Die Feigheit der Frauen – die Faulheit der Männer

Statt Lippenstifte kaufen lese ich… das Falsche. Feministische Lektüre. Lektüre, die mein niedriges Blutdruck in die Höhe schnellen lässt, quasi ein Medikament. Das Buch von Bascha Mika, “Die Feigheit der Frauen”, habe ich dabei in anderthalb Stunden durchgeblättert. Ich schätze sie hat weniger als sechs Monate gebraucht um es zu schreiben… So viel zum Stil.

Inhaltlich jedoch geht sie hart mit meiner Lieblingszielgruppe ins Gericht: Die Hausfrau. Die Latte-macchiato Mutti (sorry, wenn Du, meine Leserin, so eine bist). Die “Meine Mann sagt, meint, macht…” Frau. Die Übermutter.

Dabei darf man nicht aus den Blick verlieren, dass sie sich an die Frauen richtet, die nicht als Lebensplan einen Ernährer und Er-Zeuger ihrer Brut gesucht haben. Oder auf ihren/einen Job kein Bock haben und sich Familie sei Dank in den vermeintlich sicheren Hafen von Haushalt&Garten begeben. Sind wir ehrlich – wer hat schon Bock zu arbeiten? Was tun, ja, vor allem schöne Dinge: Bloggen*, ehrenamtlich arbeiten, bisschen Dekorieren, Kind bespassen… was mit Kunst und so. Aber bitte nur halbtags und ohne Druck. Den Druck wollen wir nicht… soll sich die Arbeitswelt doch bitte ändern.
(Ja, das sollte sie, gerade in Deutschland ist es ja auch möglich, aber das ist schlichtweg eine andere, wenn auch verknüpfte Debatte…).

Der Vorwurf der Feigheit richtet sich beispielsweise an MICH.

Mein Leben ist (m)ein (Alp)Traum: Ich habe einen Halbtagsjob [den ich Vollzeit ausüben möchte]; nun habe ich ein wundervolles Kind [was mir nun als Argument entgegengebracht wird, ich könne dies&das nicht machen-zum Beispiel Vollzeit arbeiten, ausserdem ist der Mann doch nicht arbeitslos und MUSS mich versorgen? Kein Scherz, so etwas habe ich im Büro der Gleichstellungsbeauftragten gehört], und ein tolles Hobby, das eine gewisse Wertschätzung findet, und intelektuell natürlich schaffe ich auch was, ich promoviere. Wahnsinn!!

Und jetzt kommt sie – die Gefahr.

Hört sich alles gut an, oder? Ein zweites Kind ist kein Thema, ich könnte außerdem aufhören zu arbeiten, muss der Kerl halt mehr verdienen. Außerdem muss ich mich nicht schämen, ich habe den ältesten Beautyblog der Welt, also ich mache ja schon was. Uiuiui.
Ich könnte mich endlich mal zurück lehnen, ja, das wollte ich auch endlich mal. Endlich mal Verantwortung abgeben. Den Sonnenschein genießen, der mir jeden Morgen entgegenlächelt und so unkompliziert und liebenswert ist. Irgendwann haben wir eine Doppelhaushälfte, ein Hund und ein Leben mit Starfriseur, Touristenstadt und ein nettes Taschengeld jeden Monat. Arbeiten muss ich nicht, es reicht, ein Mittelklasseleben in einer Mittelklasse-Vorstadt mit anderen burgeoisen BürgerInnen.

Gott sei Dank hat mich mein Ehemann geweckt. Sicher, ein faules Leben als “Verdiener” mit Kind Bespassung und einer repräsentativen Ehefrau ist nicht gerade hässlich. Es wäre aber potentiell das Leben mit einer ewig aggressiven, nörgelnden und nicht ausgelasteten Person. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt.

Frag Dich, liebe Leserin, die vielleicht an ähnlichen Scheidewegen des Lebens stehst, was willst Du eigentlich? Druck haben wir alle nicht – zur Not fängt uns der Staat mit Sozialhilfe auf. Willst Du faul sein? Ist dir der Preis klar, den du dafür zahlen wirst? Keine Rente, der Typ ist vielleicht weg, oder die Kinder sagen Dir, hey, warum machst Du nix?! Falls sie noch mit Dir reden, denn so ab 12-15 Jahre sind sie meist eh über alle Berge.

Vielleicht ist der Typ nicht weg, aber er wird es genießen, die gemachte Wäsche, der Haushalt: Die Rollenverteilung, die ursprünglich nicht so war und nie so gedacht war, wird in die altbekannte Richtung gehen. Nach 50-60 Stunden ist er müde, ist so. Und die frisch angeheuerte Putzfrau? Die wird nicht mehr drin sein, sobald du aufhörst zu arbeiten.

Zwei Kinder? Und Berufstätigkeit? “Unvereinbar in Deutschland”. Nein, und es ist weiß Gott scheiße und stressig, teuer dazumal, aber es geht.

Der Job ist scheiße? Endlich kann man weg? Kein Problem – aber nicht nach Hause, sondern einfach mal woanders hin. Hast Du Dich schon beworben? Nein? Tja. Mehr Geld wird dir kein Chef geben, bloß weil Du da bist. Schon gar nicht Dir als Frau. Du hast kein besseres Angebot? Aber vielleicht ist woanders das Klima besser. Oder es gibt mehr Urlaub. Oder Aufstiegsmöglichkeiten, oder Weiterbildung.

Du bist feige – ich bin es auch. Es ist gerade so bequem und es läuft doch super. Und, bist Du zufrieden? Wenn ja, dann frag Dich ob das in 30 Jahren der Fall sein wird. Wenn ja, dann machst Du alles richtig. 30 Jahre. Nicht 5, nicht 10, nicht 20.
Unzufriedenheit, die an einem nagt, steigert sich schnell und unbemerkt. Da hilft kein Shopping, keine Ablenkung – nachts werden Deine Gedanken nur noch darum kreisen.

Und Du, Mann, der sich gerne Faulheit leisten würde, denke dran dass eine erfolgreiche Frau Dir genau diese ermöglichen kann: Der (zeitweise meinetwegen) Ausstieg aus der Jobtretmühle. Männer finden viel einfacher eine Arbeit, eine Wohnung, … (Ich bin übrigens achtmal umgezogen, jedes mal war der Nachmieter ein Mann. Als ich eine neue Wohnung wollte, schickte ich den Ehemann alleine. Er bekam die Wohnung, nicht die Frau, nicht das Pärchen. So einfach ist das.)
Wie schrecklich ist es jedoch so eine nörgelnde Trulla irgendwann zu haben, die man nicht mehr mit Blümchen und Schöner-Wohnen-Abo ruhig stellen kann…

Feigheit. Feigheit. Sheryl Sandberg schreib in ihrem Buch “Lean In” auf vielen Seiten eigentlich nichts, was sich nicht in exakt zwei Sätzen sagen lässt:

Was würdest Du tun, wenn Du keine Angst hast?

Gib Gas, statt Dich vorzeitig zurückzulehnen.

Natürlich kann man nicht zu viele Baustellen auf einmal haben. Aber es gibt für alles pragmatische Lösungen. Weniger arbeiten ist für eine Zeit auch okay, aber nicht der Ausstieg; Weiterbildung anstrengend, aber erfüllend, Kinderbetreuung teuer, aber organisierbar, und der Haushalt? Ach, der läuft nicht weg. Den Anspruch, dass alles toll sein muss, an der Haustür abgegeben. Und zwar dem Typen, der gleich reinkommt. Männer sollen angeblich auch eine Waschmaschine, einen Trockner und einen Staubsauger bedienen können. Ja, sie sind müde, aber frau ist es auch. Sind halt beide müde, scheiße, ein bisschen Knutschen und es geht weiter.

Übrigens können Frauen auch gerne diese Hilfe annehmen – die vom Partner. Wie oft bekomme ich das Angebot, entlastet zu werden, aber nein, ich muss ja alles machen, außerdem bin ich besser, schneller und bla bla bla. Bullshit. Die Feigheit, den eigenen Ansprüchen und denen da draußen nicht zu genügen?

Ach ja, da sind noch… die anderen feigen Frauen.

Die werden Dir erzählen, dass Du eine Rabenmutter bist.
Dass Du das nicht alles schaffen kannst.
Dass es aber ganz schön schmuddelig bei Euch ist, und Deine Bluse ist ungebügelt.
Dass es so schön ist, vormittags, wenn die Kinder weg ist, im Garten zu sitzen bei einer Tasse Kaffee.
Dass der Ehemann ihnen was Tolles geschenkt hat, wofür Du ein Jahr von Deinem Gehalt gespart hast.
Dass “solche Bücher” und solche Gedanken sich gegen die Frau richten, und dass sie es sich freiwillig so ausgesucht haben, ja, das gäbe es.
Dass Du karrieregeil bist und eh keine Chance hast.
Dass es “da oben” eh kalt und ungemütlich zugeht – willst Du das wirklich?

Was kann ich noch hinzufügen?

Ich bin feige. Aber ich bin gerade aufgewacht. Ironie des Schicksals, dass ich das auf einen Beautyblog teile. Aber ich gebe nicht auf. Das ist nicht das, was ich wollte – was ich will, finde ich heraus in Gesprächen mit vielen tollen Frauen um mich herum, die so oder anders leben. Und die zugeben, dass sie sich womöglich falsch entschieden haben. Oder zugeben, dass sie nicht genug Druck haben um anders zu handeln, nicht ehrlich zu sich sind, dass Faulheit okay ist. Frauen, die ehrlich sind zu sich selbst und zu ihren Entscheidungen stehen, bewusst Dinge in Kauf nehmen, nicht blind einem nicht erfüllbaren Ideal nachjagen sondern pragmatisch den Alltag organisieren.

Feige sein ist okay. Wirklich. Aber ehrlich sein, das musst Du. Zu Dir, in Deinem dunkelsten Inneren. Und wenn Du ehrlich bist, dann kannst Du der Gefahr entgehen, in einigen Jahren oder Jahrzehnten unglücklich und/oder frustriert zu sein.

Was wäre, wenn Du keine Angst hättest?

Was ist Dein Plan?

Was willst Du wirklich und wie kommst Du dahin? Und wie erhältst Du diesen Status Quo? Was wäre, wenn Du alleine wärst? Was wäre, wenn Du alleinerziehend wärst oder überhaupt erst Mutter?

Antworten habe ich keine, es tut mir leid, die habe ich nicht einmal für mich. Aber Fragen.

Bin ich unglücklich? Nein, aber unzufrieden. Aber was ich mittelfristig will, führt nur über den gerade eingeschlagenen Weg. Und der ist nicht immer bedeckt mit Rosenblüten.

Liebe LeserIn, was waren Deine Träume als Kind? Hast Du sie Dir erfüllt?

…ach ja, über das Buch:
http://www.sueddeutsche.de/leben/bascha-mika-ueber-frauen-im-beruf-zu-weich-zu-feige-zu-unterwuerfig-1.1057495

http://www.perlentaucher.de/buch/bascha-mika/die-feigheit-der-frauen.html


* Bloggen als Beruf im Beautybereich wird auch daher in Deutschland nicht funktionieren weil es als Hobby angesehen wird. Frau will sich dem Druck nicht stellen, den ein zum Job gewordenes Hobby mit sich bringt. Da wird lieber auf Kohle&Karriere gepfiffen und stattdessen Cupcakes gefuttert und durchgeschnorrt, in dem Irrglauben dass man damit irgendetwas erreicht. Ach ne, man will nix erreichen, nur sich austauschen. Seufz.

17 Gedanken zu „Die Feigheit der Frauen – die Faulheit der Männer

  1. Liebe Andreea,

    das hast Du mal wieder fantastisch geschrieben. Ich liebe Deine Ironie, Deinen Wortwitz und Deine Bissigkeit.

    Ich erkenne mich in so vielem wieder was Du schreibst. Glücklicherweise bin ich mit einem Mann verheiratet der mich in allen Lebensbereichen unterstützt. Er putzt, kocht, kümmert sich ums Kind genauso wie ich. Theoretisch. Wenn er denn da ist. Er arbeitet 40-50 Stunden in der Woche, ich 30. Zwangsläufig bleibt Vieles an mir hängen. Da nützt es auch nichts wenn er helfen möchte. Er kann nicht. Weil er nicht da ist. Weil es in der Männerwelt leider noch oft so ist, dass es kein bzw. nur wenig Verständnis für Kinder und Familie gibt. Früher nach Hause gehen nur des Kindes wegen? Ein Witz. Chef sein in Teilzeit? Die Führungsetage würde sich totlachen.
    Frau kann meiner Meinung nach sich nur hocharbeiten wenn man(n) weniger arbeitet.

    Dann noch was: nicht jeder hat einen tollen Beruf erlernt in dem er oder sie viel Geld verdienen so dass es für eine Vollzeitmutti reicht. Wie machen das die Schlosser+Friseurin-Familien? Da müßen beide arbeiten.

    Was ich machen würde wenn ich könnte wie ich wollte? Vollzeit arbeiten (im Idealfall 50% Job & 50% Blog ;-)). Der Mann in Teilzeit.
    Ich komme nach Hause und alles ist sauber, Essen gekocht, das Kind fröhlich.

    Frau wird doch noch träumen dürfen… 🙂

  2. Ich mag solche Bücher eher nicht – man macht es sich einfach und gibt den Frauen die Schuld. “Fundamentaler Attributionsfehler” nennt sich die universelle Bevorzugung von Persönlichkeitsiegenschaften zur Erklärung sozialer Phänomene. Das ist mir zu einfach.

    Es ist auch ganz stark eine Milieufrage (gilt insbesondere für alles was Frau Sandberg als allgemeingütig darstellen möchte). In meinem Umfeld wird niemand trotz Vollzeit mehr als die gesetzliche Rente erhalten. Der Job ist schlecht bezahlt, bietet null Identifikationspotential und erfüllend ist er auch nicht. Viele Kolleg(inn)en arbeiten, weil man zwei Gehälter zum Überleben braucht oder einfach nur, weil man dann zumindest auf Hartz Vier-Empfänger und reine Hausfrauen hinabschauen kann (denn allen aktuellen Umfragen nach ist die Hausfrau für die junge Generation heute eben nicht mehr besonders prestigeträchtig).

    Was ich als Kind wollte? Tierärztin werden. Dann wuchs ich mit dem Beruf (Elternhausbedingt) auf, lernte die Realität kennen (Notwendigkeit von riesigem Praxiskapital, 60-80 Stunden proWoche, Tierhalter mit viel Getier aber ohne Zahlungsbereitschaft, mieses Einkommen und und und) und bin über diesen Schock armseligerweise leider nie hinweggekommen.

  3. Ach Andreea,

    ich finde Dich so gar nicht feige. Als intelligente Frau Mann und Kind zu haben und nicht davon abzulassen, promoviert zu werden – das ist eine ganze Menge, von der sich andere nicht nur eine Scheibe abschneiden können.

    Wie Du weißt, arbeite ich Vollzeit in einer von Männern dominierten Umgebung und da geht es manchmal sehr ruppig zu. Auch wenn mir das nicht immer passt, ruppe ich gerne mit, denn degradieren lasse ich mich nicht – weder, was meine Fähigkeiten angeht, noch dahingehend, was “man” von mir (auch als Frau) erwartet.

    Du fragst: Was wäre, wenn ich keine Angst hätte? Nun, das klingt doof, aber Angst hatte ich noch nie. Mein Lebenslauf ist alles andere als geradlinig, ich habe mich schon zweimal komplett umorientiert, jedes Mal nicht freiwillig. Aber: “Man kann seine Ziele nur erreichen, wenn man bereit ist, sie zu ändern”.

    Mein Plan war schon als kleines Kind, dass ich immer die Beste sein will. Immer ganz oben sein. Und alles dafür tun, dass ich da auch hinkomme. Über die Jahre habe ich gelernt, dass ich auch Abstriche machen muss, sei es wegen der Gesundheit oder wegen dem Menschen, den ich liebe – einfach, weil in meinem Metier nicht genug Zeit bleibt für eine supersteile Karriere und eine erfüllende Beziehung.

    Kinder sind für mich kein Thema, obwohl ich vermutlich nicht mal Probleme hätte, das Kind betreut zu bekommen – durch meinen Partner oder die Kinderbetreuung an meinem Arbeitsplatz. Somit muss ich passen mit der Antwort auf die Frage, was denn wäre, wenn ich alleinerziehend wäre.

    Eines weiß ich ganz sicher – egal, wie oft mein Leben noch Haken schlagen wird, ich werde damit klar kommen. Kämpferin, wenn nicht sogar Kriegerin. Und es macht mich sehr glücklich, dass ich jungen Frauen Vorbild sein kann. Damit auch die, die heute noch gar nicht wissen, was vielleicht mal auf sie zukommt, die Option wahrnehmen, dass man als Frau eben nicht feige sein muss und seine Träume umsetzen kann, wenn man wirklich will.

    Das ist es nämlich, das Wollen, was vielen Frauen, die ich kenne, fehlt. Da gibt frau sich lieber zufrieden, redet sich ein, “doch ganz gut dran zu sein” und “gar nicht mehr wollen zu können”. Doch, wir können – und sollten auch, denn sonst wird sich die Gesellschaft nie bewegen.

    Pardon, ich bin abgeschwiffen, aber dieses ganze Thema regt mich so unendlich auf, dass es mir immer wieder schwerfällt, mich brav auf eine Frage zu konzentrieren…

    Stay hungry. That’s it.

  4. Hello liebe Andrea,
    mega Post, hab ich gleich mal auf meiner FB Seite für meinen Blog gepostet…so einen Denkanstoß hab ich auch mal wieder gebraucht, auch wenn ich noch nicht Mama bin. Aber Bewusstsein dafür bevor die Bude brennt, sollte nicht schaden.

    Großes Kompliment an dich als mein Vorbild-Hybrid als Beauty-Bloggerin und kluges, bewusstes Wesen und natürlich Feministin in crime 🙂

    Liebste Grüße aus München,
    Sissi

  5. *schmunzelt* Du musst Adelsblass & Kunterbunt wirklich auch mal treffen, wenn ich ihr Kommentar hier lese. Ich erinnere mich sogar, dass ich mit ihr mal ein sehr spannendes Gespräch zu dem Thema hatte.

    Ich lese Deine Artikel auch gern – auch wenn sie manchmal unbequem sind, auch wenn man sich fragt “In welche Sparte falle ich? Was will ich? Wo schließe ich falsche Kompromisse?” – Genau das ist wichtig. Unbequeme Fragen stellen und Dinge sagen ist manchmal wichtig. Wer ein Märchenschloss zum Sich Belügen möchte, muss andere Dinge lesen.

    Ich freue mich auf und über ein paar typisch weibliche DInge. Trotzdem wird für mich immer klar sein: ich will Autonomie, ich werde nie das 0815 Weibchen sein, ich werde eventuell ungewöhnliche Rahmenbedingungen für Kinder/Familie/ Beziehung wählen und ich wähle sie, weil ich es genau so will und nicht 2 1/2 Kinder, Gartenzaun, Dackel und mit geplatzten Träumen meine Sofakissen ausstopfen möchte.

    Sich bewusst zu entscheiden, was man will und nach den Möglichkeiten dafür zu gucken abseits vom “Das ist aber nicht die Norm!” oder “Das macht man nicht”, ist unsere Verantwortung, wenn wir nicht mit 80 auf ein Leben zurück blicken wollen, das wir am liebsten anders geführt hätten. Dafür sehe ich täglich zu viele unglückliche Menschen.
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  6. Inhaltlich bin ich persönlich in fast allen Punkten genau Deiner Meinung.

    Allerdings hat man so bissl das Gefühl Du willst Leuten, die Du gar nicht kennst, und die Du auch unangebracht pauschalierst – DEN Frauen nämlich – erklären, was gut für sie ist. Meine Schwiegermutter pflegt das ebenfalls zu machen; ich finde es in beiden Fällen nicht richtig.

    Um es mal ganz platt zu formulieren – warum soll man sich nicht in seinem durchschnittlich burgoisen Vorstadtleben ein wenig auf die faule Haut legen, wenn man es sich finanziell leisten kann??? Klar – Dein und mein Ding wäre das definitiv nicht! Aber andere Menschen haben andere Wünsche, Ansprüche und Vorstellungen dahingehend, wie ihr Leben optimalerweise sein soll. Und es ist schon bissl vermessen, wenn Du hier sagst, oder zumindest andeutest, die würden sich damit Alle irgendwo tief drinnen aus Feigheit selber in die Tasche lügen. Sicher tun das zwar Viele – aber ebenfalls sicher nicht genug, als daß es angebracht und treffend wäre, das so über einen Kamm zu scheren. Ich bin zwar die Letzte, die ein Recht hat zu sagen daß man sich nicht über anderer Leute Leben äußern soll, denn Du weißt ja, wie ich mit meinen Freunden mitlebe, -liebe und -leide… Aber wenn ich nicht emotional involviert bin, sehe ich es tatsächlich so. Man kann formulieren was man selber will, was man für die Gesellschaft für gut hält, aber wenn jemand eine Art Leben führen will, die dem widerspricht, und derjenige sich das finanziell und auch sonst in jeder Hinsicht leisten kann – sorry, aber da steht es weder Dir, noch mir, noch sonstwem zu, einen vermeintlich allgemeingültigen (und für den Einzelfall dann eben persönlich werdenden) Einspruch zu erheben.

    Meine Mutter – wie schon öfter erwähnt – hat das Leben geführt, das Du hier als Negativbeispiel skizzierst; und für sie wars auch tatsächlich so fatal, wie Du es hier skizzierst. Aber ich kenne auch einige Frauen Mitte bis Ende 50, die ein solches oder sehr ähnliches Leben gelebt haben, es noch tun, und damit wirklich, ehrlich, unübersehbar glücklich, zufrieden und mit sich im Reinen sind! Und ich finde einfach, das darf und kann man nicht mit feministischen Postulaten negieren. Obwohl ich, um das nochmal ganz klar herauszustellen, Deine Ansichten persönlich absolut teile.

    Und weil Du das mit dem Beautybloggen als Hobby nochmal aufgreifst: ich finde daß das Bloggen absolut auch als Hobby seine legitime Daseinsberechtigung jenseits von feiger Kleingeistigkeit hat. Klar ist es nicht nur toll und bemerkenswert, sondern auch schlicht RICHTIG, wenn Blogger oder auch Youtuber aus ihrem Hobby ein Geschäft, eine echte Profession machen – so sie das wollen. Aber Viele haben andere Berufe, die sie auch beibehalten wollen, ohne andererseits aber das Bloggen aufzugeben; denen kannst Du doch nicht ernsthaft einen Vorwurf machen! Das ist so, als würdest Du jemanden, der abends nach der Arbeit zum Ausgleich häkelt, anscheißen, weil er nicht vertraglich mit Spinnereien und Stoffherstellern zusammenarbeitet, und seine Häkelarbeiten nicht verkauft. Du als jemand, der den Kapitalismus vermutlich deutlich kritischer sieht als ich, kannst doch nicht ernsthaft propagieren, daß man Hobbys nur legitimieren kann, indem man sie kapitalisiert!

    Last but not least: Feigheit ist nur allzu menschlich. Wir alle haben sie. Jeder von uns lebt sie in unterschiedlicher Weise und unterschiedlichen Lebensbereichen. Sie zu überwinden ist ein hehres, wunderbares Ideal; und nicht nur ein Ideal, sondern auch ein echtes Ziel!!! Das aber sicher kein Mensch in allen Belangen 100%ig verwirklichen kann. Das zu kritisieren, auch massiv, auch ggf. mit verbalen Arschtritten, ist gut, richtig, und im Optimalfall fruchtbar. Jemanden, persönlich oder auch allgemein, zu verurteilen, weil er es nicht schafft – und sei es auch gerade in Bezug auf Deine Herzensangelegenheit – ist es nicht.
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    1. Paphi: Ich nehme die Frauen aus, die genau das wollen – faul sein. Die einen Lebenslauf als Hausfrau anstreben. Du fühlst dich sehr von dem Artikel angesprochen – gut so, er soll einen persönlich ansprechen, und meinetwegen angreifen, wenn es nur dazu diente dass frau sich hinterher sagt, hm, stimmt schon, hier und da ist etwas nicht so toll, kann ich das ändern, und wie?

  7. Du sprichst mir mit diesem Post aus der Seele!!! Ich wünsche mir Kinder, Will aber auch als Mutter weiterhin arbeiten. In meinem aktuellen Job wäre das nicht möglich und nun? Kein Job als Mutter? keine Kinder bekommen? Beides keine Option. Ich bin Stattdessen wieder auf Jobsuche, Obwohl ich eine gute Stelle habe… Da läuft doch Was falsch, oder?

    1. Katy: Das Problem ist nicht der Job – das Problem ist dass dir der Job weggenommen wird. Daher musst du dafür sorgen, dass sie es nicht machen können, keine zu lange Pause, Stunden nicht reduzieren, Augen zu und durch und das ganze eben später machen, wenn sie dich nicht ersetzen können. Und natürlich alles schröpfen vom Homeoffice Möglichkeit bis Kind mitnehmen ins Büro vor Ort. Klar, wenn man viel reist ist es schwierig, allerdings bekommst du das Kind hoffentlich nicht alleine, dein Partner muss mitmachen und flexibel sein.

  8. Ich fühle mich nicht eigentlich inhaltlich angesprochen, sondern mehr insofern, als es aufgrund verschiedener Formen von latenter, aber dennoch ziemlich heftiger und präsenter Intoleranz, die ich selber erlebt habe (und erlebe) einer meiner persönlichen, ehernen Grundsätze ist, Andersartigkeit als gleichwertig zu akzeptieren. Wenn ich mir überlege, was meinen Kindern beibringen und mitgeben will, dann stünde das ganz oben auf der Liste. Und das sehe ich in dem was Du schreibst und wie Du schreibst nicht unbedingt gegeben.

    Es ist zwar was Anderes, wenn sich jemand tatsächlich selber, wie dargestellt, in die Tasche lügt (eben aus Feigheit), oder wenn jemand vor Doppelmoral nur so trieft – grade das gibts in den von Dir angesprochenen Fällen ja auch oft. Und auch und gerade das finde ich ebenfalls abstoßend! Trotzdem gibts eben auch Menschen, für die ein solches Leben echt funktioniert. Und ich finde daß man das respektieren muß; und zwar nicht notgedrungen und als Lippenbekenntnis, sondern aufrichtig. Auch wenn man es selber nicht nachvollziehen kann und für sein eigenes Leben keinesfalls so wollte.
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    1. Pahpi: Eben – Andersartigkeit ist in diesem Fall abweichen vom gesellschaftlichen Konsens des sich zufrieden Gebens und der klassischen Rollenaufteilung. Andersartigkeit muss man wagen, und erkämpfen, und Andersartigkeit hierzulande ist das, was woanders normal ist. Toleranz hege ich bestimmten Dingen nicht gegenüber, das ist richtig, und zwar tatsächlich Ungerechtigkeit und Scheinheiligkeit, und beide Dinge finden sich hier verdichtet wieder, in diesem Haus-Frauen-Universum der Mittelschicht. Ungerechtigkeit weil diese Sozialschnorrerinnen anderen Frauen sehr viele Dinge unmöglich machen, Scheinheiligkeit, weil sie scheinheilig sind und agieren und damit anderen das Leben vermiesen. Gäbe es diese Gruppe nicht, würde es schon lange Betreuungsplätze und Alternativen für Frauen geben, die nicht dem 50er Jahre Model entsprechen wollen. So bleibt der Frau nur SO VIEL zu verdienen dass sie sich einen Partner zu Hause und/oder eine Haushälterin leisten kann, dann hat sie alle Freiheiten dieser Welt; aber diese sind nur durch Geld gegeben, wie so häufig, und da ist es schwer heranzukommen weil Strukturen bla bla bla. Solange der Kreis nicht durchbrochen wird…

      Andersartigkeit wird nie akzeptiert werdem, weil slebst darin und damit die Leute versuchen geliebt und gemoch zu werden. Das ist unser Schicksal! Das ist Menschsein.

  9. Meinst Du echt, daß die klassische Rollenverteilung noch immer gesellschaftlicher Konsens ist? Ich empfinde das eigentlich nicht so. Aber vielleicht hab ich da auch einfach eine zu egozentrische Sicht auf die Welt. Mir gehen evtl. Erwartungen von Anderen mittlerweile einfach in einem so relativ hohen Maß am Arsch vorbei, daß ich von ihnen womöglich gar nicht mehr so Notiz nehme. Daher gehe ich mit einem Nemo-Makeup in den Biergarten wenn ich Bock hab, und daher fehlt mir vielleicht auch tatsächlich ein wenig das Gefühl für Zwänge, denen ich selber mich eh nicht unterwerfe…

    Natürlich finde ich Scheinheiligkeit und Ungerechtigkeit ebenfalls höchst anprangernswert. Da würde ich auch nicht wertneutral von Andersartigkeit sprechen. Und ja, Scheinheiligkeit kann man sicher vielen klassischen Hausfrauen vorwerfen. Kann man letztlich zwar sicher jedem Menschen, aber das sollte kein Grund sein, es nicht zu tun, wenn man Scheinheiligkeit irgendwo erkennt. Und Ungerechtigkeit – ja, da hast Du sicher auch recht was die Kausalität der entsprechenden Problematiken betrifft. Aber schwierig ist es trotzdem, denn Du kannst von niemandem verlangen, ein anderes Leben führen als das das er nunmal möchte, wenn er die entsprechenden Möglichkeiten hat, weils für die Gesellschaft besser wäre.

    Mir persönlich wäre das “Haus-Frauen-Universum in der Mittelschicht” allein dann schon bedeutend sympathischer, wenn es ein Haus-Partner-Universum wäre; also wenn man einfach darum streiten würde, ob einer der beiden Partner zu Hause bleiben sollte – egal ob Mann oder Frau. “Hausfrau” ist ja irgendwie allein schon ein widerwärtiges Wort…
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    1. Paphi – das ist richtig, das ist in “echt” ja auch gelegentlich so, und mancher Mann würde gerne das übernehmen. Nur entscheidet sich das letzten Endes an der Kasse: Wer weniger verdient, kriegt weniger.

  10. Ich empfinde es als Frechheit, wenn Frauen, die sich für den “konservativen” Lebensentwurf entscheiden, Faulheit, Feigheit oder Dummheit unterstellt wird. Weil der Job “Hausfrau” zwar meistens nach ca. 20 Jahren durch ist, aber so lange durchaus eine Vollzeitbeschäftigung, die die ganze Frau fordert. Es ist ein Unding, dass das schon zu den Zeiten, als meine Mutter Hausfrau war, der gesellschaftliche Grundtenor war.

    Jeder sollte den Lebensentwurf durchziehen, den er für richtig hält, ohne sich Vorwürfe machen lassen zu müssen. Weder ist es richtig, denen, die sich für ein Familienbetreuungsdasein entscheiden, Vorwürfe zu machen, noch ist es richtig, diejenigen als “Rabenmütter” und “schlechte Ehefrauen” zu verdammen, die weiterhin arbeiten oder gar Karriere machen wollen.

    Wir reden hier über Frauen, deswegen habe ich so formuliert. Nachdem ich aber weiß, was auf solche Kommentare hin gerne mal kommt, hier noch ein Hinweis: Dasselbe gilt meiner Ansicht nach für Männer.

    Wahlfreiheit UND Anerkennung ftw.

    1. Astrid: Ich stimme Dir zu; es geht aber um die Frauen, die lauthals behauptet haben dass sie so nicht leben wollen. Die mit einem Hochschulabschluss auf Kosten der Unterschicht und unteren Mittelschicht. Hausfrau sein ist ein knallharter Job, früher gab es dafür sogar für die “Höhere Töchter” eine regelrechte Ausbildung (git es auch immer noch…). Und ja, es gilt für Frauen UND Männer, es wöre schön wenn wir irgednwann an dem Punkt kommen, in dem wir lernen dass die Kerle keine schwanzgesteuerten Geldesel sind (wenn sich immer noch reichlich viele so verhalten – durch was werden diese Verhältnisse eigentlich reproduziert?!)
      Wahlfreiheit ist immer nur mit $$$ verbudnen und das muss sich ändern. Anerkennung, gerne, bitte, danke.

  11. Ach so ok, gut daß Du jetzt so explizit sagst, daß Du die meinst, die erst einen Abschluß machen und groß rumtönen, und dann doch ne Kehrtwende hinlegen. Das ist natürlich schlüssig. Das kam aber im Hauptartikel irgendwie nicht wirklich in dieser Ausrichtung rüber. Daher auch meine Einwende. Aber unter dieser Präsmisse sind wir 100%ig beisammen. Eben gerade auch was Scheinheiligkeit und Feigheit betrifft…

    Was die Typen betrifft – ich glaube mittlerweile, man ist als Frau gut beraten erst mal davon auszugehen, daß sie total schwanzgesteuert sind. Dann kann man nur positive Überraschungen erleben. Ich hab zwei Jahre an einer Jungenschule verbracht; seither gibt es zwar nicht mehr viel das mich noch entsetzt, dennoch bin ich manchmal noch immer erstaunt, wie sehr man sich doch in Männern täuschen kann, die man für “anders” hielt. Das hat mit der hier angesprochenen Problematik nix zu tun; fiel mir nur so ein zum Aspekt “schwanzgesteuert” und ist insofern ein eigenes Thema. Und kein zu kleines…
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