Warum haben Frauen Angst vor dem Älterwerden?

Nun, die Geschichte der Menschheit…

Kleiner Scherz, so weit wollte ich nicht zurück gehen. Aber lasst uns mit meinem Lieblingsthema Kapitalismus/Patriarchat mal wieder anfangen. Nimm Dir ein Glas Leitungswasser, atme tief durch, und rege Dich nicht auf. Vermutlich erzähle ich Dir nichts nNeues, aber die spannende Frage “Wie können wir das ändern?” stelle ich natürlich zuerst. Habe ich eine Antwort? Ja. Aber eins nach dem anderen.

Was ich zunächst einmal begrifflich klar stellen muss:
Die scheinbare Dualität Kapitalismus/Patriarchat ist in Wirklichkeit immer triadisch, also dreiteilig, und nicht dyadisch/dichotom, also zweiteilig. Die Triade besteht aus Kapitalismus, Patriarchat und Unterdrückung.
Unterdrückung ist das eigentliche Ding im permanenten Alltag, im Tun und im Sein. Unterdrückt werden nicht nur Frauen, sondern alle, die einem bestimmten Ideal nicht entsprechen: Weiß, jung, gesund, wohlhabend, männlich. Je weniger Punkte Du auf dieser Skala hast, desto eher bist Du am Arsch (pardon my french-verzeih meine Ausdrucksweise. NICHT.)
Das Patriarchat weist als Begriff und System auf Unterdrückung hin und steht im direkten Bezug dazu.
Kapitalismus ist sowohl die Wirkung als auch das Ergebnis der Verknüpfung beider vorangegangener Begriffe, wobei man durchaus auch Feudalherrschaft oder Kolonialismus einsetzen könnte, was lediglich historische Vorgänger des Kapitalismus sind.

Der Kapitalismus bedient sich der Frauen in zweierlei Aspekten: Zum einen als kostenlose Arbeitskraft, die sowohl im sichtbaren Wirtschaftssystem unterbezahlt arbeitet, zum anderen im unsichtbaren Wirtschaftssystem, der auch mehrere Billionen erwirtschaften würde übrigens, dem sogenannten privaten System namens (Klein-)Familie (eine neumodische Erfindung, wie ich gelesen habe). Dort wird unbezahlt arbeitet, und zwar aus Liebe. Das ist nochmal ein separates Thema, die “natürliche” Liebe der Frau/Mutter zu Kindern beispielsweise ist auch ein kulturelles Konstrukt.

Um diese Gruppe zu regulieren, also die Frauen/Andersartigen, genauer gesagt zu manipulieren, bedient sich der Kapitalismus des Patriarchats, also einer anderen Gruppe, die der Männer, die vom System profitiert. Beide Systeme überlappen sich und werden durch Ungleichheit, Ungerechtigkeit und Ungleichverteilung aufrecht erhalten. Das sind die eigentlichen Kernprobleme. Das gelingt durch Entsolidarisierung und durch Ablenkung der Frauen (ich nehme die stellvertretend für alle marginalisierten Gruppen, weil sie die größte Schnittmenge ist, und ja, trans Frauen sind natürlich auch Frauen, irre dass ich das heute mehr denn je dazu schreiben muss).

Jetzt wird es spannend! Weiterlesen…

#RadikaleUnhöflichkeit – wie ich zur “schreienden Karen” wurde oder auch: Don’t fuck with me

Den Hashtag #RadikaleUnhöflichkeit möchte ich am liebsten auf einem T-Shirt drucken (er stammt von Frau Frohmann, der Berliner Verlegerin, hier könnt ihr mehr lesen: https://steadyhq.com/de/newfrohmanntic/posts/aa9dec6f-9225-41ab-bdae-0cd11968f4e3.

So geschah es neulich auf einem Bahnsteig, dass ich von hinten angerempelt wurde. Natürlich war ich etwas pissig, und schließlich ging ein schmerbäuchiger widerlicher Typ ohne ein weiteres Wort an mir vorbei. Ich habe doch keine Augen im Hinterkopf, hallo… aber ich sagte nichts.

Einige Schritte weiter blieb ich stehen, um daraufhin regelrecht nach vorne geschoben zu werden – von dem Bauch dieser Person! Nicht nur das, ich wurde wieder vollständig ignoriert, viel zu verdattert um mich zu beschweren. Nun empfing das kleine Arschloch andere Leute am Bahnsteig und so ergriff ich die Chance, als die Meute an mir vorbei kam und schimpfte laut und deutlich los: Was das solle, mich zu schubsen, und das mehrfach?
Statt sich zu entschuldigen, sagte das Arschloch “ich sei ja einfach so zur Seite gegangen” – wow, mir auch noch die Schuld fürs anrempeln geben, das muss man schon können. Ja, mag sein, brüllte ich über den ganzen Bahnsteig, ob er schon mal was vom Abstand halten gehört habe?

Und ehrlich? Ich denke so mach einer würde denken “Was für eine Karen”, also was für eine nervige, sich permanent beschwerende, anstrengende Tussi. Egal. Ich habe die Nase voll von weißen älteren Männern (seltenst junge Männer) die einen permanent im Alltag beschneiden, sich vordrängeln, schubsen, dumme Sprüche bringen und auch sonst sich so aufführen, als ob die Welt ihnen gehörter.
Das tut sie leider immer noch, aber sie gehört auch meinem Fuckfinger: 🖕🖕🖕!

Natürlich stellt sich die Frage, ob man mit den selben Mitteln wie diese Horde Arschlöcher agieren sollte. Das ist ein ethisches Dilemma, das kluge Frauen radikal anders beantwortet haben. Ich bin noch nicht so weit. Don’t fuck with me. Ich bin laut und ich schäme mich nicht.

Passend dazu zitiere eine andere mutige und vorbildliche Frau:

Ich traumatisiere Männer gerne mit rotem Lippenstift und meinem Parfum. Damit sie mich nie vergessen.

Also wenn das hilft – so viel roter Lippenstift und soviel Parfüm kann frau gar nicht tragen!


Gefallen Dir die Texte?
Hier ist die Lippenstiftkasse:
P A Y P A L ❤️ M E

Die Scham als Marketinginstrument

“Weil ich es mir wert bin.”

Damit verkauft man alles. Immer mit Angst: Wirst Du XY sein/erreichen, wenn Du nicht XY hast/kaufst/bist?? und natürlich mit der großartigen, leisen kleinen Peitsche der letzten Jahrtausende, der Kirche, des Patriarchats, des Wirtschaftssystems, der Scham. Bist Du Dir XY nicht wert?! Schäm Dich!

Beschämt werden fürs nicht gut genug sein, für nicht “mehr wollen”, für deine Wünsche, für dein Dasein, für dein Tun, für dein Äußeres, für dein Inneres:
Sag mir, dass Du eine Frau bist, ohne mir zu sagen, dass Du eine Frau bist.

Viele Dinge, die ich von Frauen gelesen habe, die älter sind als ich, und viele Dinge die ich lese von Frauen, die ganz anders leben als ich, drehen sich um Schamlosigkeit*.
Schamlosigkeit ist das einzige Instrument, das ich bezeugen kann, immer und in allen Situationen zu funktionieren. Gerade für uns Frauen! Und doch sind wir genau damit aufgewachsen, beschämt zu werden. Für Beinbehaarung, für zu lautes Sprechen, für den Partner, für existentielle Bedürfnisse “Willst Du das wirklich noch alles essen?” Die Schamlosen unter uns hingegen machen es richtig und haben es gut. Natürlich darf Schamlosigkeit nicht zum Mobbing werden (tut es leider aber oft), und das Ausbeuten anderer Personen durch die inhärente Schamlosigkeit des Kapitalismus ist auch nicht schön. Das ist dann der sehr schmale Grat zur Dreistigkeit und wird von der Sorte Mensch verwendet, die man genuin als Arschloch oder Psychopath*in bezeichnet. Stets lächelnd und freundlich laufen diese Personen häufig unerkannt in unserem Umfeld unterwegs. Und häufig sagt man über diese Leute “Ich kann es kaum glauben, dass…”, weil aufgrund unserer Moralvorstellungen und auch anerzogenen Scham manche Geschehnisse außerhalb unseren Horizontes bleiben.
Deshalb – eine Abgrenzung für den Begriff der Schamlosigkeit ist notwendig. Weiterlesen…