Wert und Werte

Ein Beautyblog, der 15 Jahre alt wird. Älter als Temptalia, älter als so manche Leserin mittlerweile.

Dass sich Dinge entwickeln müssen, liget an der Natur der Sache. Angefangen habe ich recht naiv, was auch auf mich zutraf, und in anderthalb Dezenien habe ich viele Dinge gelernt, viele Haltungen kennen gelernt und neu entwickelt.

Was als unendliche Suche nach dem normativen Schönheitsbild begann, wurde irgendwann aus zwei Gründen regelrecht lächerlich.
Der erste ist die technologische Entwicklung, die aus jedem Bild mittlerweile ohne Expertenwissen ein “Bild” macht, also keine Abbildung mehr, sondern ein “gemachtes” Bild. Wir sind alle gemachte Bilder, und Schminke trägt dazu, kann man zurecht kritisieren. Nicht retuschierte Bilder, der perfekte Winkel und die beste Ausleuchtung – ohne diese geht es einfach nicht mehr. Ein gewisser Grad dient der Ästhetik, soll mir recht sein, ein hoher Grad technischen Eingriffs dient allerdings… nix. Wir sollten keine unerreichbaren Ziele verkaufen.
Der zweite Grund ist natürlich die Lebenserfahrung, gezwungenermaßen durch viele negative Erlebnisse angesammelt, als auch das Wissen, was ich mir angeeignet habe: Lesen, zuhören, beobachten, lesen. Meine Haltung zum “normativen Schönheitsbild” besagt mittlerweile, dass “Beauty” keine Selbstoptimierung sein soll, sondern gepflegte und gesunde Haut, Spaß an sich selbst und sein Äußeres, wie auch der persönliche Ausdruck sich gestaltet. Zwischen fast nix und knallbunt ist jede Frau, Mann und dazwischen, schön!

Was ist ein guter Beautyblog wert? Was kann man verkaufen? Das ist der Knackpunkt: Ich muss und musste nie etwas verkaufen, was aber so nicht funktioniert, denn es ist keine ehrenamtliche Arbeit. Doch dafür gibt es die Werbung, die Ihr gerne ignorieren könnt, oder aber als Bezahlung anklickt; viele Medienmacherinnen bieten Abomodelle an oder die Möglichkeit, einem einen Kaffee auszugeben. Ich biete Unterhaltung und Anregung, Kaffee trinke ich nicht mehr, wer stattdessen einen ausgeben will, Paypal ist immer an.
Es geht auf alle Fälle irgendwie weiter, ehrlicherweise etwas kritischer und auch ruhiger. Wieviele Sachen braucht der Mensch? Wieviele Lippenstifte, Hobby hin oder her? Was ist der eigene Wert, und kann der anhand von Quantität bemessen werden? Natürlich nicht, also suchen wir doch nach nachhaltigen Dingen. Der eine, passende Lippenstift für eine längere Zeit, es dürfen definitiv auch drei sein sein, die gute Augencreme, die nicht eine halbe Niere kostet, und die Düfte, die Geist und Seele reisen lassen.

Natürlich müssen die Inhalte gespickt sein mit den Werten, die ich neu lerne und lernen muss, die ich in erster Linie von Obacht, “älteren” Frauen lerne, und noch viel, viel mehr von jüngeren Frauen:
Frauen, die müde sind in den Hamsterrad einzusteigen, die weißen Kaffeehaus-Feminimsus peinlich und verlogen finden, die Mental Health (geistige Gesundheit) thematisieren oder Menstruation und Sexualität. Das ist natürlich ein wahnsinniger Fortschritt in sehr kurzer Zeit, historisch betrachtet, der ähnlich wie die Suffragetten es getan haben, aber auch endlich mal auf die Straße muss. Nur wie?
Neulich stolperte ich über folgenden Spruch: Seid froh, dass wir nur Gleichberechtigung wollen, und keine Rache. Das gilt für viele Dinge: Lass uns Dinge gut machen, aber nicht, indem wir nach unten treten. Nicht falsch verstehen: Frauen müssen viel mehr treten, aber nicht nach anderen Frauen, sondern nach falschen Rollenbildern und Lügner*innen. Mehr machen, als in der Zeitung rumjammern. Rausgehen und was “anzünden”, natürlich bildlich gemeint, denn von medialem Aktionismus, denn es heute so viel gibt, ändert sich leider nichts.

Welche Werte kann ein Beautyblog vermitteln? Lieb dich selbst? Bullshit, ich tue es ja auch nicht, zumindest nicht die ganze Zeit. Der Fokus hat sich aber geändert, auf gut statt perfekt. Interessanterweise ist gut viel entspannter und besser. Keine Hipster-Mami, keine sexy MILF, keine super eiskalte, seriöse Business-Bitch: Ich habe alle diesen Dingen ihre zehn Minuten gegeben – und gut is’!
Aber GUT sein, das ist ziemlich krass! Auf einmal geht es nicht mehr um “etwas” sein, nicht mehr um Objekt/Subjekt, sondern um Qualität. Gut wie geil gut, gut genug, gut und gütig.

2 Gedanken zu „Wert und Werte

  1. Hallo Andreea, dein Blog ist wirklich sehr gut, ich wünschte du hättest mehr User, die auch kommentieren.
    Ich lese schon einige Jahre mit, und du wirkst sehr bodenständig und sachlich. Keine scheinheiligen Werbungen, das findet man hier nicht und das ist gut. Weiter so und ich wünsche dir mehr Besucher!

    1. Dankeschön!! Ich habe es ja eine Weile schleifen lassen… habe aber wieder Lust drauf. Kommentare kosten Zeit, immerhin gibt es noch Leserschaft, das sehr ich an den Aufrufen, und das ist okay.

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