BYREDO Black Saffron Eau de Parfum

EDIT:

Es ist wie es ist, der Duft gefällt mir und die Haltbarkeit überzeugt, ich mag in diesem dunklen Beet aus Himbeeren und Veilchen und grünen Zweigen aufwachen. Das Staubige entpuppt sich beim hundertsten Test als Veilchen? Vetiver? Safran ist tatsächlich auch “staubig” – jedenfalls ist der düstere Duft gerade absolut meins. Vielleicht, oder ganz sicher, weil es durchaus etwas weniger gefällig ist, weil es “schwarz” ist, weil es sich wie ein Kleidungsstück anfühlt, das sich harmonisch in die restliche Garderobe einfügt.

Sollte ich nächste Woche den Duft immer noch goutieren? Ich bin gespannt!


Passend zur Preiserhöhung also eine Rezension zum Geschwisterkind von Pulp und Mixed Emotions.
Interessanterweise ist Black Saffron das mittlere Kind zwischen den dreien, und die sind bekanntlich die schlimmsten. Besten. Weiß ich nicht.

Zum Vergleich hatte ich sogar noch Pulp aufgetragen, das spritzig und fröhlich im Verhältnis dazu erscheint. Die immer wieder auftauchende Note von verbrannten Reifen aus Mixed Emotions gibt es hier nicht, aber dafür eine etwas harzig-staubig-rauhe Mischung, die das marmeladig leckere Grapefruit- und Himbeer-Cokctail ausbalanciert. Der Duft ist schon schön!

Das wirklich erstaunliche dabei ist, dass es eine sehr ernsthafte, düstere und gar traurige Note hat. Dabei soll, laut Storytelling des Hauses, der Duft an Indien und Safran erinnern:

Die Gerüche, Geschmäcker und Farben Indiens kennt der BYREDO Gründer seit seinen Kindertagen. Inspiriert ist der Duft vom Konzept der Einheit und Dazugehörigkeit.

Passend zur Preiserhöhung LOL ist dann auch der Take mit den:

hinduistischen Mönche(n) und Weisen, dass sie allen materialistischen Dingen, Gedanken und Freuden entsagen

Die Kopfnote ist wunderschön, klar und kurz, stechender heller und frischer Grapefruit mit Schale, der dann aber schnell weg ist. Allerdings bleibt die Herznote mit Himbeere, quasi ein dunkel-pinker Lippenstift zu einem schwarzen Samtkleid, und dem düsteren Vetiver bis zum nächsten Tag auf der Haut bestehen. Und das in einer angenehmen und sich sehr ausgewogene anfühlenden Art und Weise. Ein wenig “Fels in der Brandung”, ein Duft der Seriosität suggeriert, und trotzdem ästhetische Bedürfnisse erfüllt. Und irgendwie stylish dabei ist.

Outfit dazu: Lippenstift Chanel Epitomé, Ballerinas, schwarze Culotte und ein Clever Crêpe Oberteil von The Fold.

Und jetzt ab zum PayPal Button, ich brauche Geld.

MEMO Paris Eau de Memo von Alienor Massenet

Ab wann ist ein Nischenduft kein Nischenduft mehr? Ab der Existenz in Parfumforen? Ab Douglas?
Und ist es der Preis? Sind 205 Euro nicht etwas hanebüchen für ein Produkt, das eigentlich nix kann?

Luxus! Man umgebe mich mit Luxus, auf das Notwendige kann ich verzichten: Wenn ich ein Lebensmotto habe, dann dieses. Ich esse nackte Kartoffeln, oder aber Trüffelkäse, wohne irritierend bescheiden, schlafe dafür in Kaschmir, und sehe täglichen Luxus für meine Person als Pflicht, und nicht als Kür.

Ich sehe ein Duft somit nicht unbedingt als Luxus, sondern als Bestandteil meiner Garderobe. Ob ich allerdings den Geruch meiner Lederstiefel als Duft tragen würde?!

Und genau das ist der Auftakt des zugegebermaßen wirklich gelungenen Duftes. Leder, Leder, leder, und zwar nicht die Velour-Version von Kelly Caleche parfum, also das innere einer guten handtasche, sondern tatsächlich Satellleder, echtes, pflanzlich gegerbtes Leder, wie sie in guten Schuhen verwendet wird. Ich musste lachen – wer zum Teufel möchte nach Lederstiefeln riechen?! Genau so “duften” meine Schuhe im Bild, doch dann…

Während die Note Leder immer schwächer wird, zwischendurch aber nochmal die Nase streift, kommt die Kiste saftiger Orangen zum Vorschein. Keine beißende zitrische Duftnote, sondern eine eher ölige Nuance, wie sie bei nicht gespritzen Orangen, die schon etwas überlagert sind, entsteht. Und man muss alles daran lieben, denn die Orangen persistieren auf der Haut, gemischt mit einem wohligen, regelrecht heimeligen Duft, ganze 12 Stunden! Eine kleine Brise Orangensaft weht zwischendurch auf und die Basis, die so wahnsinnig angenehm, gediegen, und “hautnah” ist, ist einem satten Moschus mit einem winzigen Hauch Iris geschuldet (Moos kann ich dem ganzen nicht wirklich entnehmen). Iris ist stets irritierend für meine Nase, zusammen mit dem Leder aber harmonisch, und in dieser Orangenkiste fühlt man sich irgendwie wohl.
Die sehr lang anhaltende Herznote wird getragen von meinem Parfum Helden, dem Jasmin. Weiße Blüten kommen einfach immer gut für mich. Es ist kein klebriger und kopfschmerzerregender Jasmin, wie es in Lutens’ A la Nuit verwendet wird, sondern hell und luftig.

Der Duft wird als Unisex vermarktet und ist damit genau richtig. Hier gibt es keine männlich/weiblich Assoziation, der Duft steht für sich als Konzept gut da und ist trotz der schrägen Mischung sehr tragbar. Ja, ich mag es. Irgendwie mag ich es. Ich mag es sogar richtig gerne. Es ist ein Wohlfühlduft, trotz der etwas abwegigen Kombi von Leder und Orange.

Zu Alienor Massenet (Arbeitet bei Symrise und macht Ballett) möchte ich noch zwei Worte verlieren: Sie hat als Nase wirklich sehr sehr viele Düfte kreiert, von denen ich interessanterweise exakt Null kannte, bis mir einer doch ins Auge sprang: Sleeping on the Roof von Floraiku, auch so eine irrsinig teure Nummer, aber wirklich schön, Maiglöckchen in Perfektion.

Und was haben beide Düfte gemeinsam? Sie waren mir sofort vertraut, und ich empfand sie als “heimelig”?! Nicht exakt so, dass man denkt, puuuhhh, muss ich haben, sondern vertraut, wie etwas, was man zwar nicht kennt, aber sofort einen sicheren Raum oder Rahmen bietet. Das ist eine sehr große künstlerische(sic) Leistung in dieser Branche.

Und zu guter Letzt die bildliche Darstellung der beiden Hauptnoten des Duftes…

Wie ich rieche – olfaktorische Erinnerungen und Vorstellungen

Gestern kaufte ich im Bio-Laden Demeter-Orangen. Ungespritzt, noch relativ knackig, das Versprechen von… Heimat.
Ich komme nun nicht aus einem land, wo Orangen wachsen. Absolut nicht! In Rumänien, wo ich herkomme, wachsen Walnussbäume, Weintrauben, sowas. Hinter dem eisernen Vorhang gab es vieles nicht, Bananen, Orangen, Ananas, doch eine Kindheitserinnerung habe ich, von Weihnachten und Geschenkbeuteln, in dem jeweils eine einzelne Orange drin war. (Ananas eh nur aus der Dose.)
Diese Orange verhieß für mich alles, die Farbe war unglaublich, und das im Winter! Der Geruch und die seltsame Schale, die man nicht essen konnte und so schön aber auch so bitter war. Und dann der Geschmack, etwas so süßes und saftiges und besonderes. Seitdem bin ich Orangenfan, quasi mit meiner ersten Erinnerung. Orangen machen mich fröhlich und alles an Orangen ist toll, der Duft, die Farbe, der Geschmack.
Noch habe ich keine Orangen vom Baum gepflückt und gegessen, und frage mich in diesem Augenblick: Warum nicht?!

Der perfekte Duft oder das perfekte Parfüm hingegen ist kein Orangenduft. Acqua di Parma hat zum Beispiel einen wirklich hervorragenden und naturgetreuen Orangenduft mit Arancia di Capri. Aber ich will gar nicht eine “echte” Orange noch wirklich eine “echte” Rose, sondern ich will die Idee des Ganzen, die Interpretation des Abbilds. Also eine mehrfach abstrahierte Orange oder Rose oder vielleicht sogar etwas komplett Erdachtes und dann nochmal abstrahiert, die Abbildung der Abbildung sozusagen. Keine Imitation.

So habe ich lange überlegt was meine Lieblingsdüfte sind, und welcher dazu passen könnte. Unangefochten bleibt für mich 24 Faubourg Eau Délicate, den es nicht mehr zu kaufen gibt. Es ist eine Überarbeitung des Originals von Maurice Roucel und seit fast 30 Jahren nunmehr ein Klassiker. Von meinem Lieblingsparfumeur Jean-Claude Ellena überarbeitet, ist der Flanker die Idee des Duftes, aber raffinierter, transparenter und konzeptueller, was bei so einem schweren Duft durchaus schwierig sein kann. Riecht das Parfüm nach… etwas? Nein. Es ist ein Konzept von Opulenz, von der Farbe Weiß (die keine Farbe ist), von Gold und Savoir Vivre.

Ich erinnere mich bestenfalls aus einem Vorleben an Opulenz und Gold, an rauschenden Nächten, an Lilien und weißen Rosen. Wir stellen uns das vor, wir bekommen eine Idee, die ihren Ausdruck finden muss. Und dabei, in ihrer Äußerung, ganz anders wird als zunächst erdacht, so wie Worte sich selbstständig machen beim Schreiben, oder Malerei wie von Zauberhand Gefühle materialisiert.

…wie erinnert man sich an etwas, was man gar nicht kennt?