Ohne Titel

Ich habe einen alten Text von mir gefunden, der sich über Luxus-Ökos, wie ich am Ende des Tages auch eine bin, lustig macht. Und dann dachte ich uff, es hat sich absolut nichts verändert?!
Wir haben eine Pandemie und dazu mehrere Kriege und sind mitten in einer Klimakrise, die mit Hungersnöten einher geht, die sich verstärken werden.

Und was passiert hier, bei uns, im fettem Wohlstand? Man hätte an einige Schnüre ziehen können, um Dinge zu verändern. Nehmen wir mal Schulen, die momentan aufgrund Infektionsraten aus der Hölle und Personalmangel die Schülerschaft sich selbst und den Eltern überlassen. Die Schule könnte etwa später anfangen und Kinder entlasten, man hätte in Personal für Digitalisierung investieren können, und insgesamt die pädagogische Ausbildung modernisieren können. Hätte hätte Fahrradkette.

Ein anderer Strang, an den man hätte ziehen können, angesichts von mangelnden Wohnraum, geschweige denn bezahlbarer Wohnraum, wäre Auflösung von Dingen wie Büros. Wie genau man da eingreifen könnte, ist mir nicht klar, aber die Entlastung wäre Wahnsinn, wenn sagen wir mal 60% der Büros umgewandelt würden in Wohnraum. Es gäbe immer noch Platz für Meetings, allerdings wäre Büroarbeit faktisch nicht mehr existent, sondern fände in einem Zuhause statt, wo man mehr Platz hat (da weniger Büros) und so das Pendeln und die damit verbundene Umweltverschmutzung reduzieren würde. Von der Verbesserung im Alltag für Arbeitnehmerinnen ganz zu schweigen, die produktiver werden und mehr Freizeit haben können. Es ist natürlich ein unheimlicher Eingriff in eine Milliardenbranche, die nur staatlich funktionieren könnte, mit Anreizen für die Privatwirtschaft – aber was wäre, wenn der Statt das selbst tun würde? Die institutionellen Flächen für Ämter etc. müssen zu einem großen Teil bestehen bleiben, aber die Pandemie hat gezeigt, dass vieles eben auch ohne Büro geht. Wenn denn mal dieses Digi-Dingsda klappen würde. DIGITALISIERUNG!! Andere europäische Länder lachen sich schlapp über den sog. Technologie-Standort Deutschland, und das zurecht.

Ja, auch das wäre ein Dominostein gewesen, an der man hätte ziehen können, um sehr viele andere Prozesse umzusteuern. Das findet alles statt, irgendwo, irgendwie, ich bin mir sicher und es findet sich auf alle Fälle jemand, der an so etwas in seinem Office arbeitet (Ja, Sarkasmus).

Die Digitalisierung kommt nicht ohne den Blutzoll namens Umweltverschmutzung, das ist mir bewusst, aber ich kann mir vorstellen, dass am Ende der Bilanz die Rechnung etwas besser aussieht. Eine schrumpfende Auto Industrie wäre auf Innovationen angewiesen, die nicht aus 2m hohen SUVs bestünde. Baugesellschaften, die Autobahnen bauen, wären sicherlich in der Lage, Radwege und Fußwege zu bauen (ich vermisse wirklich beleuchtete Wege für Fußgänger, vom öffentlichen Nahverkehr wollen wir mal wieder schweigen).

Eine alternde Gesellschaft wie sie in Deutschland immer größer wird, benötigt in der Tat eine andere Infrastruktur, vor allem weil viele nicht mehr Auto fahren können – sie tun es trotzdem, was sehr gefährlich ist, aber die heilige deutsche Kuh “das Auto” zu schlachten ist eben sehr schwer.

Es hat sich in den ganzen letzten Jahren so wenig sichtbar und spürbar verändert, trotz einer massiven Pandemie, die viele Leben kostet und noch kosten wird, dass es mich rational zweifeln lässt an den Fortbestand der Menschheit. Ja, wir sind sicherlich in der Lage zu technischen Innovationen hier und da (wobei, wenn man sich anschaut wie kurzsichtig so etwas gedacht wird, nimmt man das Tesla Werk mit dem irren Wasserverbrauch in einer ziemlich trockenen Zone…), aber offensichtlich sind wir nicht mehr zu einer gesellschaftlichen Transformation, die natürlich sehr lange dauert, fähig. Denn, und das ist interessanterweise immer wieder das Problem: Die Kapitalismuskritik beißt sich immer wieder in den Schwanz, denn wir leben im Kapitalismus und Hustle-Culture ist einfach real.

Aussteigen aus dem Ganzen? Die Eliten verpflichten? Das muss schon quer finanziert werden, um solche Gedanken hegen zu können. Und überhaupt, ist das nicht schon Sozialismus?!

Nun, auch hier fällt einem eine total einfache Lösung ein, die selbstverständlich niemals als Steuerungsmittel genutzt wird: Besteuerung von Vermögen. Die Unsummen, die vererbt werden und die Gewinne, die man ans Finanzamt durch eine unglaublich intransparente Steuergesetzgebung für Unternehmen einfach vorbei schieben kann, sind immens, und die würden nett was für den Statt abwerfen. Die würden tatsächlich ein Umdenken erzwingen und vor allem Innovationen solcher Art befördern, da Gewinnmaximierung nicht mehr sinnvoll ist, sondern Ressourcenschonung. Der Staat ist da gar nicht mehr gefragt, und sollte aufgrund der Struktur und aufgrund einer verrotteten Verwaltung ohnehin nicht allzu viel eingreifen. Es würden sich aus reiner Notwendigkeit neue Dinge entwickeln – so hat Nachhaltigkeit zwar durch Greenwashing immer noch Verlusteffekte, ist aber mittlerweile im ökonomischen Kreislauf zu einer nennbaren Größe geworden. Circular Economy macht Sinn und macht Geld. Damit wird Kapitalismus zwar nicht “gesprengt”, aber im Zweifel in besseren Bahnen gelenkt. Die Aufgabe des Staates zu lenken, nun ja,- ist problematisch, angesichts dessen was Karriere in der Politik in Deutschland bedeutet (habe kein Vergleich zu anderen Ländern und es interessiert mich erst einmal auch nicht). Denn in die Politik zu gehen oder landen ist erst einmal ein Geldsegen, und das Gehalt bleibt, und das Gehalt wird immer höher, – also warum sollte man dann den Lebensstandard anderer!!! Leute anheben? Die Doktrin des Klassismus, also des an Geld gebundene sozialen Unterschiedes, ist in Deutschland, und es wird von vielen immer lauter kritisiert, sehr stark. Das ist sicherlich woanders auch der Fall, aber mein Eindruck ist schon noch, dass beispielsweise Bildung mehr Ansehen hat.

Unsere Gesellschaft bzw. das System basiert auf Ungleichheit, wenn man es unfreundlich formuliert. Das ist nicht meine Baustelle, denn ich habe in einem System wie Sozialismus gelebt mit erzwungener Gleichheit und kann dazu nun auch nichts positives sagen. Was ich allerdings als logische Schlußfolerung aus den vorangegangenen Thesen und Argumenten so schließen würde: Eine Nivellierung der Ungleichheit würde allen zu Gute kommen. Das ist verdammt revolutionär, oder?
Natürlich überhaupt nicht, und ich blase ins gleiche Horn wie andere vor und nach mir.

Doch in einem Umfeld, das absolut keine Werte mehr hat, höre ich besser auf darüber zu sinnieren und füge mich in den Kreislauf ein. Demnächst also eine Rezension zu einem Parfüm, das über 200 Euro kostet. Ich muss Geld verdienen! Bucht meine Dienstleistung, klickt meine Werbebanner an, und vergesst nicht bei Papyal eine “Spende”, also Zahlung für Inhalte, zu hinterlassen.

Parfüm, Politik und Pickel

Ich habe lange überlegt was man auf einem Beautyblog im Dritten Weltkrieg so schreiben kann. Und ich weiß es immer noch nicht.

Bin froh hier zu leben. Bin aber auch gezwungen, mein Leben fortzuführen. Die Pandemie ist auch noch da. Und dann hatte ich einen kurzen Austausch über Instagram mit einer tollen Frau (Hallo, Ihr seid so toll, ich bin so dankbar für meine Leser:innen!) und wir kamen von Politik über Parfüm über Lebenswege zurück zum Parfüm. Ein Hauch von Ablenkung inmitten von crazy Zeiten.
Wir erinnern, die Roaring 20’es, zumindest für ein Teil der Gesellschaft, und sind wir ehrlich, wir/ich gehören dazu. Vielleicht nicht die 600 Millionen-Yacht-Roaring Twenties, aber immer noch konsumfreudig und frei.

Und so bekam ich die großartige Idee, – tja, ich bekam keine Idee. Ich muss einfach gestehen, dass angesichts dessen was passiert, nicht so viel in meinem Hirn abläuft. Ich habe keine Angst, aber die Anspannung ist da, bin ich hinter dem Eisernen Vorhang aufgewachsen und habe kein Bock auf Energieknappheit und Konsorten. Es wird eher nicht passieren, die Vorstellung keine heiße Dusche mehr zu haben ist jedoch äußerst unsexy.

Die Sprachlosigkeit zu thematisieren ist auch eine Nummer. Geht es dabei um mich selbst? Nein, das geht allen so. Und was ist mit meinem privaten Problem, Pickel? Das ist natürlich eine Analogie auf meinem Mikrokosmos und meinen Stresspegel. Parfüms sind Kunstwerke, die relativ einfach Inhalte bieten, und sind unpolitisch. Aber kann man unpolitisch sein? Selbst die Modebranche setzt starke Statements sieben Tage nach Kriegsbeginn, jetzt wo es klar ist, dass es eskaliert.
Sprachlosgkeit verbietet sich somit, und Pickel=Mikrokosmos auch. Das Private als politisch zu sehen ist jetzt auf eine andere Ebene gerückt. Mit dem Motto “Kultur des Guten” habe ich auch ziemlich hochgegriffen; was ist gut in diesen Zeiten? Ich sehe, dass die Leute für fünf Minuten abschalten wollen, sich ablenken wollen, und was liegt da als nächstes als… Kunst. Parfüm zum Beispiel, passend zum “Beautyblog”.

Über Schönheit

Wenn Du eine Kiste mit all den verloren gegangenen Sachen bekommen würdest, wonach würdest Du als erstes suchen? Ich verliere sehr selten etwas, ich habe eigentlich noch nie Gegenstände verloren, aber dann musste ich innerlich grinsen, denn meine spontane Antwort war: Meine Schönheit.

Ja, da musste ich dann selbst laut lachen.

Zum einen war ich nie “schön” im klassischen Sinne, normschlank und hübsch, das ja. Es gibt einige Bilder von mir auf denen ich die perfekte Figur, perfektes Haar, das perfekte Outfit habe, aber ich habe mich damit nie beschäftigt. Es war für mich kein Maßstab. Der Blog zeigt, wenn man weit genug blättert, auch total gruselige Bilder von mir, die definitiv nicht von Eitelkeit zeugen. Mir ging es nie darum schön zu sein, sondern um den Prozess, etwas schöner zu gestalten. Oder zu verbessern, eine Obsession die zumindest meiner geplagten Haut zugute kam.

Der Euphemismus “Schönheit liegt im Auge des Betrachters” ist ja so nicht wahr. Wir empfinden etwas als ästhetisch ansprechend wenn es symmetrisch ist, bemerkenswert wenn die Symmetrie dann leicht gestört wird. Unsere Sehgewohnheiten sind kulturell geprägt. Und was ist mit der Selbstwahrnehmung? Die wird stark durch die Sozialisation geprägt, Kita, Elternhaus, Umgebung (Ghetto oder nicht). Was allerdings derzeit als gesichert gelten kann: Schönheit zahlt am Markt mehr als Intelligenz. Es wird nur davon übertroffen, dass frau(sic) Geld braucht, um im Zweifel ebendiese Schönheit herstellen zu lassen. Mit Geld ist alles verfügbar, und das mit vielen Short-Cuts (OP statt Sport/Diät).

Kleine Anekdote am Rande: Bei einer Maniküre erfuhr ich von der Dame, die gerade mal 19 war (ich hatte sie auf Anfang 30 geschätzt), dass sie auf eine Brustvergößerung spart. Die Lippen und die Nase hatte sie schon gemacht. Auf meinem erstaunten Einwand sagte sie, sie sei eben im “Milieu” unterwegs und da sei es schwer, weil es alle machen. Für sie somit eine Frage der Investition in ihrer Arbeitskraft, so wie andere eben zur Uni gehen für einen besseren Arbeitsplatz. Es folgte ein fachlicher Austausch, und trotz der anekdotischen Evidenz hallte in mir die Frage nach: Was wäre gewesen, wenn auch ich woanders aufgewachsen wären? Nicht in einer Umgebung, die geprägt war durch eine intellektuelle Mittelschicht, sondern in der Nähe von St. Pauli, umgeben von Sexworkerinnen. Tja.

Die Reduktion des Selbst durch ein Attribut, das man so stark nach vorne stellt, ist die Kehrseite der Medaille. Ich fing also mit dieser Seite der Medaille, dem intellektuellen Austausch durch den Blog und den Austausch mit anderen Frauen, und kam dann viel zu spät zur Frage, ob ich einen anderen Weg hätte einschlagen müssen. Statt auf Hirn und Karriere zu setzen, wären zwei bis drei Scheidungen eine perfekte Altersvorsorge gewesen. Schönheit ist ein Marktwert, wenn auch kein seltener. Da fällt mir ein, dass der Social Media Influencerinnen-Markt sehr starke Sexwork-Vibes hat, denn der vermeintliche “Insta-Boyfriend” übernimmt häufig im Hintergrund die Rolle des Vermarkters, also die des Zuhälters. Die Parallelen sind nicht zu übersehen. Verkauft wird stets das gleiche: Eine Illusion.

Auch Schönheit ist eine Illusion, erzeugt durch Belichtung, Winkel, Make-up, und Photoshop.

Sehr spät habe ich gelernt, dass es etwas anderes gibt, was absolut alles in den Schatten stellt und was Männern viel früher mit auf den Weg gegeben wird: Attitüde.
So richtig habe ich es auch erst gerafft, als ich im Zuge des ü40 Datings (HUST) andere Frauen beobachtet habe. Attitüde ist eine Sache jenseits von Botox und Lipfillern, von Kleidergrößen und normativen Aussehen und kommt definitiv gepaart mit Macht. Solche Frauen haben Macht.
Tatsächlich führt also der Weg der Veränderung gesellschaftlicher Normen über den Bruch mit den gesellschaftlichen Normen. Es geht also stets darum, im privaten eine politische Entscheidung zu treffen (ich werde es jetzt in jedem Beitrag bringen LOL), die je nach Umfeld ganz unterschiedlich ausfallen kann.
Sollte jetzt der Einwand kommen: Ich will aber nicht so wie ein Mann sein/handeln/agieren – nun, keine Angst, so schnell wächst einem nicht ein Bart, ein grundloses Selbstvertrauen und vor allem: Wirst Du nie ein Mann sein, selbst wenn Du als Lesbe im Holzfäller-Hemd rumläufst, denn Du wirst immer irgendwann ausgeschlossen. Es geht also gar nicht darum wie ein Mann aufzutreten, sondern die Attitüde zu lernen, die Jungs und Männern zum Teil als Teil ihrer toxischen Männlichkeit auf den Weg mitgegebene wird: Du bist das Maßstab der Dinge.

…betrachtet frau diesen Satz “Du bist das Maßstab der Dinge” allerdings losgelöst von der ganzen Debatte der Rollenzuschreibungen (die leider sehr binär verbleibt, aber es dient der vereinfachten Aufnahme solcher Texte LOL), dann ist das eine Norm, die man durchaus ein wenig zurecht stutzen muss, aber ansonsten Geltung hat. Die Frage nach einem Mittelweg in diesem “Ich als Norm” stellt sich uns sowieso nur,weil wir die Sozialisierung als Frau haben. Diese Frage würde sich ein Mann nie stellen, oder (rhetorische Frage). Also, keine Angst davor, zum “Kerl” zu werden.

In der Kiste mit den verloren gegangenen Dingen müssten wir also eher nicht suchen. Wir bräuchten eine andere Kiste, nämlich die mit den Dingen, die wir nie hatten. So I leave you here mit einer Hausaufgabe: Was ist in der Kiste drin?