ETRO Marquetry

Ein sehr komplexer Duft. Seit Wochen schnuppere ich daran rum und ich kann und kann keine rechten Worte finden. Unglaublich, oder?!

Und genau das erwarte ich von manchen Parfums, und von manchen eben nicht. Die ersteren sind Kunst und Konzepte, echte Düfte, die letzteren sind Dinge, die man gedankenverloren aufsprüht ohne weitere Beachtung. Nichstdestotrotz mag ich es auch bei ausgefallenen Düften, wenn sie tragbar sind. Serge Lutens und ich werden daher leider nie Liebhaber, denn ich kann Lutens’ Werk nur aus der Entfernung bewundern.

ETRO hingegen erstaunt mal wieder. Wobei – der Duft ist eine Neuauflage, es gab ihn schon mal.

Alles kommt wieder – zumindest, wenn es gut ist.

Ehrlich gesagt, ist Galbanum derzeit schwer in. Das ist eine für die 80-90er Jahre sehr typische Duftnote, so wie es in Cartiers Must de Cartier vorkommt.

Marquetry ist wesentlich komplexer, und wird je nach Haut sehr unterschiedlich. Zwischen süßer Rafinesse, die nach Dekadenz, Pelzmäntel und Ladys Lunch duftet und eine erotische Vibration, voller Gewürze und dann doch mit etwas frischem, wildem versehen.

Der Duft erinnert mich in erster Linie an… und es klingt komisch – an Geld. An gutem, alten Geld. Wer sagt, Geld stinkt nicht, hat sicherlich nicht unrecht, doch der Duft von alteingesessenem Reichtum ist ein ganz besonderer.
Es ist Tradition, aber auch ein wenig Steife, gepflegte Kaschmirpullis und Pelzmäntel, aber nicht ganz neu. Es ist antikes Mobiliar aus der Familie und Lederbände in der Bibliothek; die Ölschinken an der Wand neben dem Teeservice von der Uroma, ein wenig chaotisch, nicht angestrengt, und auf keinen Fall protzend. Ein wenig muffig? Aber kultiviert.

Und irgendwo auch genau das Gegenteil – herb, frisch, in der Kopfnote, weich und gourmandig zum Abschluß, wie der Verlauf der Zeit: Erst frisch und forsch, dann romantisch, dann weich und wärmend.

Kopfnote: Bergamotte, Lavendel, Pfirsich.
Herznote: Rose, Tabak, Tonkabohne, Galbanum, Perubalsam.
Basisnote: Ambra, Zistrose, Moschus, Vanille.

Ein veritabler Orientale, definitiv Unisex, gehört der zu den interessanteren Neu(nicht-neu)-Erscheinungen auf den Markt.

Ein echter Geheimtipp zu Weihnachten – für Kenner.

Ich habe sehr unterschiedliche Leute an meinen eingesprühtem Arm schnuppern lassen, und war sehr erstaunt über die positive Bilanz. Dabei fand ich den Duft eher polarisierend, es ist schließlich kein Mainstream Wässerchen. Daß der Ehemann den gut fand, haute mich dann doch aus den Socken, ist er bei Düften noch anspruchsvoller als ich.

Mein Fazit daher – riskantes Geschenk, das von Geschmack zeugt!
Wer sich das traut, traut sich was.

5 Gedanken zu „ETRO Marquetry

  1. Ich habe den Duft dank deiner Empfehlung, und er ist wunderbar! Und Frederic Malle habe ich Dir auch zu verdenken, fast, und zwei weitere Traumdüfte gefunden, u.a. Dries van Noten…..Ich schwelge

  2. Das hört sich interessant an mit dem leicht altmodischen Geld Geruch, würde ich auch gerne mal riechen. Nebenbei gefällt mir auch das Design der Flasche irgendwie.

  3. Ich habe ihn mir geleistet, diesen wunderschönen Duft. “Geld” assoziiere ich nicht damit – pecunia non olet, wie es so schön heißt. Eher eine gewisse Distanz, etwas Distinguiertes ohne unfreundlich zu sein. Marquetry paßt für Männer und Frauen, die erwachsen genug sind; gleich welchen Alters. Meine klare Empfehlung zum ausführlichen Testen.

    1. Pecunia non olet – LOL! Es stimmt, mein Vater sagt auch gerne: Über Geld spricht man nicht, Geld hat man. Nun, der Bezug bei Geld ist bei mir persönlich mit Bildung assoziiert; das stimmt natürlich nicht als Universalie und schon gar nicht in unserer Kultur. Geld ist nicht Distinguiertheit. Dieser Duft ist aber genau das, vielen Dank für die Ergänzung!

  4. Wirklich sehr interessant diesen Artikel und somit deine Meinung über diese spannenden Düfte zu lesen, wovon ich viele selbst noch nicht kenne. Das macht wirklich Lust auf eine kleine Shoppingtour, wo man die Düfte selbst ausprobieren kann.

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