natürlich schauen, in wie weit man das in die Instagram-Falle tappt, und immer wieder reflektiert bleiben. Warum?

Während die Brigitte oder auch die Vogue uns stets Dinge gezeigt haben, die als erstrebenswert galten,und Gesichter, die bekannt waren, war jeder klar, dass es sich dabei um Werbung und Prominente handelt. Nun bekommt man auf Instagram gefühlt sehr häufig “die Frau von nebenan” zu sehen und keine Prominente. So kann es passieren, dass man denkt, frau sei auch so, und könne auch so aussehen, auch dies&das konsumieren, was natürlich zu unüberlegten Konsumentscheidungen führen kann. Denn das ist der Zweck von Instagram, Konsum zu eskalieren.
Und ja, auch der aktivistische Content ist etwas, was man konsumiert. Dieser Content führt allerdings hoffentlich nicht dazu, dass man sich für Botox entscheidet oder für eine Chanel-Handtasche verschuldet.

Auf der Stil Ebene finde ich es extrem schwierig: Man kann sich inspirieren lassen, meine Arbeit in diesem Bereich zeigt mir aber, dass wir (ja WIR!!) Menschen eher einem Ideal versuchen zu entsprechen, der nicht wirklich umsetzbar ist. Das ist normal, weshalb ich mir auch regelmäßig Feedback von außen hole, denn ich bin genau so, ich denke ab und an ich sei groß 😂 und blond 😂 .

Bei Make-up Tutorials ist Instragram noch eine Nummer härter, sind alle großen Influencer*innen nicht nur perfekt ausgeleuchtet oder technisch verfremdet durch Filter, sondern operativ verschönert, was zwar gut aussieht, aber mit der Lebenswelt bedingt korreliert.

Man bekommt übrigens das angezeigt, was man schon sieht. Diversität ist nicht gefragt, und so ist man schnell in einer Blase drin und denkt, “alle“. Du bist sicherlich reflektiert/er, aber ich kann für mich persönlich trotz meines Wissens über Social Media sagen, das es immer wieder Arbeit ist, sich darüber klar zu werden, dass die Welt nicht unbedingt so ist, wie wir sie gezeigt bekommen.


*Exkurs zu Johnny Däpp: Er bekam trotz nachgewiesener Historie von Gewalt und Mißbrauch jüngst einen neuen Werbevertrag mit #BoycottDior , einfach weil es eine Social Media Maschinerie gab, die ihn bei einer bestimmten Bevölkerungsgruppe noch populärer gemacht hat – Incels und Karens, diese aber weltweit. Und er wird in Cannes gefeiert 🤮


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