Abgöttisch hassen

…gerade bei Twitter gelesen “welches Lebensmittel man abgöttisch hassen würde” und ich war so schnell am Tippen, das glaubt mir keiner!

Ich hasse Ziegenkäse. Gegessen das erste und letzte Mal auf einer Juristen Party in einer 200qm Altbau-WG in Eppendorf *eyesroll*. Da stand dieser schöne weiße Käse, tückischerweise auch so nett drapiert, in der Küche und ich biss nichtsahnend in das feste weiße Stück rein… so schnell hing ich nie über der Spüle, auch wenn es wirklich unhöflich ist, und während die halbe Küche versuchte sich zu erinnern wie der Heimlich-Griff ging, schnappte ich mir die nächstbeste Flasche harten Alkohol – es war Wodka! und spülte. Der Geschmack verfolgt mich bis heute noch, einfach furchtbar. Nun wusste ich ja gar nicht was das ist, also musste ich auch noch peinlicherweise erfragen, was sich hinter diesem tödlichen Lebensmittel verbarg. Scheinbar war ich trotz einigen Ausflügen in Sterne-Restaurants bislang verschont geblieben. Diese Delikatesse ist eine der wenigen Dingen, die mir gestohlen bleiben kann, genau wie Austern, Schnecken und Lammfleisch.

Abgöttisch lieben oder abgrundtief hassen – wenn beides sich vermischt, dann ist es fast schon Beweis für ADHS, also jemand der so schnell denkt, dass solche Redewendungen durcheinander kommen. Passiert mir ständig. Ich hasse abgöttisch dieses wunderschöne Wetter da draußen, das mich derzeit absolut krank macht. Natürlich möchte ich raus, Sonne, Licht, das Grün! aber genau das bringt mich um. So sitze ich in meiner Bude mit Schüttelfrost, arbeite eine Stunde, ruhe mich sechs aus, und mache wieder etwas, on repeat. Es ist effizienter als zwei Tage durchkrachen und anschließend drei sterben, insofern siegt Kontinuität über Genius, wir haben es alle befürchtet.

Ich liebe abgöttisch… Seide, Kaschmir, Buchstaben.
Ich hasse abgrundtief Polyacryl, Watte, glänzende Reissverschlüsse an Hosen.
Abgöttisch hassen tue ich Chips, Männer, Computer, lauter Dinge die theoretisch was Gutes sein könnten, aber es am Ende leider nicht sind.

Die neuen Klone – Insta Influencerinnen und ihre Schönheitseingriffe

Es ist zehn Uhr abends on the ‘gram, wie die Amerikaner:innen sagen, und die Fashion/Make-up/Berufshausfrau Community wird mir in die Timeline gespült. Alle Bilder, die ich ansehe, sind thematisch ähnlich, es sind Schmuck-Visuals oder aber Influencerinnen, die vom Laufsteg berichten.

Die meisten, selbst die bekannten Influencerinnen kenne ich nicht, ich sehe gefühlt immer wieder die gleichen Gesichter und scrolle gelangweilt weiter. Insbesondere in der 20-30 Riege ist es Gesetz, aufgspritzte Lippen, eine operierte Nase, Filler in den Wangen und Silikon-Brüste zu haben. Es ist ganz normal. Die perfekt tätowierten Augenbrauen und die perfekten künstlichen Wimpern, nicht zu viel, nicht zu wenig, sind selbst in der Provinz in der Altersriege 15-85 (meine Nachbarin!) normal. Die Gesichter unterscheiden sich immerhin noch.

Immer wieder denke ich, die kennst Du, aber eigentlich erkenne ich absolut niemanden wieder, alle Nationalitäten, alle Altersgruppen, sie scheinen alle den selben Chirurgen zu haben oder mit diesem einem Bild dahin zu gehen. Ich würde vermutlich mit einem Bild von Angelina Jolie oder Irina Shayk zur OP gehen – und doch sind diese unverkennbar. Die in verschiedenen Blondtönen und unterschiedlichen Stadien der Lippen-Aufgespritzheit erhältlichen Influencerinnen oder Models hingegen scheinen sich erratisch ins Endlose geklont zu haben. Ganz ersichtlich ist es nicht, was sie verkaufen, es scheint tatsächlich einfach ein Lifestyle zu sein.

Und dann klingelt es bei mir, spät immerhin, aber es klingelt. Die amerikanische Karriere ist die einer sog. “trophy wife”, und das Bild der Haufrau, die zuhause belibt, und shoppt und den Nachwuchs aufzieht, wird endlos auf Instagram perpetuiert. Die Männer existieren nicht, dafür Chanel-Handtaschen, große Häuser und Autos, und manchmal auch niedliche kleine Kinder, die auch schon vor die Kamera gezerrt werden. Schwierig.

Ein Investment ins Äußere für den Heiratsmarkt ist immer noch üblich, und der Prototyp wurde auf Instagram auserkoren – eine modische Erscheinung, die schmerzhaft und teuer ist, aber zum guten Ton dazu gehört. In Amerika wird auch früh geheiratet – und früh operiert.

Die Gegenbewegung feiert sich als stay-at-home Vater und als Single-“Bitch”, die einen Mann gar nicht braucht. Immerhin. Darunter finden sich viele Schwarze Frauen, die aus diesem Rollenmodell scheinbar erfolgreicher ausbrechen. Doch auch da gibt es die Vorlage für den Chirurgen: Schmale Nase, hohe Wangen, aufgespritzte Oberlippe. Und dazu stets ein aufhellendes Make-up.

Es ist schon eine schräge Branche. Je länger ich schaue, desto weniger fühle ich mich darin “passend”, und während ich meiner fast 80jährigen Mutter erläutere, was ich tue, und was Influencerinnen sind und das ich auch eine bin (ja, nun) – überlege ich parallel, ob ich nicht, um das Cliché zu erfüllen, so etwas machen müsste. Also nicht zur Pediküre, sondern zum “Bla Irgendwas Laser Dingsi Botox Hmpf” gehen.

Die wenig witzigen Kommentare von Tüppen, ich solle mir doch XXYY machen lassen, zeugen von einer gesellschaftlichen Körper-Dysmorphie. Die gab es schon immer, sind Porträts bereits gefälscht worden im Sinne von “verschönt” – doch jetzt nimmt es absurde Ausmaße an. Und dieses kann ich statistisch belegen, sind die Beiträge auf meinem Blog zu Schönheitseingriffen doppelt so beliebt wie alles andere. Weil ich es in Frage stelle? Weil es so viele beschäftigt? Weil wir verwirrt sind, was wir für “ein Bild” abgeben wollen? Immerhin sind weiße Haare jetzt nicht mehr revolutionär, und mindestens zwei weibliche Hollywood-Stars haben jüngere Partner.

Die Klon-Industrie ist aber eine erfolgreiche: Wie ein zoologischer Garten, in dem unterschiedliche Exponate unterschiedliche Dinge tun. Mir ist nicht ganz klar, warum sich Menschen für so etwas interessieren – ich tue es auch, ich lese Klatsch-Zeitschriften und bin selbst ein Subjekt in einer winzigen Sphäre. Obwohl ich mir so durchschnittlich wie nix vorkomme, breche ich immer wieder aus der Norm raus, was viele faszinierend finden. Das wiederum widerspricht den endlos geklonten Influencerinnen, einer immer gleichen Ästhetik und gleichen Handlung. Wobei, das gibt uns ja auch Sicherheit, und selbst Filme und Bücher gehen nach dem gleichen Plot vor, immer wieder.

Doch, wenn wir bei der Soziologie bleibe, brauchen wir die Klone genauso wie die Rebellen gegen die Normen, sie bestätigen ja einander. Doch wann kommt Bewegung rein? Durch die Zuschauer:innen und Leser:innen, die mit der Message der Influencer:innen, auch wenn es keine gibt, im Alltag umgehen. Ob sie Produkte kaufen, nicht kaufen, und was ich konsterniert feststelle: Ob sie unterm Messer landen oder nicht.

Die Klone treffen auf die Hyper-Individualisierung. Was bleibt?

Die Erkenntnis, dass alle zu einer amorphen Masse werden, weil sie anfangen, sich zu ähneln. Wirklich heraus stechen tun “Störfaktoren” – also gilt es zu erkennen, dass die schiefe Nase, die Narbe, die sichtbare oder unsichtbare Behinderung keine Schwäche sind, sondern einzigartige Dinge, die Komplexität erzeugen und die Klon-Armee hinter sich lassen.

Übrigens gibt es Menschen, die nicht erkennen, das dieses Bild absolut ironisch gemeint ist:

Tastaturzuordnung beim Mac korrigieren < statt ^

Ich mache es kurz und schmerzlos: Schreibt Deine Tastatur auf einmal statt <> ^und°?
Gerne genommen bei Bluetooth Tastaturen, die der Rechner gerade kein Bock hat zu erkennen.

Dann auf Einstellungen gehen, dann auf Tastatur, und unten links auf “Tastatur erkennen” klicken. Nun soll man die Taste neben Shift drücken, aber man drücke bitte y (ja, Ypsilon) und dann anschließend links neben der Hochstelltaste und dann, wait for it, ist das keine ISO Europäische Tastatur, sondern eine ANSI – und schon geht alles wieder wie geowhnt.

Gern geschehen!

Pandemie Volume 1, Volume 2, Volume 3

Lustigerweise stammt dieser Beitrag aus dem Jahr 2021 – Anfang Februar. Also so ziemlich ein Jahr Abstand. Wir sind in der Welle No 5 oder so, ich habe mich heute gewaschen und geschminkt, es ist Wochentag XXXX 2019, die Geschäfte haben auf, ich kaufe Nougat und Eier, die ich beides nicht essen darf.
Während ich am Schreibtisch sitze, häufen sich die Nachrichten auf Twitter, Instagram und WhatsApp. Das ist meine Welt, in der ich lebe – Menschen, die mit mir reden und mit denen ich rede. Ich bin prominent, manche bedanken sich dafür, dass ich ihnen schreibe. Surrealer wird es kaum noch, denke ich täglich.

Drei Impfungen weiter und in einer seltsamen Gefühlslosigkeit gefangen, die sich lustigerweise sehr produktiv auf meine Arbeit auswirkt, beschließe ich, mein Happy Place aufzusuchen. Ein Ausflug tagsüber, mitten in der Woche, in die Hamburger Kunsthalle. Farbe auftanken. Es ist super kalt und ich wähle stattdessen einen Ausflug zu einem Edeka Supermarkt, wo ich zwischen Champagner, Edelschokoladen und fancy Getränken eine unentschlossene Runde drehe. Kaufe später eine Geburtstagskarte. Das Handy klingelt, ich gehe nicht ran, es ist kalt. Weiterlesen…

Warum Steffen Schraut auf Teleshopping setzt

Falls Ihr die Mode des Designers Steffen Schraut nicht kennt: Der sympathische, stets in schwarz gekleidete Typ hat “peppige” Mode für den mittleren Preissegment angeboten. Eine Mischung aus trendy und klassisch, gute Qualität, und mit einem Auge auf Online-Absatz in bekannten Shops wie Breunninger, Jades und … die anderen habe ich vergessen.

Egal. In letzter Zeit fiel mir auf dass die Designs, passend zum Alter des Designers vermutlich, etwas gesetzter wurden, um nicht zu sagen altbacken. Ich bin nun auch nicht mehr 30 und fühlte mich dennoch immer weniger davon angesprochen. Ich fand es trotzdem interessant, die Entwicklung zu verfolgen und einzelne Stücke im Sale habe ich mir durchaus angeschaut (Schwarz hat er aber nicht, deswegen… wir Kreativen tragen Schwarz-bei mir hat es bloß lange gedauert mich dazu zu bekennen).

Auf einmal hieß es: Schraut exklusiv bei QVC!! Schock Horror Erstaunen und Gelächter – oder doch nicht?!
Angeblich geht es dem Label so gut wie nie und man hat angefangen, einen weniger stressigen Vertriebskanal zu suchen. Das macht Sinn, er wird ja nicht jünger (er ist super geliftet, Hut ab) und die Kosten senken damit auch. Nur – ist QVC für das Label die richtige Plattform? Man stellt sich vor, dass Hausfrauen aus Vorstädten den ganzen Tag dort shoppen. Stimmt aber nicht – die Altersvarianz dürfte recht breit sein, und der Charme der Sendungen liegt offensichtlich im Auge der Betrachterin. Im Fernsehen kann man wie im Laden die Sachen an der Frau zeigen, erreicht aber nicht eine Kundin, sondern ein paar Hundert Tausende.

Steffen Schraut bekennt sich, zuerst Kaufmann zu sein (in einem Interview der Branche). Und so ist sein Weg wirklich gar nicht unklug: Angesichts einer alternden Bevölkerung, die nicht unbedingt bei Zalando kaufen mag, und dazu ein wenig Entertainment haben will, eine gute Wahl. Es wird immer weniger Menschen geben, die stationär shoppen und da haben große Händler und Ketten einfach die Nase vorn. Um also den Absatz zu erhöhen, ist die Strategie den Verkaufschannel zu beschränken vermutlich klug, denn er hat dort seine Zielgruppe ohne Streuverluste. QVC ist zudem ein amerikanischer Konzern, die gucken auch wo sich die meiste Knete abschröpfen lässt.

Nun, ich fand das sehr interessant, weil Schrauts Weg eine Demographie antizipiert, an die wir uns noch gar nicht gewöhnt haben, aber schon längst da ist (und ich schaue dabei in den Spiegel): Die sog. “alternde” Bevölkerung.
Diensteistungen, die jetzt für die ü50 Fraktion rauskommen, werden in Zukunft sehr nachgefragt sein. Mark my words!

Und während die digital affinen ü50er in die Coaching Ecke gehen, und viel Geld für zum Teil seltsame Dinge wie Spiritual Awakening ausgeben, gibt es eine wesentlich breitere Masse, die man nach wie vor per Fernsehen erreicht.

Ansonsten ist das hier meine offizielle Bewerbung für QVC – nicht als Model, aber als Verkäuferin. Live erpressen, drohen, Druck erzeigen: “Nur noch 200 Stück auf Lager, schnell, es ist gleich alles weg!” oh ich weiß um die Chemie der Angstmacherei, das Dopamin nach dem Telefonat und um die “Zahlung auf Raten”, um die Kaufsuchtspirale aufrecht zu erhalten.

Kleiner Scherz. Obwohl… ich würde es vermutlich machen, stelle ich mir als spannend vor. Was sollte ich verkaufen? Kosmetik? Kleidung? Staubsauger?

P.S. Oh, ich hätte die Marke jetzt nicht als Luxury Brand bezeichnet…