Affektkontrolle oder warum billige Dinge shoppen nicht glücklich macht

In der Personal Styling Branche gibt es zwei goldene Regeln: “Cost per wear” und “3 items rule”.

Cost per wear erfasst den Preis im Verhältnis zur Nutzungsfrequenz und -länge.
3 items rule besagt, dass jede neue Sache zu mindestens drei alten Sachen passen sollte.

So gelingt Affektkontrolle beim Shoppen!

Warum ist das notwendig und warum sparen Personal Sytlists am Ende genau deswegen ihren Kund*innen Geld? Das klingt nach schamloser Eigenwerbung und das ist es auch, aber ich will mal erklären wie Shopping und die Konsumfallen so funktionieren. Nüchtern und wissenschaftlich, denn Konsum ist sehr stark auf Emotionen ausgerichtet und da muss einfach ein bisschen Rationalität rein.

Das Konsumerlebnis (alleine der Begriff macht deutlich um was es eigentlich geht!) dient nicht nur zur Beschaffung von Dingen, sondern ist auf zwei Dinge ausgerichtet:
1. Durch den Konsum erfolgt soziale Distinktion : “Ich bin was ich konsumiere”, und
2. wird dabei jede Menge Dopamin ausgestoßen, was unter dem Begriff “ein tolles Shoppingerlebnis” subsummiert wird.
Beim zweiten Punkt passiert es, dass man in einem Dopamin-Rausch gerät, das ist schließlich die beste Droge des Körpers, und über das Ziel hinaus schießt, sehr zur Freude des Verkäufers. Die erworbenen Dinge landen häufig im Schrank und werden dort vergessen, bis sie in den Müll wandern, was nicht nur ökonomisch, sondern auch umwelttechnisch eine Katastrophe ist. Das häufigste Beispiel: Die Hose wird in drei Farben gekauft, obwohl sehr wahrscheinlich nur eine getragen wird, von den Schminksachen wird der komplette Look gekauft, obwohl dort nur eine Sache wirklich neu und anders ist. Da kickt das Dopamin und die Freude über das schöne Erlebnis des Fundes und des Habens. Für die Schnäppchensammler*innen, die alles kaufen, wo ein Sale Schild dran hängt, ohne tatsächlich den Preis zu vergleichen, gibt es einen zusätzlichen Kick.

Bei der sozialen Distinktion gibt es Leute, die sich Dinge kaufen, die eigentlich nicht in ihrem Budget sind, weil die Verkaufskraft sie herablassend behandelt hat nach dem Motto, mensch könne sich das eh nicht leisten und man tut es dann doch nach dem Motto “jetzt erst recht”. Das ist eine beliebte Verkaufstaktik im sogenannten oberen Preissegment (mitunter Chanel und Louis Vuitton Sale Strategie). Das Shoppen als Hobby dient weniger der Beschaffung von notwendigen Gütern, sondern als Zeitvertrieb und da geht es natürlich darum, dass die Nachbarn und Freunde sehen, welche teuren Geschäfte man aufgesucht hat und dass Labels, die der gesellschaftlichen Schicht entsprechen, getragen werden.
Einschub zu Werbezwecken: Hier kann man übrigens ganz wunderbar mit Symbolen spielen und die Kodierungen für eigene Zwecke nutzen. Ich gehe immer sehr gut zurecht gemacht shoppen, und trage subtile Accessoires, die eine gute Kaufkraft suggerieren. So bekomme ich sowohl die eifrige Aufmerksamkeit des Verkaufspersonal oder was “von hinten” gebracht, was natürlich für meine Kund*innen wichtig ist, da sie die beste Beratung und die besten Dinge bekommen sollten.

Die beliebteste Falle jedoch ist das SALE Schild. Es gibt die Schnäppchensammler*innen, die alles kaufen, wo ein Sale Schild dran hängt, ohne tatsächlich den Preis zu vergleichen, das ist einfach Jagdinstinkt! Hier gelingt die Affektkontrolle am schlechtesten, denn hier gibt es ein zusätzliches Erfolgserlebnis: Was ich gekauft habe, war günstiger!! Und so wird über vieles hinweg gesehen, was nicht passt, nicht perfekt ist, oder wo das Preis-Leistungsverhältnis trotzdem nicht stimmt. Ein reduzierter Pullover aus Kaschmir von 399 auf 299, der nur zweifädig ist und kein großartiges Design-Stück ist: Hurra! Schnäppchen!NEIN! Ich weiß nicht, wie oft ich Leuten so etwas ausreden musste.

Hier heißt es: Auf die Bremse treten, rausgehen, Espresso trinken, und wieder einen klaren Kopf bekommen.

Kommen wir nun zu den richtig günstigen Sachen, die auch bei mir durchaus hoch im Kurs stehen, denn die Mischung macht es. Schau mal, das Shirt kostet nur 12.99 Euro! Ja, aber es ist nicht schön, es passt nicht gut, und die Qualität ist selbst für 2 Euro indiskutabel. Bei vielen Produkten ist der Sale-Preis schon einkalkuliert: Bei Labels wie Polo Ralph Lauren sind die Sachen in Outlets und online günstiger zu erwerben. Da ist das Sale-Schild tatsächlich sinnvoll.
Bei günstigen Sachen muss man tatsächlich beide Regeln anwenden, obwohl es widersprüchlich scheint. Das sind die Dinge, die nachher in der Summe teuer werden! Man kauft davon mehr, hat davon wiederum wenig Nutzen, weil da zu viele suboptimale Dinge dabei sind, die man nicht wirklich liebt.

Die Affektkontrolle beim Shopping ist übrigens schwer zu steuern, und das für alle.
Es gibt keinen Grund sich dafür zu schämen.
Shopping sollte immer Freude machen und Spaß bereiten, eben über den Moment im Laden hinaus.
Eine liebevolle und wohlwollende Erdung meinerseits, bis man wieder einen klaren Kopf hat, ist auch mein Job. Und im Zweifel immer auf Deiner Seite 🤗


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